Nicht mehr als 37 Bilder hat der holländische Künstler Jan Vermeer im Laufe seines Lebens gemalt. Eines davon befindet sich in Österreich – im Kunsthistorischen Museum. Derzeit ist es jedoch still um „die Malkunst“  – das Museum ist seit 11. März ebenso wie die anderen österreichischen Museen aufgrund der Corona-Krise geschlossen. Ansehen kann man es sich trotzdem und zwar auf der von Google ins Leben gerufenen Online-Plattform „Arts & Culture“. Das Gemälde, das Vermeer vermutlich als Beispiel seines Könnens quasi für PR-Zwecke in seinem Atelier stehen hatte, lockt hier gemeinsam mit 35 anderen Gemälden des Künstlers auf der Plattform zahlreiche Besucherinnen und Besucher an. Eine Überwindung von Raum, die einen ein reales Museum definitiv nicht bieten kann. Und auch das Vergnügen sich seine Nase am Rocksaum des Künstlers platt zu drücken, erhält man im Museum dank Alarm natürlich nicht. Auch wenn das alles zwar nicht dem Erlebnis eines realen Museumsbesuchs, mit der Aura des Originalgemäldes, entspricht, so bieten derlei Onlineansichten immerhin eine wunderbare Gelegenheit sich näher mit dem kostbaren Beständen der heimischen Museumslandschaft auseinanderzusetzten. Wer den Online-Museumsbesucher in sich entdeckt hat, der kann sich zudem gleich weiter klicken. Mit „Inside Bruegel“ und „Closer to Van Eyck“ bietet das Internet zwei weitere Seiten an, die zum hochauflösenden Kunstgenuss mit Beständen aus dem KHM aufwarten. Unter dem Titel „100 Meisterwerke“ finden sich zudem kurze Videos zu den Klassikern des Kunsthistorischen Museums. Und auch den einen oder anderen Vortrag internationaler Kunsthistoriker kann man sich dieser Tage zu Gemüte führen.

Laufend mit kurzen Filmen zu Meisterwerken seiner Sammlung wartet derzeit auch das Belvedere auf. Täglich um 15 Uhr stellt Kunstvermittler Markus Hübl ein besonderes Werk der Sammlung vor. (Den restlichen Bestand auf dem Museumsschloss kann man sich online ansehen.) Wer auf den Geschmack gekommen ist; auch das Dommuseum bietet aktuell Führungen auf You Tube durch seine Sammlung an.

Von der Bühne auf den Bildschirm

Vor den Bildschirm bitten derzeit allerdings nicht nur unterschiedliche Museen, auch so manches Theater beziehungsweise freie Gruppen haben ihr Betätigungsfeld in den letzten Tagen von der Bühne vor die Kamera verlagert. Unter dem Hashtag „stayhomewithpuppets“ stellt das Schubert Theater täglich kurze Filmchen mit den ebenfalls vom Lockdown betroffenen Puppen des Ensembles zur Verfügung.
Das Aktionstheaterensemble, das im vergangenen Jahr sein dreißigjähriges Jubiläum gefeiert hat, hat viele seiner Stücke in den vorangegangenen Tagen zum Livestream angeboten. Eine zweite Welle folgt von 30. März bis 13. April – darunter auch das aktuelle Stück „Heile mich“.

Mit Geschichten gegen die Krise ist derzeit auch das Burgtheater im Netz aktiv. Auf der Burgtheater-Website sowie auf Facebook und auf YouTube wird jeden Tag um 11.00 Uhr eine Lesung eines Ensemblemitgliedes mit einer „rettenden Geschichte“ – wie es heißt – veröffentlicht. Ähnliches plant man derzeit bei den Städtischen Büchereien. Den Anfang macht Michael Stavaric, der mit Günter Kaindlstorfer über seinen neuen Roman „Fremdes Licht“ sprechen wird.

Gemeinsam mit der Online-Plattform nachtkritik.de wird auch das Kosmos Theater dieses und am darauffolgenden Wochnende zwei Stücke („Das große Heft“ von Ágota Kristóf und „Schwieriges Thema“) aus dem vergangenen Spielplan gratis zum Streamen anbieten.

Film und Frauen

Aber auch so manches Kino tauscht in den kommenden Wochen die große Leinwand gegen den kleineren Bildschirm. Allen voran das österreichische Filmfestival „Diagonale“, das dieses Jahr zum ersten Mal online ausgetragen wird. Rund ums heimische Filmschaffen geht es auch bei der Streaming-Plattform „KINO VOD CLUB“ sowie beim METRO Kinokulturhaus, das seine Aktivitäten als „digitales Heimkino“ ebenfalls verstärkt ins Netz verlagert hat. Das Programm wird wöchentlich aktualisiert und ist kostenfrei unter www.filmarchiv.at abrufbar.

Für hartgesottene Kunstfreunde bietet das Ursula Blickle-Archiv Filme von heimischen Künstlern an. Mit unzähligen Videos und Tonaufnahmen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur versorgt hingegen die Sammlung der Österreichischen Mediathek Geschichtsinteressierte mit spannenden Stoff. Die Online-Ausstellung „Frauenstimmen“ bietet derzeit „Erhörtes und Unerhörtes zur österreichischen Frauengeschichte“.

Auf einen starken Frauenschwerpunkt setzt man auch in der Österreichische Nationalbibliothek. Kurz vor der Krise ging die ÖNB mit dem Webportal „Frauen in Bewegung 1848-1938“ online. Zur Verfügung stehen Informationen von rund 600 Personen und 400 Vereinen aus 90 Jahren Frauenbewegung in Österreich.

Ebenfalls das weibliche Geschlecht verstärkt in den Fokus rückt derzeit auch die europäische Plattform „European“. Unter dem Motto „Women’s History Month“ kann man Näheres über starke Frauen der europäischen Geschichte erfahren. Aber auch abseits des Schwerpunkts ist die Seite einen Klick wert: Das Portal bietet Zugang zu 50 Millionen Objekten an, die zum Teil in spannenden Onlineausstellungen aufbereitet wurden – darunter unter anderem zur „Art Nouveau“ oder zum Ersten Weltkrieg.

Ebenfalls in den letzten Tagen auf vermehrte Online-Präsenz setzt Technischen Museum Wien – interessant sind die vor allem die Experimentieranleitungen – sowie beim Naturhistorischen Museum, das zu Jahresbeginn mit seiner Online-Plattform  http://objekte.nhm-wien.ac.at/home live gegangen ist. Es lohnt sich durchaus hier und da einen Blick zu riskieren – auch wenn die Konkurrenz – die Kulturfüchsin muss es leider doch noch erwähnen – in Form von Netflix (seit Februar steht hier die lang ersehnte zweite Staffel von Altered Carbon zum Ansehen bereit) und dem soeben in Österreich gestarteten Disney Chanel nicht schläft.

https://artsandculture.google.com/
www.khm.at
https://insidebruegel.net
http://closertovaneyck.kikirpa.be
https://digital.belvedere.at
https://fraueninbewegung.onb.ac.at/
https://onb.digital/search
www.mediathek.at
www.europeana.eu
https://www.flimmit.com
https://www.filmarchiv.at
https://www.burgtheater.at
http://aktionstheater.at
https://schuberttheater.at
Zum Stream Kosmostheater: nachtkritik

Geschrieben von Sandra Schäfer