Christian, wie und wo hast du den Gitarristen Diknu Schneeeberger kennengelernt?

Christian Bakanic: Ich war begeistert, als ich vor einigen Jahren Diknu mit seinem damaligen Trio im Radio gehört habe und wollte unbedingt mit ihm spielen. Deshalb habe ich Friedl Preisl, den Veranstalter vom Akkordeonfestival in Wien, gefragt, ob er nicht ein „Diknu Schneeberger Trio feat. Christian Bakanic“ – Konzert organisieren will. Friedl sagte ja, Diknu war auch angetan von der Idee und so entstand unsere musikalische Freundschaft.

Diknu, nach welchen Aspekten suchst du Künstler aus, mit denen du gemeinsame Projekte realisieren möchtest?

Diknu Schneeberger: Einerseits soll es menschlich passen. Ein Projekt oder eine Band ist etwas Intimes. Für mich ist das wie eine Familie oder eine Ehe. Projekte, wo man sich ab und zu sieht, spielt um Geld zu verdienen und sich ansonsten möglichst nicht zu nahe kommt, um Reibereien oder Konflikte zu vermeiden, sind nichts für mich. In einer Band sollte es Musiker geben, die auf natürlicher Weise durch eigene Stärken die Schwächen der anderen ergänzen. Ich habe hohe Ansprüche, daher müssen meine Bandmitglieder auch in dieser Hinsicht mit mir übereinstimmen.

Der andere Punkt ist die Musikalität und die musikalische Vorstellung. Das Niveau sollte passen und die Mitmusiker sollten bereit sein sich zu hinterfragen und besser werden zu wollen. Ich finde, dass wir im Schneeberger-Bakanic Quartett in dieser Hinsicht gute Fortschritte erzielt haben, da alle offen sind und sich weiterentwickeln wollen. Ich glaube an Schicksalsverbindungen. Soll heißen, ich denke dass es einen übergeordneten Plan für mich gibt. Und diesem möchte ich folgen.

Habt ihr für das neue Album „Avanti, Avanti“ auch Stücke gemeinsam komponiert?

Christian Bakanic: Nein. Diknu hat für die Aufnahmen im Studio fünf Stücke mitgebracht und ich auch. Es wird dann alles von der Band gemeinsam arrangiert, da bringen sich dann Julian Wohlmuth (Rhythmusgitarre) und Martin Heinzle (Kontrabass) sehr stark ein. Diese Art von etwas gemeinsam zu erarbeiten ist dann für mich eine „Art“ von Komponieren oder eben Arrangieren. Das Grundgerüst der Stücke für dieses Album stammt aber immer von Diknu oder mir

Was hat dich zu den Stücken der CD inspiriert? Was hat dich beispielsweise zu der tollen Melodie von „Yuna“ angeregt?

Diknu Schneeberger: Ursprünglich habe ich das Lied für mein Gitarrenduo mit Alexander Sieber verfasst. Ich wollte eine Geschichte erzählen. Die Hauptmelodie ist mir eingefallen, als meine Tochter Yuna in meinem Arm lag und ich sie mit einem Lied beruhigen wollte. An dieser Nummer habe ich später sehr lange gearbeitet. Ich habe vieles ausprobiert und vieles wieder fallen gelassen. Als der Studio-Termin näher gerückt ist, habe ich von „Yuna“ schnell für eine Quartett Fassung vorbereitet. Wir haben es geprobt und dann gleich aufgenommen.

„Abundancia“ entstand 2018 oder 2019 bei einem Soundcheck mit meinem alten Trio, wo unter anderem mein Vater Joschi Schneeberger am Bass mit dabei war. Zuerst war es nur eine Idee, die ich mit dem Smartphone festgehalten habe. Kurz bevor wir mit dem Quartett ins Studio gingen, wollte ich unbedingt neue Stücke von mir präsentieren, da ich eine andere Seite von mir als Komponist auf der CD zeigen wollte. Das Lied hatte den Arbeitstitel „Vollendung“, da ich durch die Praxis von Falun Gong (eine Meditationspraxis, die in China von der Regierung verboten wurde, Anm. d. Red.) mit diesem Begriff oft in Berührung komme. Zusätzlich sind Einflüsse von Johann Sebastian Bach, Michael Jackson und Flamenco auf dem Track zu hören. Es war ein schönes Gefühl „Abundancia“ zu schreiben, da es dabei mehr um die Gesamtkomposition ging und nicht mehr, wie üblich um Improvisationen.

Christian, wie entstehen bei dir neue Kompositionen?

Christian Bakanic: Da gibt es viele Möglichkeiten: Manchmal fällt mir eine Melodie beim Zugfahren, beim Einkaufen oder auch beim Üben ein. Oder oft auch eine Akkordfolge oder einen Rhythmus, den ich spannend finde. Inspirieren können mich zum Beispiel auch liebe Menschen wie meine Kinder, Stimmungen, Musik sowie Kunst.

Was verbindest du mit dem Akkordeon? Das steirische Akkordeon ist ja eigentlich ein Instrument, das aus der Volksmusik kommt.

Christian Bakanic: Das Akkordeon ist mein erstes Instrument. Da hat sich einiges getan im Instrumentenbau. Der Klang der „Steirischen“ ist nicht mehr so grob, aber immer noch so speziell und unmittelbar, dass er direkt ins Herz geht. Im Stück „Pannonia“ beschreibe ich die Landschaft, aus der ich komme. Die Alpenausläufer, dann sieht man von dem Hügel, auf dem ich aufgewachsen bin, auf die pannonische Tiefebene bis nach Ungarn. Und ich finde, das hat eine spezielle Stimmung, die, wie ich glaube, ganz gut eingefangen ist: Warme Akkorde, warmer Sommer, ein bisschen die Kühle der Alpen noch im Rücken – das ist für mich Pannonia.

Diknu, welche Gitarre(n) hast du für das Album verwendet? Was für Aspekte sind dir bei einem neuen Instrument wichtig?

Diknu Schneeberger: Auf dem Album „Avanti avanti“ habe ich eine „Selmer #503 Replica“ von Jean Barault und eine Gypsy Jazz-Gitarre von Jürgen Volkert verwendet. Ich lasse mich von meinen Gitarren unterrichten. Sie lernen mir wie ich mit den jeweiligen Tonmöglichkeiten am besten umgehe. Als ich die „Selmer Replica“ zum ersten Mal in der Hand hatte, wusste ich, dass ich mich erst an sie gewöhnen muss, da sie anders ist als meine Gypsy Jazz-Gitarre von Jürgen Volkert. Nachdem ich mich auf eine Gitarre vollkommen eingelassen habe und sie zum Klingen bringen kann, erziele ich dadurch zwei Vorteile: Zum einem klinge ich mit der Zeit auf meinen jeweiligen Instrumenten immer besser. Sound ist mir sehr viel wert, denn ohne einen ordentlichen Sound kann ich meine musikalische Vorstellung nicht so gut zum Ausdruck bringen. Ich denke, ab einem gewissen Niveau geht es immer stärker um den Ausdruck in der Musik. Die klassische Musik ist ein gutes Beispiel dafür.

Was ist der Vorteil, wenn man bei Studioaufnahmen oder Live-Auftritten mit verschiedenen Gitarren arbeitet?

Diknu Schneeberger: Ich lerne durch die unterschiedlichen Gitarren ein besserer Musiker zu werden. Jede der beiden Instrumente hat ein unterschiedliches Potential. Dadurch werde ich als Musiker bereichert. Denn meine Erfahrung zeigt, dass ich diese Informationen, Gefühle und Schwingungen am eigenem Körper und Geist erlebe und erfahre. Sie werden also zu einem Teil von mir selbst. Daher investiere ich gerne in Gitarren, weil ich als Musiker lernen und wachsen kann. In der Musik setze ich gerne auf Nachhaltigkeit.

Wie lauten deine künstlerischen Zukunftspläne?

Diknu Schneeberger: Komponieren. Ein besserer Interpret werden. Menschen noch tiefer berühren. Ich will meine Zuhörer ein Gefühl schenken, dass sie vorher vielleicht noch nicht in dieser Art und Weise erlebt haben. Ich finde es toll, wenn nach dem Konzert die Menschen zu mir kommen und sagen, dass sie tief berührt wurden. Manche erzählen auch dass sie weinen mussten. Ich denke, dass Musik eine Kraft hat. Ich arbeite täglich hart an mir. Ich arbeite auch intensiv mit meinen Bandmitgliedern. Ich möchte weiterhin auf Werte wie Barmherzigkeit, Wahrhaftigkeit und Toleranz bauen und diese in meine Musik und in mich als Musiker einfließen lassen. Das ist mein Plan.

Vielen Dank für das Gespräch!

Im September 2023 veröffentlichen die beiden Musiker als Schneeberger-Bakanic Quartett, zu dem auch Julian Wohlmut (Rhythmusgitarre) und Martin Heinzle (Kontrabass) gehören, mit „Avanti, Avanti“ (Preiser Records) erstmals ein gemeinsames Album und gehen damit auf Österreich-Tournee.

Live-Auftritt im Radiokulturhaus Wien
29. November 2023, 19.30 Uhr
Diknu Schneeberger ist der Sohn des Jazz-Bassisten Joschi Schneeberger. Nach wenigen Monaten Gitarrenunterricht hatte er im Juni 2004 seinen ersten öffentlichen Auftritt; im Oktober 2004 spielte er bereits seine erste CD mit dem Joschi Schneeberger Quintett ein. 2006 erhielt er den „Hans-Koller-Preis“ als Talent des Jahres. Mit seinem 2007 erschienenen Debütalbum "Rubina" sorgte der damals erst 17-jährige Wiener Gitarrist für Furore. Bald konzertierte er mit seinem Trio auf internationalen Bühnen. Es folgten die Alben "The Spirit Of Django" und "Friends", zuletzt wurde 2020 mit neuer Trio-Besetzung das Live-Album „Live from Porgy & Bess“ veröffentlicht. https://diknuschneeberger.com/

Christian Bakanic erhielt im Alter von sieben Jahren seinen ersten Musikunterricht. Seit 1994 lebt er in Graz, wo er 1999 am Musikgymnasium Dreihackengasse die Hochschulreife absolvierte. Zunächst studierte er am Johann-Joseph-Fux-Konservatorium, wo er das Diplom für „Lehrer für Volksmusikinstrumente“ erhielt. Er setzte seine Instrumentalstudien an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz bei Janne Rättyä, James Crabb und Geir Draugsvoll fort. Bakanic spielte zahlreiche Konzerte als Solist und in Ensembles der Neuen Volksmusik wie Folksmilch, Beefolk oder seinem eigenen Trio Infernal, mit denen er auch Alben veröffentlichte. Zudem trat er in Europa, Asien und Südamerika live auf und arbeitete mit Musikern wie Wolfgang Muthspiel, Klaus Johns, Miguel Herz-Kestranek, Josef Pichler, Alex Deutsch, Markus Schirmer, Gwilym Simcock, Wolfgang Puschnig, Diknu Schneeberger und Jon Sass. In den letzten Jahren wirkte Bakanic auch als Komponist; er schrieb Kompositionen in den Bereichen Jazz, Folk und Neue Musik und fürs Theater.
https://www.christianbakanic.com/

Titelbild: v.li.n.re. Julian Wohlmuth, Martin Heinzle, Dinku Schneeberger und Christian Bankanic © Julia Wesely

Geschrieben von Robert Fischer