Nahe bei Wien im Jänner 1889: Kronprinz Rudolf erlegt in den Donau-Auen ein Seeadler-Paar. Mayerling nur wenige Tage später: der Thronfolger schießt seiner Geliebten Mary Vetsera und sich selbst in den Kopf. Über 130 Jahre nach dem Ereignis geistert das vermeintliche Liebespaar immer noch in den Köpfen der Menschen umher. Was geschah wirklich in Mayerling? In der aktuellen Produktion des Schubert Theaters dürfen sich Rudolf und Mary noch einmal (in Form von Puppen) materialisieren – neue Erkenntnisse werden auch hier nicht geliefert, beste Unterhaltung dafür allemal. Beispielsweise wenn Mary Vetsera erneut ihr poetisch-gruseliges „Liebeslied’l“ (die Uraufführung war bereits im vergangenen Februar über die Bühne des Schubert Theaters gegangen) anstimmt oder die Würstelverkäuferin Resi Resch (Manuela Linshalm) nur schwer etwas mit Rudolfs Trauerg‘spiel anfangen kann. Zur Aufheiterung gibt’s – auch fürs Publikum – „Kaiserkrainer“. Den 0-Kalorien-Sisi-Salat muss man sich allerdings imaginieren. Die österreichische Kaiserin mit der vermutlich schmalsten Taile, die sich je eine Herrscherin zusammenschnürte, legt wenig später mit ihrem Angetrauten Franz Josef I. einen denkwürdigen Auftritt hin. In freier Wildbahn, genauer im Gebüsch seitlich des Narrenturms, machen die beiden eine betont gute Figur. Sisi als in die Jahre gekommene Ente und Franz Josef röhrend reflektieren und resümieren die beiden über ihren revoltierenden Sohn. Es kann ohne Übertreibung festgestellt werden, eine bessere Darstellung Franz Josefs hat man noch nicht gesehen. Majestätsbeleidigung? Vermutlich! Doch wen interessiert‘s: denn wie heißt es gegen Ende zur Melodie von Rainhart Fendrichs „I am from Austria“ – „Ich scheiß auf Habsburga“.

Nachgekommen ist über die Jahre so einiges besseres, dazwischen auch Furchtbares. Gerade nach dem Zweiten Weltkrieg musste das Kaisergeschlecht herhalten ein kitschig, süßliches und vor allem – angesichts des nach dem Zweiten Weltkriegs noch in den Gliedern sitzenden Schreckens – harmloses Österreichbild zu evozieren. 126 Jahre nach Ende der Monarchie darf festgestellt werden: Puppe sein steht den Habsburgern ausgezeichnet.

Spaziergang für die Figur IV: Habsburger-Narrisch
Mit Soffi Povo, Markus-Peter Gössler und Manuela Linshalm
Weitere Termine: 16. Juni (11:00 + 15:00 Uhr), 22. Juni (16:00 Uhr), 23. Juni (15:00 Uhr), 29. Juni (16:00 Uhr) und 30. Juni (11:00 Uhr)

Schubert Theater
Währinger Str. 46
1090 Wien
www.schuberttheater.at

Es habsburgert außerdem in Litschau: Am 16. und 18. August gastiert das Schubert Theater mit dem ersten Teil der Habsburger-Trilogie im Waldviertel am Hin&Weg-Theaterfestival.
Am 17. August wird mit der Figur spazieren gegangen.

Titelbild: Sparziergang für die Figur IV © Julie Dadsetán

Geschrieben von Sandra Schäfer