Nach Songs der Soul-Legende Etta James habt ihr euch erstmals an eigenes Material gewagt. Seit wann gibt es die „Viennese Ladies“ und wie war euer Weg vom Etta-James-Programm zum ersten Album?

Das erste Konzert der „Viennese Ladies“ ist am 20. März 2017 über die Bühne gegangen. Bereits zuvor gab es die Band „Etta´s Club“ von meiner Kollegin „Sü-Vaal“ (Silvia Glauder – unter anderem auch bekannt als Sängerin von Drahdiwaberl, Anm. d. Red.), mit der ich gemeinsam unter anderem in der 80er Jahre Frauen-Punkband „Laufmasche“ gespielt habe. Betty Semper und ich waren Sängerinnen bei „Etta´s Club“. Etta James war selbst keine Komponistin, aber eine geniale Interpretin von Fremdmaterial. Sie hat einige großartige Arrangements gemacht, die in Folge von anderen Stars übernommen wurden, wie zum Beispiel „You can leave your hat on“ – später ein großer Hit für Joe Cocker. Auch das Arrangement für „Piece of my heart“, das man auf ewig mit Janis Joplin verbindet, stammt im Original von Etta James. In der Anfangszeit haben wir deshalb Etta James gespielt, weil ich keine Konzerte mit unterschiedlichen Covers spielen wollte. Später gab es einige Shows zum 50jährigen Jubiläum von Woodstock. Irgendwann ist mir aber klar geworden, dass wir ein eigenes Programm beziehungsweise eigene Songs brauchen, wenn die „Viennese Ladies“ als eigenständige Künstlerinnen wahrgenommen werden wollen.

Du hast bei den „Viennese Ladies“ angefangen bei Konzerten Bass zu spielen. Wie kam es dazu?

Sü-Vaal ist 2015 verstorben. Im ersten Moment wusste ich nicht, wie es musikalisch mit mir weiter geht. Also dachte ich mir, da ich jetzt Zeit habe, kaufe ich mir eine Bassgitarre und lerne Bass spielen. Zuerst habe ich mir eingebildet, ich werde das im Handumdrehen lernen, weil ich in meiner langjährigen Bühnenkarriere vielen Bassisten über die Schulter geschaut habe. So leicht war es dann doch nicht (schmunzelt). Aber ich bin auf einen sehr guten Lehrer für Bassgitarre aus Deutschland gestoßen, der kostenlose Online-Kurse angeboten hat. Irgendwann habe ich auch die ersten Kompositionen auf diesem Instrument gemacht. Trotzdem war das für mich zu jener Zeit eigentlich nur so eine Art Hobby. Eines Tages hat mich Wolfgang Windbacher, der Besitzer des „Reigen“ angerufen und gefragt, ob ich nicht im Rahmen des „Vienna Blues Spring-Festivals“ eine „Ladies-Session“ organisieren möchte. Ich habe zugesagt und gedacht, bei dieser Gelegenheit kann ich auch gleich Bass auf der Bühne spielen. Beim Auftritt waren einige Musikerinnen aus der Wiener Szene wie zum Beispiel die Schlagzeugerin Maria Petrova, die Gitarristin Katie Kern oder die Pianistin Olga Minski mit dabei. Das Konzert war gut besucht, die Session hat sehr gut funktioniert und wir hatten Spaß, so dass ich mir gesagt habe: Hey, wir machen weiter!

Das heißt, die Musikerinnen von dieser Session wurden direkt in die Band übernommen?

Nicht alle. Maria Petrova, die ich schon lange kenne, und Katie Kern haben sofort zugesagt. Später ist noch die Pianistin Philippine Duchâteau, mit der ich ebenfalls bereits seit über zwanzig Jahren bekannt bin, dazu gekommen. Betty Semper hat die von den Rounder Girls bekannte Sängerin Kim Cooper mitgebracht. So ist die Band stetig angewachsen.

Du hast unter anderem das Titelstück „Enlightenment“ und „You are so sweet“ komponiert. Hast du dafür bereits den Bass verwendet? Von wem stammen die anderen Stücke für euerem Debüt?

Beide Stücke habe ich am Bass komponiert. Dann gibt es noch den „Handbag Rag“, den ich am Klavier, meinem ursprünglichen Instrument, verfasst habe.
Für die 14 Kompositionen, die auf dem Album sind, hat fast jede Musikerin aus der Band etwas beigesteuert. Hervorheben möchte ich unter anderem die erste Single „Dance!“, die von unserer Harp-Spielerin Martina „Harpina“ Defant stammt. Es geht in dem Stück darum, dass die COVID-19-Pandemie vorbei ist, die Lebensfreude zurückkehrt und es wieder möglich ist andere Leute zu treffen, auf Konzerte zu gehen, zu tanzen und Spaß zu haben etc. Die Stücke „I got you girl“ und „He´s watching“, ein Gospel-Song, wurden von Loco verfasst, das ist das Pseudonym von Kim Cooper mit ihrem Kompositionspartner Anthony Löwstedt. Wir sind gerade sehr stolz auf Kim Cooper, weil ein Song von ihr auf dem aktuellen Album von US-Superstar Beyoncé gesampelt wurde und Kim dadurch gerade einen Grammy gewonnen hat! Weitere Songs stammen unter anderem von den Sängerinnen Meena Cryle und Betty Semper, und von Peter Roberts, einem Wiener Produzenten, der schon einige Jahre in L.A. lebt und mit dem ich befreundet bin. Zu Beginn hatte ich etwas Sorge, ob wir genug eigenes Material zusammenbringen würden, letztendlich sind so viel Songs entstanden, dass es für zwei Alben reichen würde.

Wie hat sich die Arbeit am Album beziehungsweise wie haben sich die Aufnahmen im Studio gestaltet?

Wir sind Ende 2020 in Horn in einem ehemaligen Kloster auf Band-Klausur gegangen, um an eigenen Stücken zu arbeiten. 2021 haben wir uns vier Tage im Reigen eingemietet, um die Songs weiterzuentwickeln. Im März 2022 folgte der Gang ins Studio von Andy Baum im 16. Bezirk. Gleich am ersten Tag erkrankten zwei Musikerinnen an COVID-19, trotzdem ist es uns gelungen die Basic-Tracks für das Album innerhalb von zwei Tagen einzuspielen. Leider sind uns dann allerdings noch weitere Erkrankungen dazwischengekommen, und so hat es letztlich bis Dezember 2022 gedauert, bis die Produktion fertig war.

Auf dem Cover des Albums sieht man alle zwölf „Viennese Ladies“ wie beim letzten Abendmahl von Leonardo Da Vinci an einer großen Tafel sitzen? Warum dieses Arrangement?

Ich wollte dieses Bild unbedingt als Statement dagegen, dass Frauen in der katholischen Kirche immer noch zu wenig Rechte haben, nachstellen. Das ist ein Zustand, der mich stört – da muss sich doch irgendwann einmal etwas verändern?! Auch Frauen sollten Priesterinnen werden beziehungsweise in der Kirche auch einen Platz haben und wichtige Ämter ausüben dürfen. Wann gibt es die erste Päpstin? Ich bin ein gläubiger Mensch, aber nicht unbedingt im herkömmlichen Sinn. Ich versuche jeden Tag ein besserer Mensch zu werden. Ich glaube, dies ist das Christlichste, was man tun kann.

Wie siehst du, aufgrund deiner langjährigen Erfahrung, den Umgang mit Frauen im Musikbusiness? Hat sich da in den letzten Jahren etwas zum Positiven verändert?

In punkto Live-Auftritte sehe ich eine sehr gute Entwicklung. Wir werden als Frauen bei unseren Gigs überall gut behandelt und respektiert, es gibt keine Probleme mit Tontechnikern oder anderen männlichen Kollegen in den Locations etc. Die Männer, die in der Branche arbeiten, sind es meiner Meinung nach mittlerweile gewohnt mit professionellen Musikerinnen zusammenzuarbeiten. Schwieriger ist es bei der Vermarktung. Ich habe den Eindruck, dass mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel Ina Regen, in Österreich immer noch hauptsächlich männliche Musiker Karriere machen und gepusht werden. Vor allem ist es auch so, dass in vielen wichtigen Positionen im Business immer noch vorrangig Männer arbeiten. Frauen haben da oft nur eine Nebenrolle, sollen kuschen und haben es schwer, sich in diesem von Männern geprägten System durchzusetzen.

Wie lauten die Zukunftspläne der Viennese Ladies“?

Wir würden nächstes Jahr gerne auf mehr Musik-Festivals spielen. 2022 hatten wir eine Einladung zu einem großen Festival in Verona, aber das ist sich leider aus Zeitgründen nicht ausgegangen. Wir würden uns auch darüber freuen, mehr in Deutschland aufzutreten.

Abschließend möchte ich dir noch die Frage stellen, welche drei Alben würdest du gerne auf eine einsame Insel mitnehmen?

Da würde ich was von den US-Musikern Anderson East und  Amos Lee mitnehmen. Und natürlich ein „Best Of“ von Etta James, am besten auf vier CD´s (schmunzelt)! 

Danke für das Gespräch!

Konzert-Tipp:
Viennese Ladies live
14. April 2023
Purkersdorf, Die Bühne (19 30h) „CD-Präsentation in Niederösterreich“

Zur Person:
Claudia K wurde in Kärnten geboren. Nach ihrem Umzug nach Wien kommt es zu ersten Live-Auftritten, sie beginnt eigene Songs zu schreiben und gründet in den frühen 1980er Jahren unter anderem die Bands „Laufmasche“, „Bad Sisters“ oder „Supervamp“. Claudia K hat mit ihren Kompositionen unter anderem einige Eistraum-Eröffnungen am Wiener Rathausplatz oder die Einweihung der Skisprungschanze am Bergisel in Innsbruck (2002) untermalt. 2017 gründete sie die „Viennese Ladies“. Zur aktuellen Besetzung gehören Betty Semper (Voc.), Kim Cooper (Voc.), Meena Cryle (Voc.), Aminata Seydi (Voc.), Anita „Niddl“ Stelzl (Voc.), Claudia K. (Bass, Voc.), Beate Reierman (Guit.), Philippine Duchateau (Piano), Harpina Defant (Mundharmonika), Maria Petrova (Drums), Silke Gert (Saxophon) und Daniela Lang (Trump.).
Das Debütalbum „Enlightenment“ wurde im Februar 2023 auf K. Music Records (Vertrieb: Hoanzl) veröffentlicht.

Homepage: https://www.vienneseladies.com/

Geschrieben von Robert Fischer