„Im Dunkeln ist gut munkeln“ heißt ein alter deutscher Schlager. Theater lässt sich  offensichtlich auch gut spielen. Für ihr neuestes Stück „Noir Sans Vous – Dunkel ohne Euch“ haben sich Miriam und Sarah Kerneža von „Ladyglich“ etwas Besonderes ausgedacht und damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Mit Stirnlampen ausgestattet übernehmen die Besucher während der Aufführung die Rolle der Beleuchter. Das spart zum einen die leidige Frage nach dem Zuständigen fürs Lichtkonzept, zum anderen gibt es Aufschlüsse über das Verhalten des Publikums während der Vorstellung.
Wohin geht der Blick der Besucherinnen und Besucher? Lassen sich diese leicht von Geräuschen ablenken? Haben Sie den Mut dorthin zu sehen, wo sonst kein Licht hinfällt?
Fragen, die sich die Theatermacherinnen im Vorfeld gestellt haben, die nach der Wiener Premiere im „KulturRaum Neruda“ zumindest für dieses Publikum recht unspektakulär beantwortet werden müssen. Der Blick geht auf die Bühne, man folgt dem Geschehen und den „Mut“ woanders hinzusehen hat kaum jemand.
Macht aber nichts, das Stück funktioniert trotzdem. Zumindest was die Stimmung anbelangt. „Noir Sans Vous – Dunkel ohne Euch“ ist Theater für die Sinne. Damit diese erfolgreich angesprochen werden, braucht es erstaunlich wenig. Der Geruch von Kaiserschmarrn, der in einer Pfanne brutzelt, der Duft von Räucherstäbchen in der Luft, ansprechende Kostüme, unheimliche Geräusche und Musik gepaart mit kurzen ausdrucksstarken Tanzeinlagen und schon taucht man ein in eine andere Welt.
In die Welt von Pascale Renée Ernst. Auch hier ist der Name erneut Konzept. Die ernste Kommissarin soll den Mord an einem Jungen klären, der tot im Wald gefunden wurde. Doch die Zeuginnen, auf die sie während ihren Ermittlungen trifft, erweisen sich als wenig hilfreich. Die Welt von Pascale Renée Ernst beginnt Kopf zu stehen. Immer tiefer geht die Reise in die eigenen Ängste, zu verdrängten Erinnerungen und der Frage nach der eigenen (befreiten) Weiblichkeit.

Mysterium Frau

Letzteres ein Thema, das die Theatermacherinnen privat seit geraumer Zeit beschäftigt: „Vor allem auch das Urweibliche, das mit dem Dunklen und dem Mond in Verbindung gebracht wird. Das forschen danach, was eine befreite Weiblichkeit bedeuten könnte, begann sich ganz selbstverständlich in das Stück zu schmiegen.“
Dicht aneinander gekuschelt wirken auch die Genres. Krimi trifft auf Mystery. Vor allem der Schluss lädt zum Rätseln ein. Ein bisschen erweckt es den Eindruck als hätte David Lynch einen Lernkrimi – jene kleine Heftchen, wo mit einfachen sprachlichen Mitteln versucht wird eine einprägsame und spannende Geschichte zu erzählen – verfasst. Aber möglicherweise beschleicht einen dieser Gedanke auch nur ob des französischen Akzents einer der Protagonistinnen.

Sarah Kerneža liefert ihren Akzent jedenfalls glaubwürdig. Vermutlich weil sie und ihre Ehefrau Miriam Kerneža lange Zeit zum Üben hatten. Zu Papier gebracht haben die beiden das Stück in den französischen Alpen, in die sie sich für acht Wochen zurückgezogen haben. Besuch bekommen haben sie von Jennifer Gross, die gleich mehrere Rollen übernimmt. „Wir haben geforscht, geschrieben, den Mond angeheult, am Lagerfeuer gegessen, im Fluss gebadet und die Geschichte von Kommissarin Pascale Renée Ernst in Form gebracht“, so Ladyglich.

Entstanden ist ein Stück, das vor allem aufgrund seines liebevoll schrägen Humors punktet. Im Mittelpunkt stehen die Charaktere. Neben der taffen Kommissarin, die ihren Mann steht, finden sich von der fürsorglichen Frau, der unheimlichen Frau, der Frau als verspieltes Wesen, der femme fatale eine breite Palette an stereotypen Weiblichkeitsbeschreibungen, die sich allerdings nicht wirklich an einer Person festmachen lassen. „Noir Sans Vous – Dunkel ohne Euch“ ist lustvolles (Verwirr)spiel – mit Katze.

„Noir sans vous – Dunkel ohne Euch“
Verbleibende Spieltermine:
20. Dezember 2018 – 19.30 Uhr – Atelier Lebenshilfe Wr.Neustadt
27. Dezember 2018 – 19.30 Uhr – Kornbergerhaus Wr.Neustadt
28. Dezember 2018 – 19.30 Uhr – Pub Tatort Tamsweg
Eintritt: 20 Euro
www.ladyglich.com

Geschrieben von Sandra Schäfer