Lieber Harald, du hast ursprünglich mit dem Berufswunsch Schriftsteller deine Karriere als Künstler gestartet – wie kam es dazu, dass du letztendlich im Musikbereich gelandet bist?

Ich habe vor einigen Jahren angefangen Gedichte zu schreiben. Irgendwann wurde mir klar, dass es fast unmöglich ist die Leute ohne Musikbegleitung zu erreichen und so habe ich den Beschluss gefasst, Gitarre spielen zu lernen.

Dein aktuelles Album heißt „Mythologies“. Die zehn Songs darauf sind stark von Folk-Einflüssen geprägt und bestechen nicht zuletzt durch ihre tiefgründigen Texte. Einen Song, zu dem es auch ein Video gibt, hast du nach dem Namen einer griechischen Nymphe, „Arethusa, benannt. Könntest du etwas über die Hintergründe zu diesem Stück erzählen? Steht hinter deinen Liedtexten generell ein längerer Schreibprozess?

Das ist unterschiedlich. Manche Songs entstehen in weniger als zwei Stunden inklusive Text und dem musikalischen Grundgerüst mit Melodie und Akkorden. Bei anderen Songs kann es Wochen dauern, bis ich mit ihnen zufrieden bin. In den meisten Fällen kommt bei mir zuerst der Text, und später erst die Musik. Die komplette Produktion eines Songs kann ebenfalls in manchen Fällen Jahre dauern, da ich Musiker finden muss, die Musik arrangieren, aufnehmen, abmischen, mastern, koordinieren, finanzieren, promoten und so weiter …

„Arethusa“, das Lied, das du angesprochen hast, ist meine Nacherzählung eines alten griechischen Mythos. Es ist die Geschichte einer Wassernymphe, die in einem Fluss badet. Der Fluss begehrt sie und verfolgt sie, und die Nymphe versucht, ihm zu entkommen. Als ich anfing die Story zu schreiben, war es, als ob diese Elemente der Geschichte von selbst metaphorisch wurden und alle möglichen unbeabsichtigten tiefgründigen Dinge auftauchten. Das zeigt, dass in diesen Mythen auch eine Menge interessante psychologischer Aspekte zu finden sind.

In der griechischen Mythologie sind auch Geschichten zu Kriegen und Eroberungen zu finden. Man denke an Troja. Wie passt da das Stück „Mercy Me“ ins Album?

Dieser Song handelt allgemein von den Kriegen, die im Laufe der Geschichte aufgrund der Hybris bestimmter berühmter Personen geführt wurden. Er ist eine Warnung vor der Zerstörungskraft des Krieges und stellt unsere Wahrnehmung der Geschichte in Frage – es ist ein Anti-Kriegslied.

Dein Debütalbum „Strange Delights“ ist 2019 erschienen. Du hast auf deiner Facebook-Seite gepostet, dass die Produktion von „Mythologies“, dein zweites Album, ein längerer Prozess war. Was war der Grund dafür?

Ich musste selbst viel über die verschiedenen Schritte wie Aufnahme, Mix und Mastering lernen, und so dauerte das Projekt schließlich länger als ursprünglich geplant. Einige der Leute, mit denen ich für „Mythologies“ zusammengearbeitet habe, sind sehr gefragt und haben viele parallele Projekte am Laufen, deshalb hat es etwas länger gedauert. Das erste Album aufzunehmen hat zwar auch einige Zeit gedauert, aber das neue hat mehr Zeit in Anspruch genommen, auch weil es ein größeres Projekt war. Ich habe das Gefühl, dass das Album zu einem guten Zeitpunkt herauskommt, jetzt, wo die Pandemie vorbei ist und die Live-Auftritte wieder in vollem Gange sind. An einem guten Abend live zu spielen, wenn alles im Flow ist und das Publikum mitgeht, kann toll sein.

Das Album ist – sowie dein erstes – bei „Echo´s Song“ erschienen. Es gibt darauf auch ein fantastisches Duett mit der Sängerin Lina Louise. Sie ist auch in deiner Live-Band mit dabei. Was schätzt du an der Arbeit mit ihr?

Lina hat nicht nur eine fantastische Stimme, sie kann auch unglaublich gut Über- und Unterstimmen singen und hat ein besonderes Gespür für die Sprache, da sie selbst Songwriterin ist. Außerdem ist sie in einer zweisprachigen Familie aufgewachsen, in der Englisch und Deutsch gesprochen wird. Das ist natürlich alles toll.

Wie lauten deine Zukunftspläne?

Weiter Musik machen und noch mehr Songs zu schreiben! Diese Tätigkeit ist eine Bereicherung, auf vielen Ebenen. Den Rest des Jahres 2023 habe ich vor, eine ganze Reihe von Konzerten in Verbindung mit meinem neu veröffentlichten Album zu spielen, der Fokus in der nahen Zukunft liegt also auf Live-Auftritte.

Ich habe gehört, du bist ein großer Bob Dylan-Fan. Hast du ein Lieblingsalbum?

Da müsste ich mich zwischen „Blonde On Blonde“ und „Oh Mercy“ entscheiden. Ich mag seine flexible, kreative Art als Songwriter zu denken.

Aktuelle CD
Herald K.- „Mythologies“. Lindo Records, 2023

Nächster Live-Auftritt:
Mi 25. Oktober 2023 im Cafe Korb
Brandstätte 9
1010 Wien

Der in Wien lebende Norweger Herald K. hat 2019 sein Debütalbum „Strange Delights“ (Lindo Records) veröffentlicht. Ursprünglich mit dem Berufswunsch Schriftsteller gestartet, wählt Herald K. bald die Form des Gedichts. Von dort war es nur ein Schritt hin zu Liedtexten. Unterstützt wurde Herald K. auf seinem Debüt von hervorragenden Instrumentalisten wie Stephan Steiner (Geige, Nyckelharpa) oder Katie Kern (Gitarre). Produziert wurde das Album von Jürgen Plank (Erstes Wiener Heimorgelorchester, The Wichita). Die Inspiration für seine Lieder findet Herald K. im weiten Feld des „Americana“ und bei Poeten wie Charles Baudelaire, Leonard Cohen, Bob Dylan oder der Country-Legende Hank Williams. 2019 ergab sich für Herald K. die Gelegenheit mit der Wiener Filmemacherin Lena Koppe („Die Vaterlosen“, „Der Boden unter den Füßen“) für ein Video seines Songs „The light in your eyes“ zusammenzuarbeiten.
Im Mai 2023 wurde das zweite Album „Mythologies“ ebenfalls bei „Lindo Records" veröffentlicht. Im Vorlauf zum Album präsentierte Herald K. schon die fünf Singles „Arethusa“, „Wandering Aengus“, „Circe“, „Echo´s Song (feat. Lina Louise)“ und „Where Eagles fly“ samt zugehöriger Videos. 
https://heraldkmusic.com/

Titelbild: Harald K. © Funky Eye

Geschrieben von Robert Fischer