Wer sein Antlitz verhüllt, muss nicht immer etwas zu verbergen haben. Aktuelles Beispiel dafür ist die Corona-Maskerade, die landauf landab die Menschen im öffentlichen wie ebenso wirtschaftlichen Bereich zwingt zumindest einen teilweisen „Gesichtsschleier“ zu verwenden. Da geht es nicht darum, seine Physiognomie, den Ausdruck seines Gesichtes, hinter einem Tuch oder einer Papiertüte zu verstecken, sondern schlicht und einfach um die Bekämpfung eines gefährlichen Virus.

Viren – ständige Lebensbegleiter

So wie vieles andere, das das Leben der Menschheit seit jeher begleitet, ist auch das keineswegs neu. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass der homo erectus im Zuge der Heimsuchung von Seuchen jeder Art versucht hat, die ein- bzw. ausgeatmete Luft einer gefilterten Kontrolle zu unterziehen. Eines der Beispiele dafür ist die so genannte Pestmaske. Die Frage, ob und wie Schutzkleidung und Maske vor Ansteckung schützen können, ist so alt wie die Epidemien selbst. Nachdem die Pest seit dem 14. Jahrhundert die Bevölkerung Europas um mindestens ein Drittel dezimiert hatte, nahmen die Ärzte den Kampf in bizarrer Verkleidung auf. Anfang des 17. Jahrhunderts kamen die bodenlangen, dunklen Umhänge und Gesichtsmasken auf, aus denen überdimensionale Schnäbel herausragten.
Der ausgeprägte Gesichtsfortsatz war dabei nicht nur ein Abstandshalter, der den Arzt vor allzu großer Nähe zum Kranken schützen sollte. In ihn stopfte man Schwämme, die mit wohlriechenden Essenzen getränkt waren, mit dem Duft von Gewürznelken etwa oder mit Zimt. Denn die Pest, so meinte man damals, übertrage sich auch durch üble Luft, durch den „Pesthauch“ oder das „Miasma“. Genützt dürfte die Prozedur allerdings kaum etwas haben. Die Menschen, auch die „Pestdoktoren selber, starben, wie es in Chroniken immer wieder beschrieben wird – nicht zuletzt aufgrund der Kleidung, die eine ideale Umgebung für die eigentlichen Überträger der Krankheit, die Flöhe, bildeten – wie die Fliegen.

Kampf gegen Seuchen ständige Aufgabe der Wissenschaft

Erst mit der Erweiterung des Wissens über Bakterien und Viren und der peniblen wissenschaftlichen Erforschung der Folgen bakteriologischer und viraler Erkrankungen durch engagierte Wissenschaftler konnte der Kampf gegen Seuchenplagen aller Art erfolgreich geführt werden. Einer von ihnen war der Deutsche Mediziner, Mikrobiologe und Hygieniker Robert Koch. Ihm gelang im Jahr 1876 die Kultivierung des Erregers des Milzbrands außerhalb des Organismus‘. Somit konnte er dessen Lebenszyklus beschreiben.

Ein weiterer Wissenschaftler, der den Durchbruch mit seinen Forschungen schaffte, war der Franzose Louis Pasteur. Er hat sich als Begründer der Bakteriologie und Mikrobiologie große Meriten erworben und grundlegende Beiträge zur Infektionslehre sowie zum Aufbau der Tropenmedizin geliefert. Viren sind übrigens Krankheitserreger, die für ihre Vermehrung auf geeignete Wirtszellen (Menschen) angewiesen sind. Ein Virus versucht immer das Immunsystem seines Wirts (Mensch) zu unterdrücken, damit er sich ausbreiten kann. Daraus folgt, je schlechter es um das Immunsystem bestellt ist, desto eher kommt es zu einem schwerwiegenden Krankheitsverlauf. Viren beherrschen trotz aller medizinischer Fortschritte die Welt. Sie soweit wie immer möglich einzudämmen, daran arbeiten zahllose Wissenschaftler allerorts.

Masken in allen Kulturen

Doch nicht nur die Masken zur Abwehr von Krankheiten haben das Leben der Menschen begleitet und tun dies weiterhin. Sie sind in vielen Bereichen allgegenwärtig, seit der Mensch die Idee von übernatürlichen Wesen entwickelte, entstanden Masken. Es gab und gibt sie in nahezu allen Kulturen und in den unterschiedlichsten Bereichen. Die Autorin und Erforscherin der Geschichte und Funktion der Masken, Barbara Garde, artikuliert, dass Masken verstecken und ihre Träger schützen, ihnen die „Möglichkeit geben, für eine Weile aus dem normalen Leben auszusteigen, sich als ein anderer zu probieren. Schön oder hässlich, Mann oder Frau, Mensch oder Tier – alles ist möglich.“
Mit Anlegen der Maske wechsle der Träger die Daseinsform, Theatermasken sind das Markenzeichen einer Rolle, Schandmasken – im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit bis weit ins das 18. Jahrhundert u. a. von ehebrechenden Frauen – mussten als Strafe getragen werden, auf höfischen Maskenbällen tanzten Adelige inkognito, eine Situation, die sich bis in die Neuzeit mit den Maskenbällen, allerdings für alle Gesellschaftsschichten, prolongiert hat, die Totenmaske als letztes Glied einer Kette ist das Gesicht für die Ewigkeit.

Älteste Maskendarstellung 11.000 Jahre alt

Die älteste Maskendarstellung soll circa 11.000 Jahre alt sein. Zum Einsatz kamen – wie sich an den gefundenen Überresten ablesen lässt – Stein- oder Metallmasken. Zeichnungen belegen allerdings auch den Einsatz nicht so haltbarer Materialien wie Stoff, Pflanzen, Federn, Leder oder Papyrus. Verwendung fanden sie damals an Wendepunkten des Lebens: Geburt, Hochzeit, Initiation, Krankheit und Tod, aber auch Ereignisse wie Aussaat, Ernte oder der Auftakt zur Jagd wurden von Ritualen begleitet. „Mit dem Anlegen der Maske wechselte der Träger in eine andere Daseinsform: Hier sollte kein Gott oder Dämon nur dargestellt werden, der Träger meinte selbst dazu zu werden“, so Garde.
Den Masken selbst wurde magisches Wirken zugestanden. Ihre Herstellung erfolgte in magischen Zeremonien. Man nimmt an, dass sich, aus dem Gebrauch dieser rituellen Masken auch die Tradition der Theatermasken entwickelt hat. Besonders hierzulande gerne erwähnt wird in diesem Zusammenhang der griechische Dionysoskult aus dem sich die griechische Tragödie entwickelte. Als Schauspieler fungierten damals nur Männer. Die Masken verfügten über einen leichten Wiedererkennungswert. Da diese frühen Theater nicht nur in den Hang hineingebaut waren, sondern auch über eine ausgezeichnete Akustik verfügten, war es auch den Zuschauern der letzten Reihen möglich der Handlung problemlos zu folgen. Nicht zuletzt unter dem Einfluss von Autoren wie Shakespeare und Moliere verschwanden die Masken im 17. Jahrhundert weitgehend von den europäischen Bühnen.

Berühmter Maskenträger Arlecchino

Trotz allem sind Masken auch noch heute Teil unserer Gesellschaft. Manch einer hängt sich eine im Urlaub erworbene Maske ins Wohnzimmer, ein anderer fertigt mit den reichhaltigen Materialien, die in jedem Bastelgeschäft zu finden sind, selbst welche an. Besonders beliebt waren und sin in unseren Breiten vor allem die Masken der Commedia dell’Arte – ein in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Italien entstandenes Stegreif-Volkstheater. Die Maske charakterisierte hier die jeweilige Figur. Die wohl berühmteste Figur der Commedia dell’Arte ist der freche, liebestolle Arlecchino – leicht erkennbar durch sein buntes Kostüm und seiner übertrieben großen Nase. Aus den Figuren der Commedia dell’Arte entwickelten sich nicht zuletzt die auch in Österreich jedem Kind bekannten Figuren des Handpuppenkasperls oder des Marionettenkasperls.

Lachte man gerne über das Unglück und die Tölpelhaftigkeit so mancher Figur, so können Masken jedoch auch dazu dienen den eigenen Prunk und Reichtum zur Schau zu stellen. Seit der Renaissance boten Maskenbälle einen besonderen Anlass sich selbst in ganzer Pracht zu präsentieren.
Auch am österreichischen Kaiserhof veranstaltete man Maskenbälle der besonderen Art. Der berühmte (Hof)-Maler Arcimboldo, dessen Jahreszeitenbilder noch heute im KHM bestaunt werden können, galt auch als begnadetet Organisator von Maskenbällen. Seine Kostümentwürfe spiegelten das Weltbild der Habsburger als Beherrscher der Welt – nicht zuletzt gar des Universums – wider.

Legendär waren auch die Maskenbälle Ludwigs XIV. in Versailles. Die an den Hof verheiratete Tochter Maria Theresias, Marie Antoinette, war vom dortigen Maskenkult und der damit verbundenen Freiheit dermaßen angetan, dass sie sich im Schlosspark eine ländliche Idylle schaffen ließ, in der sie mit ihrem Hofstaat als „Schäferin auf Zeit“ leben konnte
Auch die venezianische Gesellschaft dehnte die Tradition des Maskenballs gerne in den Alltag aus: So wurde es ab dem 17. Jahrhundert Mode, die Masken auch außerhalb der Feste auf der Straße zu tragen, um sich unerkannt bewegen zu können.
Der historische Karneval in Venedig zählt auch noch heute zu den bekanntesten. Die Ursprünge eines Karnevalumzugs sollen bis ins 11. Jahrhundert zurückreichen. Aber erst im 18. Jahrhundert – der Zeit Casanovas – erreichte der Karneval seinen größte und glanzvollste Entfaltung. Ein höchst unerfreuliche Begleitung des Masken-Fetisch´ war allerdings die sich verstärkende Kriminalität. Ein Thema, dass gerade auch in den letzten Jahren im Zuge der österreichischen Perchtenumzüge traurige Aktualität erhalten hat. Diverse Perchtenbräuche haben sich in unterschiedlicher Ausformung – Schön- oder Schiachpertchen – in vielen Regionen Österreichs erhalten. Historische Perchtenmasken lassen sich zahlreich in diversen Heimatmuseen finden.

Totenmaske – das letzte Gesicht für die Ewigkeit

Zu den bekanntesten Masken im Museum zähen vermutlich allerdings jene kostbaren Totenmasken, die die alten Ägypter den Verstorbenen mit ins Grab gaben. Highlight ist jene des im Alter von 19 Jahren verstorbenen Pharaos Tutanchamun, der 1.400 Jahre vor unserer Zeitrechnung Ägypten regierte. Der britische Archäologe Howard Carter hat sie 1922 im Tal der Könige entdeckt. Masken wie diese dienten in Ägypter dem Schutz der Toten. Sie sollten ihnen nach dem Verfall ein würdiges Aussehen verleihen, aber auch Dämonen abwehren und dem umherschweifenden Geist helfen, seinen toten Körper wiederzufinden.
Aber auch in anderen Kulturen, wie in unserer mitteleuropäischen, wurden Totenmasken – allerdings immer als Erinnerung für die Lebenden – angefertigt. In Wien waren Totenmasken vor allem im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts beliebt. Totenmasken existieren noch heute unter anderen von Komponisten wie Beethoven, Mozart oder Haydn. Im Bestattungsmuseum befinden sich derzeit die Masken der drei Komponisten der Wiener Klassik vereint. Ansehen kann man sie allerdings nicht – das Museum ist bis auf weiteres wegen der Corona-Pandemie geschlossen.
Hoffen wir, dass die Corona-Masken bald wieder entbehrlich werden und Masken hauptsächlich wieder im Museum beziehungsweise im Zuge so mach kulturellen Spiel und Brauchtum anzutreffen sind.

Geschrieben von Sandra Schäfer und Stefan Weinbeisser