Es sind Bilder voller Ästhetik, perfekt komponiert und visuell abstrahiert, sodass einem ohne Beschreibung nicht einmal annähernd in den Sinn kommen würde, was man da eigentlich vor sich sieht. Hat man den Bildtitel erst einmal gelesen, ist man zwar schlauer, doch erst nach der Lektüre des Begleittexts erschließt sich einem das Gesehene vollends. Das mag zwar für viele Dinge gelten, doch anders als bei den in der Kunst oftmals üblichen Interpretationen von Experten operiert die Ausstellung mit der traurigen Tatsache, dass es sich bei den Aufnahmen um die Dokumentation der vom Menschen angerichteten Schäden an Mutter Natur handelt. Auffällig ist dabei zunächst – aus der Vogelperspektive stirbt es sich besonders schön. Denn die Bilder von Ölschäden, Staudämmen, vertrockneten Landschaften und verschmutzten Flüssen faszinieren optisch derart, dass man den Blick davon gar nicht mehr abwenden kann.

Eine Faszination, die der kanadische Fotograf Edward Burtynsky offenkundig bewusst für seine Botschaft nutzen möchte. Für ihn stehen Form und Inhalt gleichbedeutend nebeneinander. Ist der oder die Betrachter/in erst einmal von der Aufnahme gefangen, kann die kritische Auseinandersetzung damit beginnen: Woran wird da aus der Ferne betrachtet so ästhetisch zu Grunde gegangen? Die Antwort fällt in diesem Fall auch ohne erklärenden Wandtext leicht, es ist der Mensch. Demzufolge begreift sich Burtynsky auch eher als Fotograf von menschlichen Systemen als von Landschaften. Nach 35 Jahren Arbeit sei er zum weltweiten Experten bezüglich „Waste Lands“ geworden.

Von China bis in die USA

Beispiele für eine solche verbrauchte Landschaft lassen sich rund um den Globus zuhauf ausfindig machen. So bereiste Burtynsky für sein letztes Projekt „Wasser“ mehrere Jahre alle fünf Kontinente um jene Veränderungen zu dokumentieren, die das Eingreifen des Menschen durch das Verändern der natürlichen Wasserströme im Ökosystem bewirken. Auf das Thema gekommen sei er nach der Beendigung eines Bildbandes über Öl, als ihm in Australien angesichts einer dortigen Dürrekatastrophe klar wurde, dass Wasser, wenn es erst einmal verschwunden ist, durch nichts mehr – anders als andere Rohstoffe – zu ersetzten ist.

Wie lieblos und wenig nachhaltig damit umgegangen wird, ist noch bis Ende August im Kunst Haus Wien nachzuvollziehen. Sei es anhand von Aufnahmen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko, von schnell wachsenden Städten in Küstennähe oder den zahlreichen großflächigen Monokulturanlagen, die einen Großteil unserer Wasserreserven abschöpfen. Zeugnis dieses enormen Wasserverbrauchs liefert unter anderem auch der Colorado River, von dem beim Übertritt nach Mexiko bereits 90 Prozent Wasser für die Versorgung von Großstädten und Landwirtschaft abgezweigt wurden. Was vielerorts bleibt sind vertrocknete Flussbette und Landschaften wie das Colorado River Delta. Dass mit dem Versiegen des Wassers und dem damit verbundenen Austrocknen der Landschaft nicht nur Ökosysteme, sondern auch menschliche Existenzen zerstört werden, liegt auf der Hand.

Traurigen Bericht dazu liefert auch China, indem im Zuge der Errichtung der riesigen Staudämme bereits Millionen von Menschen umgesiedelt wurden. Aber es geht auch anders: Ebenfalls mit der Kamera festgehalten hat Burtynsky landwirtschaftliche Modelle wie der Trockenfeldbau in Spanien oder die so genannten Kreisberegnungsanlagen in Texas, die mit wenig Wasser auskommen. Nicht die einzigen Methoden, die dokumentierungswürdig wären. Denn obwohl unser Planet zu 70 Prozent mit Wasser bedeckt ist, steht den Menschen von den drei Prozent vorhandenen Süßwasservorkommen gerade einmal ein Prozent zur Verfügung. „Was wir der Zukunft geben, sind die Entscheidungen, die wir heute treffen“, betont Burtynsky, dessen Besorgnis in den letzten fünf Jahren stark zugenommen habe. Der Mensch, so der Fotograf, müsse endlich verstehen, dass er sich nicht außerhalb der Natur befindet. Man mag von dem Vorgehen, auf Naturkatastrophen mit ästhetischen Aufnahmen aufmerksam zu machen und sich damit mittlerweile auch seinen fixen Platz in der Kunstwelt erobert zu haben, halten was man will, Fakten wie der zunehmenden Verschmutzung unserer Wasserreserven ist wenig Optimistisches entgegenzuhalten. Die Aufnahmen, die bereits in zahlreichen Ausstellungen rund um den Globus zu bestaunen waren, haben im von Friedensreich Hundertwasser gestaltenen Kunst Haus Wien eine perfekte Location gefunden.

Edward Burtynsky
Wasser
Noch bis 27. August 2017
Kunst Haus Wien
Untere Weißgerberstraße 13
1030 Wien
Öffnungszeiten: täglich 10.00 bis 18.00 Uhr
www.kunsthauswien.com

Fotos © Edward Burtynsky Courtesy Admira Milano

Geschrieben von Sandra Schäfer