Sie erkunden ihre Umgebung, treiben jede Menge Schabernack und lassen in der Konfrontation mit dem Tod ihr Leben Revue passieren – als Spiegelbild unserer Ängste, Träume und Hoffnungen hängt ihr Leben jedoch nicht nur sprichwörtlich am (seidenen) Faden, liegt ihr Schicksal nicht nur in spiritueller Hinsicht in der Hand eines übergeordneten Schöpfers.
„Puppen sind auch nur Menschen“ hieß einmal ein Festivalmotto. Darüber kann man freilich philosophieren. Zumindest sind sie von solchen gemacht. Und wie ihre Schöpfer haben sie mit den gleichen Problemen zu kämpfen – auch wenn ihre Erscheinung der unseren oftmals so gar nicht ähnelt. Diversität ist zumindest im Figurentheater gelebte Realität. Ob klein, ob groß, aus Holz oder aus Plastik – jeder macht sich seine Vorstellung von der Welt und seinem Platz darin.

Gastspiele aus Wien und der Welt

Dass diese Vorstellung von sich in der Welt durch einen überraschenden Perspektivenwechsel unerwartet geändernt werden kann, davon handelt beispielsweise „Paperman“ – die Geschichte eines sechs Meter hohen Packpapiermannes, der die Welt entdeckt – vom renommierten Schubert Theater in Wien.
Vom Ende eines Lebens erzählt hingegen „Tria Fata“ der französischen Compagnie „La Pendue“. Puppenspielerin Estelle Charlier, die mit vier Monate altem Nachwuchs aus Frankreich zum Festival anreisen wird, wird auch im „unverschämt, libertären, vollkommen ausgerasteten Handpuppenspiel“ „Poli Dégaine“ den Figuren Leben einhauchen. Beide Stücke konnten die „PannOptikum“-Festival-Initiatoren und -leiter Karin Schäfer und Peter Hauptmann aufgrund ihres handwerklich, technisch und spielerischen Niveaus beim Besuch eines Figurentheaterfestivals in Spanien begeistern. „Ein wichtiges Anliegen von Karin Schäfer ist es tolle Frauen, die Figurentheater machen, zum Festival zu holen“, so Hauptmann. Man darf gespannt sein.

Karin Schäfer selbst ist seit über 20 Jahren als Regisseurin, Bühnenbildnerin und Puppenbauerin und -spielerin aktiv. Beim Festival ist ihr aktuelles Stück „Parade“ zu sehen – ein visuelles Konzert nach dem gleichnamigen ersten kubistischen Ballett von Eric Satie, Pablo Picasso und Jean Cocteau, das 1917 in Paris uraufgeführt wurde und einen Skandal auslöste. Das etwas andere Figurentheater-Urban-Dance-Stück mit drei Tänzerinnen rund um den Choreografen Valentin Alfery und zwei Pianisten wird im Burgenland seine Premiere erleben.

Programm von früh bis spät – von Groß bis Klein

Ebenfalls um eine Österreich-Premiere handelt es sich bei „Roulettes“ des aus Spanien angereisten Ensembles „Cía. eLe“. Erzählt wird vom Durchbrechen der täglichen Routine eines älteren Herren. Das Stück bildet gemeinsam mit („Pinned“ von Rebekah Wild) und „Das kleine Blau und das kleine Gelb“ (nach einem Buch von Leo Lionni, dargeboten vom „Figurentheater Maribor“) Teil des nachmittäglichen Familienprogramms.

Zum Frühstück bittet hingegen zum wiederholten Male Gerald Weber von „sixpackfilm“. Für das Festival hat er eine Auswahl von Kurzfilmen zum Thema „Kunst und Figur“ mit im Gepäck. Nicht der einzige Film im Programm: eine Besonderheit stellt heuer George Méliés Filmklassiker aus dem Jahre 1902 „Die Reise zum Mond“ dar – eine wunderbare Gelegenheit diesen frühen Experimentalfilm auf Leinwand zu bestaunen.

Gelegenheit an der Schnittstelle zur bildenden Kunst zu wandeln erhält man indessen beim diesjährigen kostenlosen Workshop „Unter Wasser“, bei dem Rebekah Wild gemeinsam mit Nenè Lazaric fantastische Lebewesen aus Plastik formen wird, sowie bei der Ausstellung „the race“. Letztere zeigt was passiert, wenn Skulpturen – in diesem Fall vom südburgenländischen Bildhauer Paul Mühlbauer – kunstvoll beschattet in Bewegung versetzt werden.
Apropos: Wo kein Licht, da kein Schatten und so wird es heuer last but not least wieder eine Feuershow mit musikalischer Begleitung geben.
Ein Programm nicht nur für jene, deren Herz längst für das Figurentheater brennt, sondern auch für jene, bei denen der Funke erst noch überspringen muss.

PannOpticum
Internationales Figurentheaterfestival
28. Juni bis 1. Juli 2018
Neusiedl am See
haus im puls (Obere Hauptstraße 31)
www.pannoptikum.at

Geschrieben von Sandra Schäfer