In der heißen Jahreszeit wird oft auf leicht verdauliche Kost gesetzt. Statt Schweinsbraten gibt es Salate, statt Rotwein weißen Spritzer und statt anspruchsvoller theatralische Unterhaltung erwartet Theaterliebhaber eine breites Angebot an leicht verdaulicher Kost. Doch warum auch nicht – solange die Produktionen keinen schalen Geschmack hinterlassen; ein Abend im Grünen, auf dem Burghof oder gar im Berginneren klingt für viele verlockend und kann nicht allzu falsch sein. Zudem finden sich immer wieder Produktionen, die auch eingefleischte Theatergänger überzeugen können. Dazu zählt seit 2015 beispielsweise auch das von Anna Marie Krassnitzer und dem Team des Salon 5 organisierte Thalhof Festival. Das Festival ist an der Schnittstelle zwischen darstellender Kunst, angewandter Wissenschaft und Dialog situiert und will heuer unter dem Motto „Fremde Nähe“ eine Bestandsaufnahme hiesiger Mentalitäten durchführen. Im Mittelpunkt stehen heuer drei Uraufführungen. Neben „Am Ende eines kleinen Dorfes“ nach einer Novelle von Marie Ebner von Eschenbach und „Werbung Liebe Zuckerwatte“ von Mario Wurmitzer erwartet das Publikum eine szenisch-musikalische Reise durch 200 Jahre Thalhof-Literatur. Passend – war das Landgut in Reichenau doch einst beliebtes Ausflugsziel heimischer Dichtergrößen wie Franz Grillparzer, Johann Nestroy und Adalbert Stifter.

Das Werk einer andere heimische Geistesgröße befindet sich hingegen im Zentrum beim diesjährigen Herrenseetheater im Litschau, zwei Autostunden von Wien entfernt. Eine Reise, die sich alleine schon aufgrund der herrlichen Lage des Theaters im grünen Waldviertel lohnt. Genauer gesagt führt der Ausflug mitten ins beschauliche Litschauer Sommerbad. Im schicken Neubau im Stile der ihn umgebenen Badekabinen wird die Theaterfamilie Stemberger/Schwertsik unter Intendanten Zeno Stanek ab 10. August unter anderem Herzmanovsky-Orlandos parodistisches Spiel „Kaiser Joseph und die Bahnwärtertochter“ zum Besten geben. Es empfiehlt sich etwas früher anzureisen und davor noch per pedes eine den Geist lüftende Runde um den See zu drehen.

Theaterfest Niederösterreich

Viel Reisen heißt es auch für Freunde des „Theaterfest Niederösterreich“. Die Palette der heuer insgesamt über den Sommer verteilten 24 Premieren reicht von Oper, über Operette und Musical bis zum Schauspiel. Darunter Stücke wie Lumpazi Vagabundus (Festspiele Stockerau), die Zauberflöte (Oper Burg Gars) und Minna von Barnhelm (Sommerfestspiele Perchtoldsdorf). Letztere entzücken wenige Minuten von Wien entfernt jedes Jahr aufs Neue mit dem weitläufigen Burghof, der als Spielstätte fungiert. Mit ausergewöhnlicher Kulisse punkten auch die Sommerspiele Melk, die mit exzellentem Blick auf das barocke Benediktinerstift aufwarten. Auf dem Spielplan stehen heuer mit der „Bartholomäusnacht“ und „Birdland – das Glück ist ein Vogerl“ zwei unterschiedliche Produktionen. Mit imposanter Kulisse weiß auch die Felsenbühne Staatz zu beeindrucken. Zum 30jährigen Jubiläum wird hier heuer das Musical „Jesus Christ Superstar“ gegeben.

Ebenfalls im Umkreis der Bibel angesiedelt ist die Kirchenoper „Judas“ von Christoph Ehrenfellner, die am 6. Juli in der Stadtpfarrkirche St. Stephan Premiere feiert. Ein Vorteil der Produktion: die Kirche sorgt auch bei Schlechtwetter für trockene Füße.

Vom Stift in den Bunker

Im Übrigen ist Sommertheater nicht mit Open Air Veranstaltung gleichzusetzen. So spielt eine der ungewöhnlichsten Produktionen, die diesen Sommer über die Bühne geht – nämlich „Bastien und Bastienne“ von Wolfgang Amadeus Mozart – in der Paul-Troger-Bibliothek im Stift Altenberg. Das Jugend-Meisterwerk des Musik-Giganten wird von Bernd R. Bienert und seinem Teatro Barocco als „gesamtheitliches Erlebnis im Kontext der Authentizität aller beteiligten Kunstformen“ präsentiert“. Im Klartext heißt das mit Originalinstrumenten und authentischen Kostümen im historisch rekonstruierten Theatersaal.

Ein Ort, der Geschichte schrieb – wenn auch auf gänzlich andere Weise als das Stiftstheater  – ist der Bergstollen in Mödling. Das 900 Meter lange Tunnelgewölbe wird von Scala und Stadtheater Mödling Intendanten Bruno Max seit knapp 20 Jahren bespielt. Seit einigen Jahren läuft ein Stück zwei Saisonen. Dementsprechend verwandelt sich die ehemalige Bunkeranlage bereits zum zweiten Mal im Rahmen der „Nacht.Stücke. Die seltsamen Leiden des E.T.A. Hoffmann “ in ein begehbares Sommertheaterspektakel mit Gruselfaktor (https://kulturfuechsin.com/at/theater-im-bunker/).

Über wachsenden Besucherzustrom kann sich auch das „Theater in der Kulturfabrik Helfenberg“ in Oberösterreich freuen. Gespielt wird in der stimmungsvollen Ziegelhalle einer ehemaligen Textilfabrik im Mühlviertel. Zum Zehn-Jahres-Jubiläum gibt das Ensemble ein Stück von Intendant Henry Mason, dessen Eltern das Projekt vor zehn Jahren ins Leben riefen. Mason selbst beschreibt „Wie man Götter dämmert“ als Komödie aus neun Erzählsträngen zu den Mythen der Wikinger. Man darf gespannt sein. Zusätzlich zum Stück lädt eine Ausstellung der Schülerinnen der „Prager Fotoschule Österreich“ zum Thema „Ende“ ergänzend zur Besichtigung ein.

Ebenfalls zum Durchstreifen bietet sich das großzügige Gelände der Kulturfabrik F23 an. Die ehemalige Sargfabrik in Wien-Liesing wartet regelmäßig mit Theateraufführungen auf. Ab 31. August schreitet für kurze Zeit die Sagengestalt Eurydike von Elfriede Jelinek erneut durch die „Hallen der Unterwelt“. Eine Chance für alle, die „Schatten. Eurydike sagt“ letzten Herbst verpasst haben oder denen in der ungeheizten Fabrik schlicht zu kalt war (https://kulturfuechsin.com/at/schatten-jelinek/).

THALHOF Festival
FR 4. August bis SO 3. September 2017
Thalhofstraße 23
2651 Reichenau an der Rax
www.thalhof-reichenau.at
salon5.at/salon5-an-der-rax

Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter
von Fritz von Herzmanovsky-Orlando
Herrenseetheater Litschau
Litschau
3874, Österreich
www.herrenseetheater.at

Theaterfest Niederösterreich

Lumpazi Vagabundus
Festspiele Stockerau
27. Juni bis 05. August 2017
Zauberposse von Johann N. Nestroy

Die Zauberflöte
13. Juli bis 05. August 2017
Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
Oper Burg Gars

Minna von Barnhelm
Ein Lustspiel in fünf Aufzügen von Gotthold Ephraim Lessing
Sommerspiele Perchtoldsdorf28. Juni bis 29. Juli 2017

Bartholomäusnacht
Von Stephan Lack und Alexander Hauer, Musik: Gerald Huber
14. Juni bis 05. August 2017
Birdland – Das Glück is a Vogerl
6. Juli bis 14. August 2017
Musikrevue von Andi Hallwaxx
Sommerspiele Melk

Judas
Kirchenoper von Christoph Ehrenfellner, Uraufführung
Festival Retz
06. bis 23. Juli 2017

Jesus Christ Superstar
Felsenbühne Staatz
Musical von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice; Deutsch von Anja Hauptmann
21. Juli bis 12. August 2017
theaterfest-noe.at

Singspiel von W. A. Mozart
8., 15., 22., 29. Juli 2017 (20.00 Uhr) sowie 16., 23., 30. Juli 2017 (18.00 Uhr)
Stift Altenburg
A-3591 Altenburg bei Horn; Abt-Placidus-Much-Straße 1
www.teatrobarocco.at

Nacht.Stücke
Die seltsamen Leiden des E.T.A. Hoffmann
Ein extravagantes Stationentheater
Im Luftschutzstollen Mödling, Brühlerstrasse.
Spielzeiten: 18. August bis 4. September 2016, immer donnerstags bis sonntags Information und Kartenreservierung: 01 / 544 20 70
www.theaterzumfuerchten.at

WIE MAN GÖTTER DÄMMERT
Komödie von Henry Mason
26. Juli bis 13. August 2017
Kulturfabrik Helfenberg
Rohrbacher Straße 7, 4184 Helfenberg im Mühlkreis
www.theaterinderkulturfabrik.at

SCHATTEN (Eurydike sagt)
von Elfriede Jelinek
mit Sarah Sanders, Christina Scherrer und Alexandra Sommerfeld
F23.wir.fabriken
Breitenfurter Strasse 176, 1230 Wien31. August, 1.,3. und 5. September 2017
www.theaterpunkt.com

@ Fotos: Teaser: Felsenbühne Staatzer Berg von Harald Schillhammer, Theater Brauhaus, ivrphotography, Bettina Frenzel, Kulturfabrik Helfenberg, Nadja Meister, Leopold Schuster

Geschrieben von Sandra Schäfer