Frida Kahlo zählt weltweit zu den bekanntesten Künstlerinnen. Mehr noch – sie gilt als globale Ikone, deren Kultstatus mittlerweile im Begriff der „Fridamania“ gipfelt. Bis heute liefert ihre Lebensgeschichte den Anlass für zahlreiche, bis ins Religiöse gesteigerte, Mythen.
Was steckt hinter dieser Faszination für die mexikanische Künstlerin? Und warum kann eine Ausstellung, die kein einziges Werk der Künstlerin zeigt, für Kunstfans und kunstferne Personen gleichermaßen spannend sein? Die Kulturfüchsin hat bei Gaby Franger, Historikerin und Kuratorin der Ausstellung „Frida Pop“ nachgefragt. Ein Gespräch über mexikanische Volkskunst, Mode und Museumskooperationen.

„Frida Pop“ zeigt kein einziges Originalgemälde von Frida Kahlo, sondern widmet sich der Künstlerin anhand von Andenken, Souvenirs und Bildern zu Frida von rund um die Welt. Wie ist die Idee zur Ausstellung entstanden?

Das war ein langer Prozess. Meine ersten Begegnungen mit Frida, oder besser gesagt, den Konstruktionen und Interpretationen, die sich um ihre Person und ihr Werk ranken, fanden eher beiläufig statt. Sie wurde ja in den 1970er-Jahren zu einer Ikone der feministischen Bewegung. Der entscheidende Impuls für die Sammlung, die nun ausgestellt wird, kam jedoch, als ich mich mit der Biografie ihres Vaters, Guillermo Kahlo beschäftigte, ein Einwanderer aus Deutschland, der in Mexiko ein berühmter Fotograf wurde. Bei der Suche nach seinen Werken in Mexiko traf ich immer wieder auch auf Frida – auf Streichholzschachteln, in Blech gestanzt, als Tonfigur.
Mit dieser Ausstellung wird auch Volkskünstlerinnen und -künstlern, deren Kunst häufig von der Elitekunst geringschätzig behandelt wird, Tribut gezollt – ganz im Gegenteil übrigens zu den Positionen von Frida Kahlo und ihrem Lebensgefährten Diego Rivera.

Im Fokus der Präsentation befindet sich die Mythenbildung rund um ihr Leben? Frida als „Malerin, Fotomodell, Stilikone und Symbolfigur“. Was macht die Faszination von Frida Kahlo noch heute aus?

Mich faszinierten die vielfältigen Aneignungen von Frida in der traditionellen mexikanischen Volkskunst wie in der urbanen Popkunst, die unzähligen und oft widersprüchlichen Identifikationen mit Frida.
Viele urbane Legenden um Frida sind in ihrer außergewöhnlichen Lebensgeschichte und in ihrer gekonnten Selbstinszenierung angelegt. So wie Fridas Kunst sich von religiösen Traditionen, Volkskunst und postrevolutionär umgedeuteten Traditionen nährt, schließt umgekehrt die Volkskunst Frida in ihre Symbolik ein: Frida – als Inbegriff des Mexikanischen – steht dann sowohl für Revolution und Rebellion wie für die Verkörperung der mexikanischen Nationalheiligen, der lieben Frau von Guadalupe.
Mit ihrer Kleidung inspiriert sie bis heute die Haute Couture ebenso wie folkloristische Kleidung. Oft wird sie auf T-Shirts im Stil der Popkunst dargestellt. Die Ursprünge für Frida als Modeikone liegen in einer Reportage 1937 in der Vogue, wo sie als Inbegriff der exotischen Schönheit mexikanischer Frauen abgebildet wurde. Sie hat sich gerne im farbenfrohen Gewande der Tehuana-Frauen gezeigt, starke Frauen mit einer matriarchalen Kultur. Als sie in den 30er-Jahren mit Diego Rivera in den USA ganze Straßenaufläufe verursachte, genoss sie das sehr
Dann gibt es diese andere Seite von Frida, die verstärkt von den Feministinnen aufgegriffen wurde: Frida die Leidende. Das geht hin bis hin zur religiösen Erhöhung: Frida die dornengekrönte am Kreuz, Frida, die Madonna – es gibt in Mexiko einen eigenen Begriff dafür: Fridolatría.
Frida war, wie die politische und künstlerische Avantgarde insgesamt, der mexikanischen Revolution verbunden. Sie gehörte zeitweise der kommunistischen Partei an, hatte eine Affäre mit Leo Trotzki und das letzte Foto, das von ihr existiert, zeigt sie auf einer Demonstration gegen die CIA, und den Putsch der Armee in Guatemala. Im Rollstuhl sitzend hält sie ein Transparent hoch: Für den Frieden. Ihr Bild, oft assoziiert mit anderen revolutionären Figuren, wurde so ein Symbol für soziale und politische Bewegungen in deren Kampf um Menschenrechte und Frieden. Eine wichtige Identifikationsfigur wurde sie auch in den 1960er-Jahren für Chicano-Frauen in den USA; eine Bewegung der diskriminierten mexikanischen Einwanderer.

Inwieweit dient Frida auch für junge Frauen heute noch als „Role Model“? Im Buch gibt es ein Kapitel über Girl Power; in der Ausstellung wurden unter anderem ein Paar Mädchen-Turnschuhe ausgestellt …

Es ist immer interessant zu sehen, wer diese Frida-Objekte überhaupt kauft. Es sind in Mexiko vor allem viele einheimische Mädchen. Dahinter steckt das Bild von Frida Kahlo, als jemand, die gegen alle Widrigkeiten ihren eigenen Weg findet.

Welche Objekte werden in der Ausstellung noch gezeigt?

In der Ausstellung werden all diese verschiedenen Aspekte eingebracht: Von Frida in der Mode, in Textil und Schmuck über die Verkörperung von Girlpower bis hin zu Werken, mit starkem popkulturellem Zugang und natürlich Frida in der traditionellen Kunst in all ihren Ausformungen – der Tonkunst, Blechkunst, Pappmaché oder in „Papel Picado“.

Neben Kunst und Kunsthandwerk gibt es natürlich auch zahlreiche Merchandise-Produkte. Was ist der Unterschied?

Merchandise-Produkte werden zumeist industriell hergestellt, Tassen, Teller, Eierbecher … Wir finden sie oft in Museen, anlässlich von Frida-Kahlo-Ausstellungen. Da sind zum Teil auch reizvolle und witzige Dinge dabei, auch davon gibt es einige in der Sammlung.

Seit 2020 wurden Teile der Sammlung in Meran, Erlangen und Nürnberg gezeigt. Wie kam es zur Ausstellung in Hittisau?

Ich bin im Vorstand von „Frauen in der Einen Welt“ in Fürth und der Internationalen Assoziation der Frauenmuseen (IAWM). Die Frauenmuseen weltweit tauschen sich aus und wir hatten schon mehrmals Kooperationen mit dem Frauenmuseum in Hittisau. Im Mai 2023 werden wir die Ausstellung: „Geburtskulturen. Gebären und Geboren“ eröffnen, die vom Frauenmuseum Hittisau entwickelt wurde. Das ist ein sehr fruchtbarer Austausch.

Frida Pop. Hommage an eine Ikone
Bis 23. April 2023
Frauenmuseum Hittisau, Platz 501, 6952 Hittisau
www.frauenmuseum.at

Publikation:
Gaby Franger: Frida Pop (deutsch); Frida Folk (englisch) Chennai, Tara Books 2018
Gaby Franger: Rainer Huhle: Fridas Vater. Der Fotograf Guillermo Kahlo. Von Pforzheim nach Mexiko. Schirmer/Mosel: München 2005

Titelbild: Frida auf einem Wandbild, das an die Opfer der gewaltsamen Konflikte in Kolumbien erinner. Gesehen in der Domuna 1, Medellin, Kolumbien, 1914. Foto: Rainer Huhle

Geschrieben von Sandra Schäfer