Die Welt gebiert oft schreckliche Monster. Vor allem aus der Sicht eines Kindes können sie oft schreckliche übermächtige Gestalten annehmen. Der siebenjährige Adrian ist diesbezüglich keine Ausnahme, auch er hat gegen die Monster seiner Phantasiewelt zu kämpfen. Doch anders als die meisten Kinder seines Alters lernt er früh auch die realen Schattenseiten des Lebens kennen – sollte man meinen.
Drogensucht, Existenzängste und die Angst vor Polizei und Sozialämtern – das sind die Probleme, die sein Umfeld plagen. Dass Adrian trotz allem eine behütete und, wie es wirkt, glückliche Kindheit verbringen kann ist in erster Linie seiner Mutter (wunderbar natürlich gespielt von Verena Altenberger) zu verdanken. Die im Salzburger Drogenmilieu verwurzelte Jungmutter schafft es trotz ihrer Sucht dem Jungen ein fürsorgliches Umfeld zu bieten. Ausflüge mit Lagerfeuer an die Salzach, das gemeinsame Brauen von Zaubertränken (einen auf Mohnkapseln basierten für die Erwachsenen, einen mit harmlosen Kräutern und Brause für Adrian) sowie Stunden voller Gespräche und gemeinsamen Spiel. Ein Spagatakt, den auch die Mutter des Regisseurs jahrelang bewerkstelligte.
Nach einer wahren Geschichte
„Die beste aller Welten“ basiert laut Goiginger zu 90 Prozent auf eigenen Erfahrungen. Wie seine Figuren wuchs auch der für seinen Film mittlerweile u.a. bei der Berlinale mit dem Kompass-Perspektiven-Preis und dem Diagonale Publikums Preis ausgezeichnete Jungregisseur im Umfeld der Salzburger Drogenszene auf. Die Idee seine Kindheit in einen Film zu packen, kam dem Absolventen der Filmakademie Baden-Württemberg nach dem frühen Krebs-Tod seiner Mutter, als er begann verstärkt über sein Leben zu reflektieren. Goiginger selbst bezeichnet seine Arbeit als Liebesfilm, „eine Liebesgeschichte zwischen einem Buben und seiner Mutter“. Zusammen schaffen sie sich eine eigene Welt – „die beste aller Welten“. Eine Welt, in der sich die Realität allerdings nicht so einfach ausklammern lässt. Unschöne Dinge sickern, trotz aller Bemühungen der Mutter sie von Adrian fern zu halten, nach und nach auch in die kindliche Welt. Eine Tragödie ist „die beste aller Welten“ jedoch bei weitem nicht.
Unsentimental und einfühlsam schildert Goiginger die Drogenszene, in der er seine Kindheit verbrachte. „Ich habe noch keinen Film über das Drogenmilieu gesehen, der nicht irgendwo ein bisschen zu dick aufträgt.“ Es sei ihm vor allem darum gegangen Angst zu nehmen und „es auch nicht abstoßend darzustellen“, erläutert Goiginger seine Motivation. Dementsprechend haftet trotz des herrschenden Chaos der oftmals verrauchten „Drogenhöhle“ geradezu etwas Heimeliges an. „Ein Kind muss keinen Reichtum haben, keine Spielsachen, kein gesundes Essen, sondern nur eines: Liebe“, spricht Goiginger von seiner Erfahrung. Man merkt: Liebe und große Behutsamkeit durchfluten den Film.
Schwierig wird es eher in jenen Momenten, in denen es zur Konfrontation mit der Außenwelt kommt. Es zählt beispielsweise zu den unguten Momenten im Film als ein Arzt, ohne die genaue Situation zu kennen, von Ungeduld der Mutter gegenüber ihres Sohnes spricht – ein Klischeebild einer Süchtigen. Doch lässt sich ein Vorwurf an den wenig einfühlsamen Mediziner nicht herauslesen. Sozialarbeiter, Mediziner und Krankenfahrer erschienen als Menschen, die ihre Arbeit verrichten. Ein notwendiges Unterfangen, das für die Mutter von Adrian zunehmend schwieriger wird. Doch trotz aller Schwierigkeiten, die ein Leben in Sucht und Not mit sich bringt, der Dämon, den Adrian als Abenteurer bezwingen will – am Ende scheint er verschwunden.
Die beste aller Welten. Ein Film von Adrian Goiginger. Osterreich/Deutschland 2017. 103 Minuten.
Kinostart: 8. September 2017
© polyfilm
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