Schier schleierhaft war es dem 1898 in Leeuwarden, in der Provinz Friesland, geborenen Maurits Cornelis Escher, was diese jungen Leute, die da im Drogenrausch ausgelassen tanzen mit seinen kopflastigen, logischen und strukturierten Bildern anfangen können. In fluoreszierenden Drucken auf den Markt gebracht, hatten diese bei der Hippiebewegung eingeschlagen wie eine Bombe. Auch „Crosby Stills Nash & Young“-Sänger Graham Nash griff persönlich zum Telefon, um den Künstler seine Referenz zu erweisen. Er sei Mathematiker lautete dessen ernüchternde Antwort auf die hervorgebrachte Begeisterung für seine Kunst.

Auch wenn Escher sich selbst als zu „blöd“ bezeichnete, um sein Leben als Wissenschaftler zu verbringen, so verließ er spätestens mit seiner konsequenten Zuwendung zu geometrischen Formen in den 30er-Jahren den Bereich der davor eingeschlagenen künstlerischen Laufbahn – vor allem mit seinen Holzschnitten zu landschaftlichen Motiven hatte er sich als Künstler erste öffentliche Wertschätzung erarbeiten können. Ein Besuch in der Alhambra, wo er mit der arabischen Ornamentik des wiederkehrenden Motivs Bekanntschaft machte, sollte ihm jedoch zur Initialzündung werden. Fortan war er besessen von der Suche nach der bestmöglichen Darstellung der Unendlichkeit.

Von der Fläche in die Unendlichkeit

Eine Suche, die der niederländische Regisseur Robin Lutz mit seinem Film „M.C. Escher – Reise in die Unendlichkeit“ auf die Leinwand bannte. Zu Wort kommt Escher selbst. Anhand von Briefen, Tagebuchaufzeichnungen, Notizen und Vorträgen – eingesprochen von Stephen Fry in der englischen und Matthias Brandt in der deutschen Fassung – wird der Zuschauer von Entwicklungsschritt zu Entwicklungsschritt geleitet. Vor dem italienischen Faschismus flüchtend kehrt M. C. Escher, der mit seiner Familie zehn Jahre in der Nähe von Rom lebte, Italien den Rücken. Auch die Deportation seines ehemaligen Lehrers Samuel Jessurun de Mesquita ins Konzentrationslager Auschwitz stürzt ihn in eine Krise. Im Exil ohne die Möglichkeit zu Reisen sucht und findet er Inspiration im Inneren. Ein Buch von seinem Bruder, einem Geologen, macht ihn mit den Strukturen von Kristallen vertraut. Escher versinkt zunehmend in seiner Gedankenwelt, während in Europa die Barbarei um sich greift. Sein Ziel: Kompositionen, die konfrontiert mit der Limitiertheit der Fläche, Endlosigkeit zum Ausdruck bringen sollen. In seinen Werken beschäftigt er sich mit optischen Täuschungen, unmöglichen Figuren – wie die Penrose-Treppe – Spiegelungen, optischen Verzerrungen und Möbiusschleifen.

Während er in Amerika bereits mit früheren Werken Aufmerksamkeit erregte, gelingt ihm der endgültige Durchbruch in Europa erst 1954, als seine Arbeiten in einer ersten großen Einzelausstellung im Stedelijk Museumin in Amsterdam im Rahmen eines zur gleichen Zeit abgehaltenen Mathematiker-Kongresses ausgestellt werden. Der dahinterstehenden Vision könnten seine Bilder – trotz des großen Erfolgs – nicht gerecht werden, so Escher. Während andere nach Perfektion streben, suche er das Wunder. Ein zweites Leben könnte er mit meinem Werk füllen, lässt Robin Lutz Escher zum Schluss bekennen. Auch wenn dies dem Künstler wohl nicht vergönnt war – Bühnenbildner, Straßenkünstler, Musiker und Bodypainter adaptieren bis heute sein Schaffen. Mit viel Gespür belebt auch Regisseur Robin Lutz mittels Animationen die Bilder dieses Visionärs. Das Ergebnis: ein Film ebenso poetisch wie lehrreich.

M.C. Escher – Reise in die Unendlichkeit: Ein Film von Robin Lutz. NL 2018. 81 min

Kinostart: 18. Oktober 2019

Geschrieben von Sandra Schäfer