Es sind nur wenige Meter für einen Spaziergänger, aber es war ein langer Weg für die Entwicklung des Lebens. Vom Haupteingang des Botanischen Gartens bis hin zum Ausgang Alpengarten sind es rund 1.500 Schritte. „Schritte durch die Zeit – vom Sternenstaub zu uns“, so der Titel einer Open-Air-Präsentation, die derzeit die Besucher des Botanischen Gartens dazu einlädt innezuhalten und sich mit Hilfe von 52 an der Hauptallee aufgestellten Infotafeln mit der Entwicklung unseres Planeten und dem darauf entstandenen Leben auseinanderzusetzen.

Die Abstände der von einem Forschungsteam im Hewlett Packard Lab konstruierten Tafeln entsprechen dabei in ihrem Abstand den unterschiedlichen Entwicklungssprüngen, die die Erde seit ihrer Entstehung vor ca. 4,6 Milliarden Jahren durchgemacht hat: Von der Bildung der ersten Gesteine über das Erscheinen diverser Bakterien als erste Lebensformen vor 3.850 Millionen Jahren bis hin zum Auftauchen des Menschen. Eine Evolution, die allerdings keineswegs geradlinig, geschweige denn zielgerichtet verlaufen ist. Die Themen Massensterben (vom Sterben der anaeroben Bakterien im Zuge der vermehrten Durchdringung unseres Lebensraums mit Sauerstoff bis hin zum Sauriersterben) und Symbiose durchziehen das Leben auf unserem Planeten wie der sprichwörtliche rote Faden. Symbiose ist auch heutzutage die Basis einer funktionierenden Biosphäre.

Ehrfurcht vor der Schönheit der Erde wecken

Auch wenn es Laien nicht immer leicht ist, das Erklärte sofort zu verstehen und man sich an manche der verwendeten Fremdwörter als Nicht-Biologe oder Nicht-Geologe erst gewöhnen muss, so ist der Gedanke, der hinter dem Ausstellungsrundgang steckt, doch schnell zu durchschauen.

Die Präsentation „will Ehrfurcht vor der Schönheit und den Geheimnissen dieser Erde wecken. Sie will Menschen jeden Alters motivieren, ihren Beitrag zur Erhaltung unserer Lebensgrundlage zu leisten“, heißt es in der Begleitbroschüre, die beim Eingang zu entnehmen ist.

Schon Mikroben lernten vor 35 Millionen von Jahren, als die ersten Nahrungsketten entstanden, die Formen des Gemeinschaftslebens zu nutzen – was des einen Abfalls, ist des anderen Nahrung – geologische und biologische Systeme vermählen sich, Zellen arbeiten zusammen und uns Menschen helfen Billionen von Bakterien, die unseren Körper besiedeln beispielsweise bei der Verdauung oder sorgen für unseren individuellen Körpergeruch. „Jedes Lebewesen ist ein Konsortium transformierter noch anderer Lebewesen“, heißt es auf einer der Schautafeln.

Man muss nicht wissen wie genau diese Prozesse vor sich gehen um zu verstehen. Der Rundgang liefert lediglich so etwas wie Appetithäppchen. Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann sich jederzeit selbst weiterbilden. Sei es beispielsweise mit den unzähligen Infoblättern, die sich auf der Homepage der Universität Wien zum Botanischen Garten finden lassen. Ein allerdings nur kleiner Überblick über die Artenvielfalt, die sich auf unserem Planeten tummelt. Alleine die Pflanzengattung der Hosta – benannt nach dem Wiener Botaniker Nicolaus Thomas Host – verfügt über unzählige Arten. Host selbst war Namensgeber für rund 600 Pflanzen, wovon heute allerdings nur mehr 40 Bezeichnungen in Gebrauch sind. Eine Installation erinnert an die Forschungsleistung des Botanikers, der einst im 1754 von Maria Theresia in Auftrag gegebenen Botanischen Garten mit eigener Anlage forschte. Ein schöner Nebeneffekt: wer zu den „Schritten durch die Zeit“ antritt, lernt nicht nur etwas über die Geschichte des Botanischen Garten Wien, sondern kann sich zwischen Nadelbäumen aus aller Welt und einem kleinen Bambushain zudem vorzüglich entspannen.

360 Grad Rundgang durch die Ausstellung "Schritte durch die Zeit" im Botanischen Garten Wien

360 Grad Rundgang durch die Ausstellung „Schritte durch die Zeit“ im Botanischen Garten Wien

Schritte durch die Zeit – Vom Sternenstaub zu uns
Noch bis 30. September 2017
Botanischer Garten der Universität Wien
Mechelgasse/Praetoriusgasse oder durch den Garten des Belvedere
1030 Wien
Öffnungszeiten: täglich 10.00 bis 18.00 Uhr
Eintritt frei!
Nähere Info über den Garten sowie über die Ausstellung unter: www.botanik.univie.ac.at/hbv

Geschrieben von Sandra Schäfer