Löcher in Wänden, die an Türen in futuristischen Raumschiffen erinnern, Räume in rotes oder graues Licht getaucht und Duschkabinen, die zu Ausstellungsdisplays mutieren: Der Besuch der fünften Ausgabe der Kunstmesse „Parallel Vienna“ führt in einen magischen Kaninchenbau vollgestopft mit zeitgenössischer Kunst. In einem Moment heißt es sich zu bücken und in eine schmale Öffnung zu „kriechen“ (Artist Statement Milan Mijalkovic), ein anderes Mal gilt es eine Schwelle zu überqueren („AA Collections“ mit Gert Resinger) oder seinen Blick durch ein Guckloch zu richten (Raumgestaltung von „Praxis des 21. Jahrhunderts /Trilemma“) – der Kreativität scheinen keinerlei Grenzen gesetzt zu sein.

In teils akribischer Kleinstarbeit (zum Beispiel die mit der der Hand gemalte Kopie einer Zimmertapete von Anna Gaya Nidzgorska) haben die von den Kuratoren der Kunstmesse, Stefan Binder und Antje Prisker, ausgewählten  Künstler, Galeristen sowie diverse Projektgruppen das alte Zollamtsgebäude/zwischenzeitlich Privatuniversität in der Schnirchgasse 9a vor seinem Abriss in den letzten Tagen in eine riesige Galerie verwandelt.

„King Pius Buying Is Must Or You Turn To Dust“ steht beispielsweise gleich im Eingangsbereich in einem von Patrick Schabus gestalteten ehemaligen Schlafraum im zehnten Stock des Hauses. Eine Warnung, die allerdings nur für Sammler gilt, als neugieriger Beobachter des Treibens dürfte man von den magischen Fähigkeiten des „Künstlerzimmers“ verschont bleiben. Gekauft werden können   Wunschsteine oder-ziegeln, die einem nach der Verrichtung der auf ihnen beschriebenen Aufgaben die Erfüllung eines Wunsches gewähren. Es ist nicht zu viel verraten mit Aufgaben wie beispielsweise „Sorge für den Weltfrieden“ dürfte der Herzenswunsch wohl des Weiteren unerfüllt bleiben.

Von Galerie zu Galerie

Fast schon magisch nimmt sich auch ein Besuch der Galerie „ARCC.art“ aus. Die im Herbst 2016 gegründete Kunstplattform ist mit Werken von Birgit Graschopf vertreten. Die Fotografin hat sich auf Langzeitbelichtungen bei Mondlicht spezialisiert. Als Ergänzung zu den ausgestellten und zu erwerbenden Foto-Unikaten auf Schleifpapier wurde auch ein Teil der Wand zur Trägerfläche für eine auf ihr direkt belichtete Fotografie umfunktioniert. Wer Gefallen an den geisterhaft wirkenden Bildern gefunden hat, kann sich die Künstlerin auch nachhause einladen und sich beispielsweise ein Familienfoto von ihr auf der Wand entwickeln lassen.

Auf Fotografie setzt man auch in der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman. Zu sehen ist hier eine Werkreihe von Carmen Brucic, die sich auf erotische Weise dem Thema der Chirurgie annimmt.
„Kannibalistisches“ erwartet die Besucher hingegen mit den Zeichnungen von Moussa Kone in der Charim Galerie, während die Galerie Walker mit großformatigen Arbeiten von Karin Pliem vertreten ist. Ein Gemälde der Künstlerin ist zudem im Projektraum „Parallel + Konkordant“ zu finden. Die kleine Präsentation wurde von den Kuratoren Marcello Farabegoli und Lucas Gehrmann zusammengestellt und widmet sich der Arbeit von Künstler-Kuratoren-Pärchen. Zu sehen ist eine Arbeit eines Künstlers sowie ein dazugehöriger Text der oder des im Wissenschafts- oder Kulturbetrieb tätigen Lebensgefährten/in. – Ein Thema, das aufgrund des oft ausgesprochenen  Verdachts der Protektion durch den Partner noch immer eher mit einem Tabu behaftet ist. Tatsächlich hätten es Künstler, die mit Kuratoren, Museumsleiter oder anderen in der Kulturvermittlung tätigen Personen liiert wären allerdings oft schwerer, betont Gehrmann. In der Präsentation zu finden sind neben Clemens Fürtlers „Bildermaschine“ und Hana Usuis kritischer Auseinandersetzung mit der Todesstrafe in Japan auch ein Bild von Eva Schlegel.

Die Künstlerin, die bei der Messe zudem mit weiteren eigenen Werken sowie mit einer Auswahl ihrer Sammlung vertreten ist, zählt, mit u.a. Erwin Wurm, Franz West, Johanna und Helmut KANDL, Hermann Nitsch (die Nitsch Foundation ist mit einer Werkpräsentation in einem großem Raum im ersten Stock zu finden) zu den bekannteren Vertretern der heimischen Kunstszene. Das Schöne: Stars des Kunstgeschehens lassen sich hier ebenso ausmachen wie aufstrebende Künstlerinnen und Künstler sowie blutjunge Absolventen von Kunstuniversitäten. Ein gelungenes Miteinander, das nicht zuletzt für eine wunderbare Atmosphäre sorgt. Als Besucherin oder Besucher kann man sowohl mit den diversen Künstlerinnen und Künstlern oder ihren Galeristen und Galeristinnen sowie Kuratorinnen und Kuratoren ins Gespräch kommen oder sich einfach auch nur treiben lassen.

Parallel Vienna
Noch bis 24. September 2017
Alte Sigmund Freud Universität
Schnirchgasse 9a
1030 Wien
www.parallelvienna.com

Geschrieben von Sandra Schäfer