„Das Bildnis des Dorian Gray“ nennt sich Oscar Wildes bekanntester Prosabeitrag zur Weltliteratur. Den Sprung auf die Bühne hat der Roman in den letzten 100 Jahren trotz allem mehrfach bewältigt. Als Theater-, Ballett, – Opern- oder gar Musical-Fassung geisterte der sündhaft schöne Dorian – anstelle dessen Körpers sein Ölportrait altert – bis hin zum Superhelden stilisiert durch sämtliche Genres der Hoch- und Popkultur.
In „Dorian Gray – die Auferstehung“ lädt Mara Mattuschka – als Künstlerin ebenso in vielen Genres zuhause – die BesucherInnen dazu ein, sich selbst ein (oder passend zu den auf der Bühne verteilten Bilderrahmen auch mehrere) Bild(er) über den ewigen Schönling der Kulturgeschichte zu machen. Im Mittelpunkt der Inszenierung im TAG steht – wie könnte es anders sein – ein Gemälde. Allerdings weniger das sagenumwobene Bildnis Dorians als jenes John Grays. Letzterer ein Liebhaber Oscar Wildes – der diesen, so lautet der Mythos – zu Titel und Entwicklung des Buches inspiriert haben soll. Die Idee zum Roman kam Wilde – so lautet eine weitere Geschichte – als er den Maler Basil Ward in seinem Atelier besuchte, wo dieser gerade das Portrait eines jungen Mannes anfertigte. Im Buch wird ein Maler namens Basil Hallward das Antlitz Dorians auf die Leinwand bannen.

Mit Öl und Botox

Doch ob Künstler Basil Hallward oder Basil Ward, John oder Dorian als Modell – Die Problemstellung auf der Bühne ist dieselbe: ein Bild existiert nicht. Zumindest nicht bis zu dem Zeitpunkt als eine Wilde-Biografin auf der Suche nach Materialien auf dem Dachboden von Eleonora Raffalovich vermeintlich fündig wird. Besagte ältere Dame, die es nach Wien verschlagen hat, ist die Großnichte von Marc-Andre Raffalovich, der Wilde einst seinen Liebhaber John Gray ausgespannt haben soll.
Was folgt ist eine Posse auf den Kunstbetrieb. Denn schon bald machen sich ein Galerist, ein Kurator und ein Versicherungsagent auf die Jagd nach dem vermeintlichen Sensationsgemälde. Dabei entpuppt sich der Kunstbetrieb als ebenso konstruiert wie ein Roman. Ein Rädchen greift in das nächste und der Irrsinn nimmt seinen Lauf: ein Bettlaken, auf dem sich Wilde und sein Liebhaber einst gewälzt haben sollen, soll bei Sotheby’s unter den Hammer kommen. Und auch die Raffalovich und ihr slowakischer Diener Jirzi unterlassen nichts unversucht um ein Stück von Geld und Ruhm abzubekommen.

Geschultert wird die Rolle des schönen jedoch dümmlich wirkenden Butlers von Raphael Nicholas, der zugleich mehrmals in die Rolle des Dorian Gray schlüpfen darf. Vom leblosen Akt bis hin zum Testimonial im Dienste der Schönheitsindustrie. Gerade in diesem Punkt erweist sich die Geschichte Oscar Wildes erschreckend aktuell. Mit zur Maske erstarrten Visagen huldigt eine Jüngerschar einem an Karl Lagerfeld erinnernden Kosmetikbaron. Wie auch schon in „Die Inseln des Dr. Moreau“ setzen Mattuschka und das Ensemble auf oftmals bis ins Groteske oder comichaft übertriebene gezeichnete Bewegungen. Oftmals erstarren die Szenen auf der Bühne zu Tableaus. Die Leistung der Schauspieler sind, man kann es ohne Übertreibung sagen, durch die Bank grandios. Obwohl sich nach dem ersten Drittel eine kurze Phase der Ermüdung einstellt, geht es danach umso flotter dem Ende entgegen. Als BesucherIn erwartet einen zwei Stunden beste Unterhaltung!

Dorian Gray. Die Auferstehung
von Mara Mattuschka
eine Koproduktion mit The Practical Mystery
Mit Alexander Braunshör, Alexander E. Fennon, Anna Mendelssohn, Raphael Nicholas, Georg Schubert, Elisabeth Veit
Weitere Termine: 8.,  9., 12. und 13. November 2019 sowie 19. und 20. Dezember 2019, 20.00

TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße
Gumpendorfer Straße 67
1060 Wien
www.dastag.at

Titelbild Sujet: © Anna Stoecher

Geschrieben von Sandra Schäfer