Nana (Veronika Glatzner) möchte sich für Flüchtlinge engagieren, hat aber Angst sich mit Krankheiten zu infizieren, ihr Mann Mark (Sam Loris) will als Wirtschaftspolitiker die Welt verändern, schafft es aber nicht seine eigenen Vorurteile abzubauen und Nanas Freundin Joy (Nancy Mensah-Offei) würde gerne einfach nur als Mensch wahrgenommen werden, ist aber aufgrund ihrer Hautfarbe und sexuellen Ausrichtung ständig den Zuschreibungen der Anderen ausgesetzt. Als die drei sich mit Marks Tochter und dem befreundeten Künstler Sebastian (Daniel Wagner), für ein Wochenende in ein Haus am Land zurückziehen kommt es zum Eklat. Nie verheilte Verletzungen brechen auf, Vorurteile und Ängste treten an die Oberfläche – wie eine Art Kreisel scheint man sich gefangen in der Selbstreflexion im Kreis zu drehen. Die angestrebte Toleranz und die Verantwortung der Umwelt gegenüber erschöpfen sich beim Zwetschken einkochen und in überspielter Unsicherheit. Die Möchtegern-Aufgeschlossenheit gipfelt in der Besorgung eines veganen Eises, das in Wahrheit niemand möchte.
In Freiheit gefangen
Es ist der so genannte verantwortungsvolle, politisch und ökologisch engagierte Mensch, den Volker Schmidt in seinem Stück den Spiegel vorhält. Längst ist auch er zum Stereotyp, zum Klischee geworden – ein Produkt könnte man heute durchaus sagen. Mit Hilfe von Facebookposts von hübschen Bildern ländlicher Idylle und biologisch einwandfreier Nahrungsmitteln wir das optimierte „Produkt Ich“ in der Öffentlichkeit präsentiert.
„Ich arbeite nur an meiner Marke, niemals an meiner Kunst“, lässt Schmidt den in eine Sackgasse geratenen Künstler Sebastian sagen – sein aktuelles Projekt: „alles was nicht getan wurde sichtbar zu machen“. Auch wenn es Sebastian am Ende nicht gelingen wird, das nötige Geld für sein Kunstprojekt aufzutreiben, so schafft es an seiner Stelle doch Autor und Regisseur Volker Schmidt das „Projekt-Nichts-Tun“ mit Worten umzusetzen. Gezeigt wird eine Gesellschaft, die so paradox es klingt in ihrer Freiheit gefangen ist. Charmant übertriebene Kostüme treffen auf eine nicht geringe Anzahl wohlformulierter und treffender Zitate, dargeboten in der ansprechenden Location des Blumenhof (eine ehemlige Autoreparaturwerkstatt, die für zwei Jahre als Zwischennutzungsprojekt zur Verfügung steht). Dem Publikum hat es hörbar gefallen und die geldtascherlfreundlichen Preise an der Bar sorgen weiterhin für einen netten Abend.
FREIHEIT
Komödie von Volker Schmidt
Weitere Vorstellungen: 24., 27., 28., 29. und 30. September; 1. und 3. Oktober 2017 – jeweils 20 Uhr
Blumenhof, Blumauergasse 6, 1020 Wien (U2 Taborstraße)
[email protected] oder T. 0699-10013120
© Foto: Kristian Schark/new space company; Igor Ripak
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