Der Bassist und Komponist Oliver Steger, vor allem durch seine Mitwirkung bei „Café Drechsler“ bekannt, hat eine neue Band gegründet. Olive Grove verbindet auf Ihrem Debüt „r“ gekonnt Contemporary Songwriting und zeitgenössische Grooves mit den Improvisationen des Jazz.

Oliver, du bist in der Musik-Branche sozusagen schon ein „Alter Hase“ mit viel Erfahrung und internationalen Konzerten mit Bands wie zum Beispiel „Café Drechsler“. Was reizt dich daran mit deinem neuen Projekt, Olive Grove, eine neue Konstellation mit jungen MusikerInnen wie zum Beispiel der Sängerin Franziska Katzlinger auszuprobieren? 

Da sind unglaublich talentierte, respektvolle und motivierte Leute am Werk, die sich gerne auf meine Musik und das Projekt eingelassen haben. Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund für die Auswahl der Besetzung. Der erste persönliche Kontakt fand bei anderen Jobs vor der Einladung zu Olive Grove statt, und mit diesen Erfahrungen habe ich dann die MusikerInnen ausgewählt. Ich finde es sehr inspirierend mit dieser Band zu spielen,

Wie entstand der Kontakt zur Sängerin Franziska Katzlinger?  

Franziska studiert an dem Konservatorium wo ich unterrichte, einer meiner Studenten hat sie mir vorgestellt. Wir haben zusammen gejammt und mit einer anderen Formation konzertiert. So konnten wir uns in einem Arbeitsprozess kennenlernen. Diese positive Erfahrung gab mir die Bestätigung Franziska zu dem Albumprojekt einzuladen.

Wie entstehen beim Projekt Olive Grove neue Songs? 

Franziska schreibt die Texte zu den Songs mit Lyrics, dazu habe ich die Musik gemacht, teilweise auch die Melodien. Ich komme also mit einem (relativ) fertigen Stück zu ihr und lade sie ein, einen Text zu schreiben. Meist gebe ich auch die Thematik vor. Franziska schaut dann, ob ihr die Melodien liegen, und schreibt diese bei Bedarf noch etwas um. Die instrumentalen Stücke schreibe ich komplett selbst.

Im Pressetext zu eurem Album „r“ kann man von „unterschiedliche Klangwelten und Spielkonzepten, die in eure Songs Eingang finden“ lesen. Was ist da genau gemeint?

In der Popmusik oder im Songwriting Genre gibt es kaum mehr Platz für Improvisationen. Im Jazz gibt es kaum mehr Platz für Songsstrukturen. Ich finde das sehr schade und ich finde es auch bedauerlich, dass eine gewisse Art von Sound Ästhetik in Österreich kaum Beachtung findet, zum Beispiel Songwriter wie Joe Henry, die mit Jazzmusikern und eigenwilligen Klangkonzepten produzieren. Ich versuche mit meiner Musik einen eigenen Weg zu gehen und lasse mich gerne von solchen Leuten inspirieren. Es entspricht meiner Ausdrucksform und berührt mich: Grooves, farbenfrohe Harmonien, coole Melodien und Improvisationen, die sich über Songstrukturen bewegen.

Wie habt ihr das in die Songs auf eurem Debüt einfließen lassen?

Wir verwenden alle diese Elemente mit Olive Grove. Wir spielen mit den Songstrukturen und modalen Soloteilen, die die Strukturen wiederum aufbrechen. Außerdem gibt es mit Fender Rhodes und Kontrabass eine eher untypische Klangfarbe für diese Musik. Diese finde ich wiederum äußerst ansprechend: weich, warm, ein bisschen 70iger, aber mit Kontrabass und Gesang.

Das Album wurde sehr dynamisch gemischt und gemastert, man kann das unschwer an der Masterlautstärke erkennen. Viele Produktionen werden für Handy- und PC-Lautsprecher produziert, hierbei geht vieles an Dynamik und Klang verloren. Unser Album „r“ geht produktionstechnisch bewusst in eine andere Richtung.

Zu dem Song „When we´re free“ gibts ein feines Video? Bitte erzähle etwas über Konzeption und Umsetzung des Videos? 

Das Video ist im Aufnahmestudio am Ende nach den Recording-Sessions entstanden. Ich habe einfach einen Tag länger gebucht, um diese Location für Video, Fotos und ein paar weitere Produktionsschritte zu nutzen. Der Fotograf und Videomann Mili Badic hatte Gelegenheit uns sowohl in den Einzelkabinen als auch im großen Aufnahmeraum zu shooten. Das funktioniert mit Mili sehr gut, weil er der Typ dafür ist, er arbeitet ruhig und unaufgeregt. Die Band kann ungestört spielen, alles geht natürlich von der Hand. Diese Stimmung wollten wir einfangen: Live Video im Studio, ein „making of“, quasi.

Im Video spielst du einen wunderschönen alten Kontrabass mit tollem Klang. Gibt es zu dem Bass eine besondere Geschichte beziehungsweise Anekdote?

Ich habe diesen Bass vor 30 Jahren von einem Kollegen erworben. Diesen Kontakt bekam ich von meinem damaligen klassischen Lehrer. Ein alter Kontrabass nach Wiener Bauart, circa 300 Jahre alt – aber genau weiß man das nicht, es gibt keinen Zettel im Instrument und man weiß auch nicht wer ihn gebaut hat. Trotzdem ist es ein unglaubliches Instrument: klanglich sehr ausgewogen und dieser Bass klingt auch verstärkt sehr schön. Ich war einmal mit „Café Drechsler“ in Frankfurt auf Tour und konnte beobachten, wie der Bass samt Flightcase ungebremst aus dem Flugzeugladeraum geworfen wurde. Wie durch ein Wunder ist er heil geblieben, aber seit diesem Erlebnis fliege ich nur mehr mit einem elektrischen Kontrabass auf Tour.

Oliver, Du hast schon viele Konzerte, auch international, gegeben. Welche Konzerte sind dir davon besonders in Erinnerung geblieben? 

Die großen Festivals in Mexiko, Katar und Südkorea mit „Café Drechsler“ waren immer besonders. Außerdem die Wiedereröffnung vom „Jazzfestival Saalfelden“ 2006 mit Lorenz Raab. Und auch das Olive Grove Debütkonzert im „Porgy & Bass“ im April 2022.

Was war bei dir der Auslöser, um Musik zu machen? 

Das Album „The Wall“ von Pink Floyd, ein Geschenk meiner Mutter als ich zwölf Jahre alt war. Damals beschloss ich im stillen Kämmerchen Musiker zu werden. Umgesetzt habe ich es erst zehn Jahre später.

CD- Tip
Olive Grove – „r“ (Crackend Anegg Records, 2022)

www.oliversteger.com

Oliver Steger spielt Kontrabass und E-Bass und ist Komponist. Er ist seit 1997 als freischaffender Musiker in unterschiedlichen Formationen tätig. Als Bassist der Nu-Jazz Band „Café Drechsler“ gelang ihm 2002 mit dem Erfolg des gleichnamigen Debütalbums (erschienen bei Universal Music) der Sprung auf internationale Konzertbühnen. 2005 erhält „Café Drechsler“ den „Amadeus Award“ für das Album „Radio Snacks“. Mit Olive Grove veröffentlichte er Ende September das Debütalbum „r“. Olive Grove besteht aus: Franziska Kitzliger (Vocals, Texte), Lukas Leitner (Fender Rhodes), Raphael Kuschlig (Drums), Oliver Steger (Bass, Komposition). Als Gäste sind Lorenz Raab (Flügelhorn) und Niko Afentulidis (Sopran & Tenorsaxophon) zu hören

Titelbild: Olive Grove © Mili Badic

Geschrieben von Robert Fischer