Auf ihrem Debütalbum „Hope Less“ präsentiert Ines Dallaji ihre ganz persönliche Version von Soul, garniert mit Referenzen zum legendären Motown-Sound, RnB und Blues-Rock.

Liebe Ines, bis zu deinem Debütalbum war es ein längerer Weg. Wann hast du begonnen dich musikalisch zu betätigen beziehungsweise wie und warum kam es letztendlich zum Projekt „Bad Ida“?

Ich bin bereits mit 14 Jahren zum Musikmachen gekommen, als mich mein damaliger Gitarrenlehrer gefragt hat, ob ich ein Jazz-Pop-Duo mit ihm gründen möchte. Bis zum Projekt „Bad Ida“ vergingen dann allerdings doch fast zwanzig Jahre. Die Idee dazu hatte der Multiinstrumentalist Marc Bruckner, den ich ebenfalls schon seit meiner Jugend kenne. Wir waren an der gleichen Musikschule und haben davor im Waldviertel bereits in mehreren temporären Projekten zusammengearbeitet. 2020 kam er dann mit dem Vorschlag auf mich zu, mir musikalische Entwürfe zu schicken, damit ich gesanglich und textlich etwas dazu probieren könnte. Die ersten Demos sind in Folge in Marcs Wohnung und in seinem Proberaum entstanden, anfangs werkten beziehungsweise recordeten wir nur zu zweit. Dann holten wir Alex Lausch dazu, der beim Songwriting mitzuarbeiten begann, das Album mitarrangierte und letztlich auch mit mir produzierte. Aufgenommen haben wir es zu dritt mit ein paar Gastmusikerinnen und Gastmusikern im Studio von Alex, allerdings nicht am Stück, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg. Alex und ich sind ja nicht nur beruflich, sondern auch privat liiert, immer wenn uns neben anderen Tätigkeiten und Verpflichtungen die Zeit blieb, sind wir gemeinsam von unserer Wohnung im 16. Bezirk ins Studio in den 17. Bezirk hinübergegangen, um am Album weiterzuarbeiten. 

Das Album nennt sich „Hope Less“. Kannst du etwas über Hintergründe der Entstehung verraten?

Bevor das Album erschienen ist, haben wir drei Vorab-Singles veröffentlicht, darunter beispielsweise „Where Have You Been“, den allerersten Song, den Marc und ich komponiert haben. Er handelt von einer toxischen Liebesbeziehung, aus der man sich eigentlich lösen sollte, aber noch nicht dazu bereit ist, weil man nicht die nötige Kraft dazu hat. Dabei handelt es sich – wie ein wesentlicher Teil des Albums – um die Aufarbeitung meiner ersten Ehe, in der ich psychische und physische Gewalt erfahren habe. Erst zehn Jahre nach dem Ende dieser Beziehung hatte ich den Mut und die Stärke, darüber zu schreiben und meine Erfahrungen in Songs zu verarbeiten. Andere Lieder handeln von zerbrochenen Freundschaften oder reflektieren meine Persönlichkeit, etwa der Song „I Hide“, der erklärt, warum ich mich lange nicht getraut habe, als Sängerin in die Öffentlichkeit zu treten. Das ist übrigens der einzige Song auf dem Album, den Alex und ich nur im Duo geschrieben und aufgenommen haben.

In welchem Zeitraum sind die Texte entstanden?

Zwischen Frühjahr 2020 und Herbst 2021. Immer wenn wir eine musikalische Idee auszuarbeiten begannen, entstand dazu eigentlich auch gleich der Text, außer bei „Please Let Me Cry“, dem einzigen Song am Album, den ich alleine komponiert habe. Da hatte ich im Frühjahr 2020 bereits den Text, aber schrieb viel später erst die Musik dazu.

Wie komponierst du und spielst du eigentlich selbst ein Instrument?

Ich kann ein paar Akkorde an der Gitarre und am Klavier, das reicht, um die Basis für Songs zu legen. Meistens fallen mir eine Gesangslinie und eine Textzeile ein, dazu versuche ich dann am E-Piano passende Akkorde zu finden. Oder mir gefällt eine Akkordfolge beziehungsweise ein musikalischer Entwurf von Marc oder Alex und ich überlege mir dazu eine passende Melodie und den passenden Text.

Was bedeutet Musik für dich persönlich?

Musik stand für mich im Leben immer schon an erster Stelle. Musik-Hören und Singen haben mich durch alle bisherigen Höhen und Tiefen begleitet, und ich bin extrem dankbar dafür, nun auch eigene Songs schaffen zu dürfen, da der Weg hierher sehr steinig war und dieses Privileg für mich alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. Ich habe in meinen 20ern kaum Musik gemacht, da ich einerseits zu stark an mir und meinen Fähigkeiten als Musikerin zweifelte, und mir andererseits neben meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Arabistik sehr wenig Zeit zum Musikmachen blieb. Auch wenn es strukturell bedingt nicht immer einfach ist, im Musikbereich zu arbeiten, so bereue ich es keine Sekunde, dass ich die wissenschaftliche Karriere 2017 gegen ein Gesangsstudium und Kulturarbeit eingetauscht habe.

Frauen sind im Musikbusiness vor und hinter der Bühne immer noch unterrepräsentiert – wie siehst du die Situation aktuell beziehungsweise was müsste sich strukturell ändern?

Ich beschäftige mich sehr viel mit strukturellen Problemen im Musikbusiness und sehe das Unterrepräsentiert-Sein von Frauen, insbesondere von Instrumentalistinnen, im Popularmusikbereich als Resultat immer noch bestehender gesellschaftlicher Ungleichgewichte, etwa in Bezug darauf, welche Erwartungen an Frauen gestellt werden und welche Rollenbilder ihnen aufgezwungen werden. Es ist zwar eine langsame Veränderung zu beobachten, und auch mehr und mehr Veranstaltende versuchen, beim Booking auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu achten, aber die Strukturen sind immer noch nicht sehr frauen- beziehungsweise LGBTQ+-freundlich. Vor allem infrastrukturell sehe ich da im Live-Bereich noch viel Luft nach oben, das heißt, dass Venues und Festivals noch mehr Bewusstsein dafür entwickeln müssen, dass auch nicht-männlich gelesene Personen auf Tour gehen und Rückzugsmöglichkeiten, safe spaces und frauen- beziehungsweise queer-freundliche Backstage-Bereiche brauchen. Sexistischen Äußerungen vonseiten männlicher Kollegen stehen leider immer noch an der Tagesordnung, die Optik wird bei Frauen auf der Bühne ganz anders bewertet und kommentiert als bei Männern, und man trifft immer wieder auf Kollegen, die einem die Welt des Musikmachens erklären wollen.

Du hast früher als Bookerin für andere Künstler und Bands gearbeitet. Wie hat dein Umfeld auf deine ersten eigenen musikalischen Gehversuche reagiert?

Durch meine Arbeit als Bookerin für andere Projekte hat sich eine Hierarchie beziehungsweise eine Positionierung meinerseits ergeben, von der ich mich nur sehr langsam emanzipiere. Als Künstlerin habe ich vom Großteil der Musiker, für die ich als „Zuarbeiterin“ tätig war, eigentlich kein positives Feedback zu meinem Schritt, mit meinem eigenen Musikprojekt in die Öffentlichkeit zu gehen, erhalten. Vielmehr war ich entweder mit Desinteresse oder unaufgeforderter negativer Kritik daran konfrontiert. Dass ich mein Album mitproduziert habe und ins Mixing involviert war, veranlasste etwa einen Kollegen gar dazu, mir zu sagen, ich tue mir mit dem Sound keinen Gefallen, und bis heute frage ich mich, ob er dies wohl auch zu einem männlichen Kollegen, mit dem er auf gleicher Augenhöhe ist, gesagt hätte. Das Umfeld, in dem man sich als Frau im Musikbusiness etwas aufzubauen versucht, das nicht klassischen Mustern beziehungsweise Vorstellungen entspricht, ist also nicht unbedingt unterstützend, überhaupt dann, wenn man eine Konkurrenz darstellt.

Welche Veränderungen wären diesbezüglich notwendig?

Vielleicht würde sich an der Situation von und Zahl an Frauen und queeren Menschen im Musikbusiness etwas ändern, wenn Musikmachen generell weniger prekär wäre und es gezieltere (finanzielle) Unterstützung beziehungsweise niederschwellige Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für Songwriter*innen, Instrumentalist*innen, Produzent*innen, Techniker*innen etc. gäbe. Will man wirklich langfristig etwas verändern, so müssen wir die Gleichstellung und Förderung von nicht-männlich gelesenen Personen jedenfalls viel stärker in den Fokus rücken, sowohl im Musikbereich als auch politisch und gesamtgesellschaftlich.

Ich habe gehört, du arbeitest schon am zweiten Album. Wie ist da der aktuelle Stand?

Wir haben die Basis der Songs im Kasten, nämlich die wichtigsten Instrumente (Gitarre, Bass, Schlagzeug) und die scratch vocals, also den Gesang in Demoform schon fertig. Da werden wir die nächsten Monate noch mit der Fertigstellung und den Feinheiten (Gesang, Chöre, Gitarren- und sonstige Overdubs, Gastmusiker*innen, Editieren, Mischen etc.) beschäftigt sein. Damit einhergehend fängt im Prinzip das ganze Spiel wieder von vorne an: Förderungen beantragen, ein Label finden, mit dem wir den nächsten Schritt gehen und uns noch besser aufstellen können, Singles mit Videos machen (je nach Finanzlage professionell oder wieder DIY), und auf die für 2025 geplante Albumveröffentlichung hinarbeiten. Wenn das alles so klappt, wie erhofft, und wir mit dem zweiten Album ein wenig mehr Menschen erreichen können, bin ich schon zufrieden, aber es ist und bleibt ein Glücksspiel, insbesondere was Förderungen und professionelle Partner*innen betrifft. Die Radiolandschaft wird sich jedenfalls so schnell nicht ändern, und ich weiß nicht, ob ich beim nächsten Album erneut die Kraft habe, jede/n Redakteur*in persönlich anzuschreiben, nur um dann vielleicht wieder hauptsächlich vertröstet, geghostet oder unhöflich abgewiesen zu werden. Umso dankbarer bin ich all jenen, die uns bisher unterstützt und eine Plattform zur Vorstellung geboten haben und die uns und unserer Musik Gehör schenken. All das ist nicht selbstverständlich, und ich freue mich schon darauf, mit neuer Musik rauszugehen und denjenigen, die uns wohlgesinnt sind, damit eine Freude zu machen.

Danke für das Gespräch!

Bad Ida – „Hope Less“. erschienen bei Konkord Rekords, 2024

Konzerttermine 2024:
16. Februar: Csello Cselley Mühle Oslip
16. Mai: Vienna Blues Spring (Trio)
22. August: Weinsommer Gumpoldskirchen
21. September: Höfefest St. Pölten
05. Oktober: Folkclub Waidhofen/Thaya

www.badidamusic.com/

Ines Dallaji ist im Waldviertel aufgewachsen, und schlug nach der Matura zunächst eine wissenschaftliche Karriere ein. Kurz nach ihrem 30. Geburtstag fasste sie den Entschluss, ihren bisherigen beruflichen Weg zu verlassen und sich auf die Musik zu konzentrieren. Davor hat sie Arabistik, und (von 2017 bis 2021) Gesang in Wien studiert. Sie betrieb eine Agentur und machte Booking für Musiker*innen und Bands, aber auch Veranstaltungs- oder Künstlerbetreuung. Gemeinsam mit Alexander Lausch und Marc Bruckner entstand ihr Debütalbum „Hope less“, dass im März 2023 beim Label Konkord veröffentlicht wurde.

Geschrieben von Robert Fischer