Als weltweit verbreitetes Weihnachtssymbol ist der geschmückte Nadelbaum seit dem 19. Jahrhundert auch in österreichischen Wohnzimmern heimisch. Seine ersten Auftritte in Wien lassen sich bekanntlich auf die Initiative von zwei Damen zurückführen: so soll die aus dem jüdischen Bürgertum stammende Fanny von Arnstein einen Baum 1814 in ihrem Salon aufgestellt haben, während die Ehefrau, Erzherzog Karls, Henriette von Nassau-Weilburg, den Brauch als Protestantin aus ihrer Heimat importierte und ihn auch im katholischen Kaiserhaus einführte. Die Gepflogenheit sich zur Wintersonnenwende immergrüne Äste ins Haus zu holen dürfte allerdings bereits vor Martin Luther – der den Christbaum, im Gegensatz zur katholisch verstandenen Krippe, zum Weihnachtssymbol erklärte – ursprünglich auf heidnische Bräuche zurückgehen. Angeblich versprachen die Zweige des Nadelbaums Schutz und Fruchtbarkeit. Geschmückt wurde der Nadelbaum zunächst allerdings nicht zu Weihnachten, sondern im Zuge mittelalterlicher (Volks-)Spiele als Paradiesbaum (mit roten Äpfeln).

Kurzer Lebenslauf

Auch wenn der temporäre Mittelpunkt des Wohnzimmers selbst nicht sprechen kann, zu erzählen hätte er auch über seine Herkunft so einiges: Von seinen Eltern (so genannten Nordmanntannen) im Kaukasus als Samen entnommen, führte sein Weg über dänische Aufzuchtfarmen zunehmend in den letzten Jahren ins Waldviertel (über 50 Prozent der Weihnachtsbäume kommen von hier), wo er ehemals beliebte Christbaumsorten – darunter Blaufichten und Silbertannen verdrängte. Im Vergleich mit seinen nicht zur Zucht bestimmten Artgenossen (der älteste Baum der Welt ist eine über 9.500 Jahre alte Fichte) ist ihm hier zwar kein langes, dafür aber ein umsorgtes Leben beschert. Damit der Christbaum seine optimale Fasson erhält, benötigt es viele Arbeitsstunden und eine Vielzahl von unterschiedlichen Hilfsmitteln – von der Top-Stop-Zange, mit der man den Stamm einritzt, um durch den austretenden Saft einer Verminderung der Wuchshöhe herbeizuführen – bis hin zum so genannten Zweigregler. Nötig sind diese Maßnahmen, um die beim Konsumenten beliebte Form zu erzeugen: klein, dicht und gerade gewachsen. Ebenfalls von Nöten sind Stangen, die verhindern, dass Vögel sich auf die Äste setzten und diese so nach unten drücken. Alles in allem viel Arbeit – vor allem, wenn man bedenkt, dass jedes Jahr schätzungsweise über 2,5 Millionen Christbäume an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht werden wollen.

Zum Knabbern freigegeben

Trotz allem ist es nicht jedem liebevoll gepflegten und perfekt proportionierten Baum tatsächlich bestimmt zum Träger des Familien-Weihnachtsschmuckes zu avancieren. Für alle, die es nicht geschafft haben verkauft zu werden, heißt es, ab in den Wiener Zoo, wo sie Pferden, Zwergziegen, Ouessantschafen und Elefanten als Spielzeug und beispielsweise aufeputzt mit Apfelringen und Karottenlametta zum Knabbern dienen. Aber auch für den schick aufgeputzten Weihnachtsbaum hat das Fest früher oder später ein Ende und so harrt neben manch kreativen Umgang mit ihm (die Vorschläge reichen vom Brennholz bis hin zum Schnitzen von Kleiderbügel und – vorausgesetzt bio – Tannennadelbad) das Biomassekraftwerk seiner.

Links:
Wem „Bio-Qualität“ auch bei seinem Christbaum wichtig ist, der kann die Umweltberatung Wien für den Kauf des richtigen Baumes zu Rate ziehen. Ein regionaler Baum ist an seiner Herkunftsschleife zu erkennen: http://www.umweltberatung.at/christbaum-bezugsquellen

Nach dem Fest ist vor der Entsorgung: Da ein Christbaum nichts im Restmüll zu suchen hat bietet die MA 48 auch dieses Jahr wieder über 500 Entsorgungsstellen an.
Info unter: https://www.wien.gv.at/umwelt/ma48/sauberestadt/christbaumsammlung/


Geschrieben von Sandra Schäfer