Das Schlagen eines Astes an die Fensterscheibe, die Schritte des Nachbarn, eine rinnende Klospülung – was Erwachsenen ob ausgeprägter Geräuschempfindlichkeit oft nervig ist, kann für die Kleinsten mitunter unheimlich werden. Denn nicht immer lassen sich die Geräusche ihren (Ver)Ursache(r)n zuordnen – die Angst erwacht. Und diese macht nicht nur schlaflos, sondern gebiert zudem auch noch die seltsamsten Ungeheuer. Zu sehen (und vor allem zu hören) ist eine kleine Auswahl davon – noch bis Donnerstag – auf der Bühne des Kinder- und Jugendtheaters „Dschungel Wien“. Fürchten muss man sich bei derartiger unheimlicher Präsenz trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil – die aus Alltagsgegenständen zusammengebastelten Wesen der Nacht der slowenischen Puppentheaterproduktion laden zum gemeinsamen Musizieren ein. Als Bühne fungiert das Kinderzimmer der kleinen Tonka. Umgeben von Spielsachen und angesammeltem „Gerümpel“ unternimmt das Mädchen mit Hilfe ihrer Phantasie den Versuch, sich den unheimlichen Geräuschen zu stellen. Ihre übermächtige Gegnerin ist „Kakophonia“ – ein mystisches Wesen, das – so lautet das slowenische Märchen – seit Beginn der Zeit die Klänge der Welt in sich verwahrt und diese unter Tage auf die Erde schüttelt. Doch auch in der Nacht entschlüpft so manches Geräusch und wandelt als Nachtfalter auf der Erde umher.

Von dieser Gutenachtgeschichte ihrer (sehr müden) Mutter inspiriert werden nicht nur die als Nachtfalter bezeichneten Geräusch-Wesen zu sichtbaren Musikern, sondern auch Kakophonia „in Person“ betritt schließlich als Mutter aller Klänge Tonkas das Zimmer. Zunächst über die Aneignung „ihrer“ Geräusche empört machen sie letztendlich die Welt gemeinsam zu einer Symphonie der Klänge. „Wir werden dich nicht mehr fürchten, wir werden gemeinsam Musik machen“ – heißt eine der Strophen. „Die Welt ist ein großes Orchester, in dem jede/r seine Musik spielen kann“, lautet eine andere.

Das ist zweifelsohne eine schöne Botschaft – vor allem aber eine „Hymne“ an die Musik. Diese rückt von ihrer im Theater zumeist üblichen Rolle das Geschehen im Hintergrund zu vertonen in den Mittelpunkt. Erst war der Klang – dann die Geschichte. Erst das Konzert, dann der Applaus – dieser kam verdient (mit rockiger Abschlussnummer als Highlight) von jung und alt nach 45 Minuten.

Nachtfalter
Eine musikalische Reise durch die Nacht
Für Kinder (und Erwachsene) ab 5 Jahren
Weitere Termine: 11. bis 13. Februar 2020

Dschungel Wien
Theaterhaus für junges Publikum
Museumsquartier
Museumsplatz 1
1070 Wien
www.dschungelwien.at

Geschrieben von Sandra Schäfer