Liebe Lydia, du hast vor ungefähr zwölf Jahren begonnen, als Kabarettistin aufzutreten. Hattest du zu Beginn deiner Karriere bestimmte Vorbilder, die dich geprägt haben?


Ich bin mit der Kabarett-Gruppe Schlabarett (österr. Kabarettgruppe mit unterschiedlicher Besetzung unter anderem mit Alfred Dorfer, Roland Düringer und Reinhard Nowak, Anm. d. Red.) beziehungsweise ihrem berühmten Programm „Atompilz von links“ aufgewachsen. Dieses Programm habe ich als Kind und Jugendliche mit meinen Eltern öfters angeschaut. Ich fand diese bestimmte Art von Schmäh bei Schlabarett damals sehr cool, das hat mich sehr geprägt. Manche Aussprüche aus „Atompilz von links“ sind innerhalb meiner Familie zu „Running Gags“ geworden, und ich dachte mir schon damals, so ein Kabarett-Programm zu gestalten und zu spielen, muss echt eine Gaudi sein!

Wie bist du zum Kabarett gekommen?

Als ich früher noch im IT-Bereich tätig war, habe ich oft bei Geburtstags- oder Firmenfeiern lustige Beiträge gestaltet, wie zum Beispiel bekannte Lieder mit neuen Texten zu versehen. Irgendwann wurde mir von einer Freundin vorgeschlagen, bei einem Kabarettwettbewerb bei mir in der Nähe mitzumachen. Weil ich zu dieser Zeit gerade mein zweites Kind bekommen hatte und mir dachte, für so einen Bewerb habe ich gerade überhaupt keine Zeit, war ich von der Idee nicht begeistert. Aber mein Umfeld ließ nicht locker, ich wurde bestürmt, das einmal auszuprobieren, die Freunde haben da anscheinend etwas gesehen, was raus muss. Ich habe an dem Wettbewerb teilgenommen ohne mir viel auszurechnen. Wider Erwarten habe ich dann den Wettbewerb gewonnen.

Was waren dann deine nächsten Schritte?

2011 habe ich mich beim ORF bei der ersten Staffel der Neuauflage der „Großen Chance“ beworben, und bin gleich auf Anhieb bis ins Halbfinale geflutscht. Plötzlich bekam ich vom ORF ein Management zur Seite gestellt und hatte für ein Jahr lauter fixe Kabarett-Spieltermine geplant. Im Rückblick bin ich immer noch total „geflasht“ davon, wie das alles passiert ist. Es war wirklich Zufall, sowas kannst du nicht planen!

Hast du im Zuge dieses unvorhergesehenen Kabarett-Starts deinen regulären Job bald an den Nagel gehängt?

Nein, so schnell ging´s nicht. Ich war nochmals in Karenz, habe mein drittes Kind bekommen und es hat noch einige Zeit gedauert, bis ich wieder in meinen Job im Sozialbereich eingestiegen bin. Um 2015 habe ich mit meinem Brotberuf aufgehört, und mich voll auf das Kabarett konzentriert. Das war auch der Start der Sendung „Sehr witzig?!“ auf Puls 4 unter anderem mit Harry Prünster und Gery Seidl.

Von Privatfesten auf einmal auf große Bühnen hinauskatapultiert, das stelle ich mir nicht so einfach vor. Wie bist du mit dieser Challenge umgegangen?

Auf eine Art hat mir das nicht so viel ausgemacht. Ich hatte auch keine große Angst davor. Natürlich war ich nervös, aber andrerseits bin ich auf die Bühnen gegangen, ohne groß zu wissen, was mich erwartet. Ich glaube, das war ein großer Startvorteil, dass ich mir nicht viel dabei gedacht habe. Natürlich dauert es eine Zeit bis man sich auf den Bühnen ein gewisses „Standing“ erschafft beziehungsweise bis dem Publikum klar ist, was sie in meinen Programmen erwartet. Aktuell kennen mich die Leute schon besser, und das macht es gleich um ein Eckhaus leichter, als wenn sie sagen würden, na schauen wir uns mal an, was die Prenner-Kasper auf der Bühne so tut.

Ist ein Start im Kabarett-Business als Frau noch ein Stück schwieriger als bei einem Mann?

Als ich vor circa zwölf Jahren im Kabarett begonnen habe, war die Sicht auf Frauen im Kabarett schon noch etwas anders. Einerseits – auch im Hinblick auf TV-Auftritte – war als Frau aufzutreten eine Art Hemmschuh, wo manche gesagt haben, wer weiß, ob das gut geht? Das Publikum war einfach stark an Männer auf der Bühne gewöhnt. Ich glaube, das war so eine Art Gewohnheitssache, die sich über die Jahrhunderte beziehungsweise Jahrzehnte aufgebaut hat. Wenn dann eine Frau daher kommt, die auch noch freche, grenzüberschreitende Dinge von sich gibt beziehungsweise wie in meinem Fall in Programmen das Bild der Mutterschaft in ein anderes Licht setzt und Dinge anspricht, die am Mutter sein nicht so schön sind, und damit sozusagen „heilige“ Kühe schlachtet, dann ist das für das Publikum nicht so einfach. Die Veranstalter, wo ich seit Jahren regelmäßig auftrete, haben mich aber immer sehr unterstützt, darüber bin ich sehr froh! Es gab immer Leute, die daran geglaubt haben, dass mein Weg funktioniert.

Seit 2014 gibt es dein Weihnachtsprogramm „Leise pieselt das Reh“, das ist eigentlich sehr lange für ein Programm. Was war der Ausgangspunkt dafür?

Die Grundidee war, jenen Leuten zu Weihnachten eine schöne Zeit zu machen, die das große Fest der Liebe nicht so romantisieren. Medial wird zu Weihnachten die Besinnlichkeit, die Nächstenliebe etc. so unendlich hochgeputscht, in Wahrheit ist es das Fest mit den meisten Familienstreitigkeiten beziehungsweise mit dem Horror, den viele Menschen in sich tragen, dass sie das Fest ausrichten müssen. Da ist nicht immer die größte Freude. Ich persönlich mag Weihnachten gerne, aber es ist immer auch ein Stress und von hohen Erwartungen begleitet. Ich finde es wichtig, mit meinem Programm diese Erwartungen an Weihnachten zu reduzieren und das Ganze mit Humor zu nehmen. Es ist generell bei meinen Programmen immer das Ziel, den Menschen das Gefühl zu geben, dass sie mit ihren Problemen und Troubles nicht alleine sind. Weil sich dieses Programm seit 2014 immer wieder etwas verändert hat, habe ich gar nicht das Gefühl, dass es „Leise pieselt das Reh“ schon so lange gibt. Obwohl wenn man nur nach den Jahren geht, gibt’s nächstes Jahr wirklich schon das zehnjährige Jubiläum zu feiern.

Du warst mit vielen anderen Prominenten vor kurzem Gast bei der diesjährigen ORF-Gala für „Licht ins Dunkel“. In der Biografie auf deiner Homepage habe ich gelesen, dass Du früher im Sozialbereich mit Menschen mit Behinderung gearbeitet hast. Sind dir solche TV-Auftritte auch darum ein besonderes Anliegen?

Ich finde das ist eine wichtige Sache, dass allen Menschen auf Augenhöhen begegnet wird, dass alle Menschen die gleichen Chancen haben. Ich freue mich immer, wenn ich bei solchen Events dabei sein kann und etwas zur guten Sache beitragen kann. Dieses Bild, das Leute mit Behinderungen sozusagen „arme Hascherln“, hilflose Menschen sind und einseitig Hilfe benötigen, das entspricht überhaupt nicht der Realität! Aus meiner Sicht sind Menschen mit Behinderungen Personen wie du und ich, die genauso ihre persönlichen „Rucksäcke“ tragen wie du und ich. Es wäre mein Wunsch, dass das einmal allen Menschen klar wird.

Wir haben uns letztens zufällig auf einem Georg Danzer-Tribute-Konzert getroffen. Bist du ein großer Musik-Fan?

Ja, ich mag vor allem Austro-Pop sehr gerne. Kürzlich war ich mit meiner Familie bei einem Konzert von Josh, das hat uns allen quer durch die Bank sehr gut gefallen. An Georg Danzer schätze ich besonders seine tollen Texte, aber es gibt noch viele andere hervorragende Songschreiber*innen in Österreich. Ich finde, wenn ein Text eine tiefe Empfindung beim Hörer beziehungsweise der Hörerin auslösen kann, und es noch dazu eine gute Melodie gibt, hat der Autor, die Autorin alles richtig gemacht. In meinen Programmen, auch in meinem Weihnachtsprogramm, habe ich immer auch selbstgeschriebene Lieder verwendet, aber wie ich letztens bei diesem Georg Danzer-Abend war, habe ich gespürt, wie es mich schon wieder total in den Fingern juckt, ein neues Lied zu schreiben! Ich finde das total lässig, das macht mir Freude!

Danke für das Gespräch!

„Leise Pieselt Das Reh“ – Termine:
30. November 2023, Hollabrunn (19 30h)
01. Dezember 2023, Tulln an der Donau (19 30h)
03. Dezember 2023 Graz (18h)
06. Dezember 2023, Wien – Orpheum (19:30h)
07. Dezember 2023 Oberwaltersdorf (19 30h)
08. Dezember 2023 Zwettl (19 30h)
09. Dezember 2023 Grafenwörth (19 30h)
14. Dezember 2023 Wien – Globe, Marx Halle (19 30h)
15. Dezember 2023 Wiener Neustadt (19 30h)
19. Dezember 2023 Klosterneuburg (19 30h)

Lydia Prenner-Kasper wuchs in Favoriten, dem zehnten Wiener Gemeindebezirk auf und absolvierte neben einer Lehrausbildung zur Bürokauffrau die Matura, der eine weitere Ausbildung zur Sozialpädagogin folgte. Vor ihrer Karriere als Kabarettistin war Prenner-Kasper im Sozialbereich tätig und hat sich für Menschen mit Behinderung engagiert. In den künstlerischen Bereich startete Prenner-Kasper nach der erfolgreichen Teilnahme am Kabarett-Wettbewerb „Wer bringt den König zum Lachen?“. Es folgten weitere Teilnahmen an Talente-Shows und Wettbewerben im Fernsehen. Das erste Solo-Programm von Lydia Prenner-Kasper „Red net so schiach!“ feierte am 22. Dezember 2011 im „Orpheum Wien“ Premiere. Ihre Kabarettprogramme (mit starkem autobiographischen Bezug) schreibt und komponiert die Künstlerin selbst.

Geschrieben von Robert Fischer