Wie dreht man nach zwanzig Jahren eine Fortsetzung zu einem Kultfilm – noch dazu mit denselben Schauspielern? John Hodge (Drehbuch) und Danny Boyle (Regie), mittlerweile mit „Slumdog Millionaire“ oscargekrönt, haben es mit dem zweiten Teil von ihrem auf den gleichnamigen Roman von Irvine Welsh basierenden 90er Jahre Hit „Trainspotting“ vorgemacht: Man bleibt seinem Erfolgsrezept treu und referenziert regelmäßig auf den erfolgreichen Vorgänger. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht und auf sehr direkte Weise. So finden sich denn in „T2 Trainspotting“ immer wieder Aufnahmen aus dem ersten Film dazwischen geschnitten. Für die Betrachter eine sentimentale Reise in die Vergangenheit als die vier Anti-Helden Renton, Sick Boy, Spud und Begbie noch jung waren und (zumindest drei von vier) an der Nadel hingen.

Zwanzig Jahre sind mittlerweile vergangen, da beschließt der schlaue Ex-Junkie Renton (Ewan McGregor), der einst seine Freunde um 12.000 (gemeinsam gestohlene) Pfund erleichterte, in seine Heimatstadt Edinburgh zurückzukehren. Verloren streift er – als „Tourist seiner eigenen Jugend“ wie Sick Boy (Jonny Lee Miller) es nennt – durch die Straßen und Orte, die viele noch gut aus dem ersten Teil kennen. Bilder von damals flimmern über die Leinwand und korrespondieren mit den Ereignissen von heute – etwa wenn Renton auf der Flucht vor Begbie (Robert Carlyle) einen Zusammenstoß mit der Kühlerhaube eines fahrenden Pkws hat – doch irgendwie erscheint die Stadt trister als damals. Es mag an den Aufnahmen der grauen Plattenbauten liegen, in denen Spud (Ewen Bremner) irgendwo über dem zehnten Stock unter der Armutsgrenze dahinvegetiert, oder vielleicht auch am verloren gegangenen Drive der Jugend – aber der Schleier der Zeit scheint sich teilweise wie der graue Star über die Kamera-Linse und das gute alte Edinburgh gelegt zu haben.

Trippige Bilder und ein cooler Soundtrack

Ursprünglich, so Regisseur Danny Boyle wollte er einen Film über das Vergehen der Zeit machen. Entstanden sei jedoch vielmehr ein Film über die Männlichkeit im Verlauf der Jahre. Aus den Buben von einst sind Männer in der Mitte ihres Lebens geworden. Im einstigen zwischen jugendlicher Langeweile und Abenteuerlust hin und her schlagenden Junkie-Herz hat sich im zweiten Teil die Abgeklärtheit des Alters breitgemacht.
Etwa in der Mitte des Streifens lassen Drehbuchschreiber und Regisseur Renton eine Art Anti-Monolog zum Choose-Life-Motto des ersten Teils halten. Statt Konsumbejahung und dem Wunsch nach einem abgesicherten Leben, die auch die Ära nach Premierministerin Margaret Thatcher kennzeichneten, hat sich eine Skepsis gegenüber des modernen von Überwachung und sozialen Medien beherrschten Alltags breitgemacht. Die EU-Gelder, die lukriert werden, wandern am Ende nach Bulgarien ab.
Klingt ernst, ist es jedoch nicht so sehr. Zumindest nicht für die Zuseher, denn diese werden in knapp zwei Stunden mit jeder Menge Humor versorgt. Und es wäre definitiv nicht Trainspotting, geschehe dies nicht in betont absurder Weise. Eine der diesbezüglich gelungensten Szene ist jene, in der Renton und Sick Boy eine Veranstaltung der Protestanten zur Erinnerung der großen Schlacht von 1690 besuchen (bei der die Katholiken vernichtend geschlagen wurden) und hier ein Liedchen zum besten geben. Ein weiteres wichtiges Element: die Musik. Denn was wäre eine Fortsetzung von Trainspotting ohne ungewöhnlichen Soundtrack. Und auch wenn sich die Songs dieses Mal nicht so ins Hirn brennen wie im ersten Teil, gelungen ist die Bild-Sound-Beziehung auf jeden Fall.

Bleibt last but not least noch der Ekel-Faktor (wer erinnert sich nicht an die Klo-Szene des ersten Teils). Auch hier fährt „T2 Trainspotting“ mit einem gescheiterten Selbstmordversuch einiges an visuellen Übelkeitserzeugern auf. Allerdings bietet der Film zum Ausgleich eine Reihe poetischer Aufnahmen. Etwa wenn der Schatten von Rentons mittlerweile verstorbener Mutter immer noch von ihrem Platz am Küchentisch auf die Wand fällt oder es die Jungs noch einmal wissen wollen und einen Heroin-Trip mit modernster Beamer-Technologie kombinieren. An schrägen, trippigen Aufnahmen spart Boyle sichtlich auch dieses Mal nicht.

Alles in allem stellt sich mit der Zeit ein durchaus authentisches Trainspotting-Erlebnis ein, auch wenn sich die Uhr nicht zurückdrehen lässt und der Film nicht an seinen Vorgänger herankommt, verglichen mit den Star Wars Filmen eins bis drei (Danny Boyle hat Trainspotting einmal als das Star Wars Schottland bezeichnet) macht die Fortsetzung jedoch eine gute Figur.

T2 Trainspotting. Ein Film von Danny Boyle. UK 2017. 117 Minuten.

Kinostart: 10. März 2017

© Fotos: 2016 Sony Pictures Releasing GmbH

Geschrieben von Sandra Schäfer