Elektronische Klänge und Metalsound treffen auf gewalt(tät)ige Bilderorgie: der österreichische Experimentarfilmer Norbert Pfaffenbichler spielt in „2551.01″ auf absurd lustvolle Weise mit vertrauten Sehgewohnheiten. Vom Musikvideo über Klassiker des Science-Fiction-Films bis hin zum Slasher-Movie schält sich in diesem experimentellen Science-Fiction-Horror-Trip so manche Reminiszenz an die Filmgeschichte aus meisterhaft inszenierter Stummfilmoptik. Dass dabei auch der eine oder andere Slapstick-Moment auf der Bildoberfläche erscheint, macht diesen wilden, der Ästhetik des Grässlichen frönenden, und von Pfaffenbichler selbst als „dystopischen Slapstickfilm“ bezeichneten Bilderreigen erst so richtig komplett. Im Mittelpunkt seiner bildgewaltigen Low-Budget-Produktion steht die Beziehung eines Mannes mit Affenmaske (oder ist es doch sein Gesicht ?) zu einem Kind, welches dieser bei einer Straßenschlacht aus dem Zugriffsbereich einer (in Weiß gewandeten) Schlägergruppe rettet. Als Vertreter einer offenkundig gewaltvoll durchgesetzten Ordnung schrecken die Uniformierten auch vor Experimenten mit den Andersartigen nicht zurück. Ausgestoßen vegetieren diese in einem unterirdischen Kanalsystem in furchtbarer Armut (durch die durchwegs maskierten großteils Laien-Schauspieler ins Groteske gesteigert) dahin. Nicht selten fühlt man sich bei derlei Aufnahmen an Fotografien aus der Wende des 19. Jahrhunderts erinnert, als Journalisten wie Emil Kläger gemeinsam mit Fotografen wie Hermann Drawe das Elend der Ärmsten der Armen porträtierten. Pfaffenbichler verweist jedoch auf einen anderen Chronisten des sozialen Elends – Charlie Chaplin. „The Kid“ nennt er die erste Episode seiner als Trilogie angelegten Odyssee in der Unterwelt, in der sich trotz aller Grausamkeiten auch die Liebe – wenn gleich als bedrohtes – Pflänzchen entfalten kann, was „2551.01“ zu guter Letzt zu einem im wahrsten Sinn schrecklich herzerwärmenden Film macht.

Folk-Horror-Schwerpunkt

Entlegene ländliche Regionen, denen etwas Unheimliches anhaftet, bewohnt von Menschen, die seltsamen Wesen huldigen, stehen hingegen im Mittelpunkt der von Kier-La Janisse kuratierten nach ihrer gleichnamigen Doku benannten Filmreihe „Woodlands Dark and Days Bewitched“. Kier-La Janisse ist Filmautorin und Gründerin des kanadischen „Miskatonic Institute of Horror Studies“ und gilt zudem als Expertin des Horror-Subgenres Folk Horror. Für die slash-Filmschau hat sie über ein Dutzend Arbeiten ausgewählt. Gezeigt werden unter anderem Klassiker wie Piers Haggards „The Blood on Satan’s Claw“ und Robin Hardys „The Wicker Man“ aus den frühen 70er-Jahren, aber auch die eine oder andere Perle aus dem ehemaligen Jugoslawien („The She-Butterfly“) oder der Tschechoslowakei („Witchhammer“) Kino. Ergänzt wird der Rückblick durch aktuelle Produktionen wie beispielsweise Jaco Bouwers „Gaia“.

Ausgewählte Highlights

Insgesamt stehen auch dieses Jahr wieder rund 55 Langfilme und 35 Kurzfilme auf dem Festival-Programm. Neben hochkarätigen Wettbewerbsbeiträgen – darunter beispielsweise das Langfilmdebüt des französischen Regie-Brüderpaars Ludovic und Zoran Boukherma „Teddy“ sowie Rob Jabbaz’ Zombie-Thriller „The Sadness“ – freut sich slash heuer besonders den diesjährigen Gewinner des Cannes-Filmfestival als Eröffnungsfilm erstmals in Wien zeigen zu können. „Titane“ ist der erst zweite Film seit Beginn des renommierten Festivals, bei dem eine Regisseurin die goldene Palme mit nachhause nehmen konnte. Julia Ducournaus‘ als Body Horror kategorisierter Film erzählt von einer mörderischen jungen Frau mit einer Titanplatte im Kopf und spielt dabei mit allerlei Klischees von Männlichkeit und Weiblichkeit. Als „Traktat zu Identität und Geschlecht, Mechanik und Fleisch, visionäre Provokation, unterspült von unerwarteter Zärtlichkeit, so profund wie vulgär“, wie es im Programm heißt.

Zu den weiteren Highlights, die heuer von 23. September bis 3. Oktober in vier ausgewählten Wiener Kinos über die Leinwand flimmern werden, zählen zudem unter anderem das Langfilmdebüt des isländischen Regisseurs Valdimar Jóhannsson „Lamb“ mit Noomi Rapace in der Hauptrolle (Abschlussfilm), Josh Rubens „Werewolves Within“ sowie Phil Tippetts Animationsfilm „Mad God“. Ebenfalls in Wien – zumindest via Leinwand – erneut zu Gast sein wird Schauspiellegende Nicolas Cage, der in Sion Sonos „Prisoners Of The Ghostland“ die Hauptrolle spielt. Ausstellungen und Performances ergänzen auch dieses Jahr wieder das Programm.

slash Festival des fantastischen Films
23. September bis 03. Oktober
Filmcasino, METRO Kinokulturhaus, Schikaneder, Stadtkino
https://slashfilmfestival.com

Geschrieben von Sandra Schäfer