Die US-Singer/Songwriterin Amy Rigby, zog in den späten 1970er Jahren nach New York, und war dort in Bands wie „The Shams“ oder „Last Roundup“ aktiv, bevor sie 1990 eine Solo-Karriere startete. Amy Rigbys aktuelles Album „Hang in there with me“ (erschienen bei „Tapete Records“) ist während der Corona-Pandemie entstanden und behandelt in einfühlsamen Texten Themen wie Sterblichkeit, Alter und jugendliche Fehltritte.

Für Dein neues Album „Hang in there with me“ hast Du wieder mit Deinem langjährigen Partner „Wreckless Eric“, der selbst Musiker ist, zusammengearbeitet. Wie hat die gemeinsame Arbeit funktioniert?

Eric hat das Album im Laufe der letzten drei Jahren in unserem Heimstudio aufgenommen. Wir wohnen bereits seit einigen Jahren in einem Haus in Upstate New York. 2021 bis 2024 war bei uns viel los, neben der Corona-Pandemie, hatten wir Auftritte und andere Arbeiten und Reisen. Ich habe die Songs komponiert und anschließend spielten wird sie entweder nur mit mir selbst an der Gitarre und Gesang oder wir beide mit einem Schlagzeuger im Studio ein. Zum Schluss haben wir die zusätzlichen Instrumente darübergelegt. Eric spielte Bass und einige Gitarren und Keyboards, er hat auch etwas background vocals gesungen und ist generell für den Sound des Albums verantwortlich.

Wie arbeitest Du? Was ist bei Dir der Auslöser einen neuen Song zu schreiben?

Normalerweise handelt es sich bei mir um ein Bild oder einen bestimmten Satz, der etwas in mir auslöst. Beim Song „The Farewell Tour“ hat beispielsweise ein junger Arbeitskollege von mir, über die Zeit räsoniert, in der man weiß, dass man mit jemandem Schluss machen wird, aber trotzdem noch ein letztes Mal alles, was in der Beziehung passiert ist, durchgeht. Im letzten Track des Albums „Last Night´s Rainbow“ steht der Regenbogen als Bild der Hoffnung in einer dunklen Zeit. Als Inspiration für meine Songs stehen meist die Worte an erster Stelle oder zum Beispiel eine Gitarrenfigur- beziehungsweise Melodie wie bei „Too Old To Be So Crazy“ – einfach etwas, das für Stimmung und Atmosphäre sorgt.

Wie kam es zum „Requiem“ auf Deinem Album?

Der Text zu „Requiem“ fiel mir auf dem Heimflug von Florida im Jänner 2021 ein, nachdem ich mit meinem Songwriter-Freund David Olney ein Konzert gegeben hatte, und David tragischerweise bei diesem Auftritt direkt neben mir verstorben ist!

Das war ein schrecklicher Moment, wirklich traumatisch. Obwohl diejenigen, die David Olney gut kannten, sagten, er hätte immer gesagt, dass er gerne auf der Bühne sterben würde, hätte ich es mir gerne erspart, diesen Moment auf der Bühne live mitzuerleben. Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben! Darüber hinweg geholfen hat mir eigentlich nur, dass ich meinen Mann retten konnte, als er ein paar Monate später einen Herzinfarkt erlitt.
Ich schlief auf dem Flug ein und mir gingen die Worte „Höre den Klang des Lachens aus dem Jenseits“ durch den Kopf, fast so, als würde David mit mir sprechen. Ich wachte getröstet auf, als hätte er mir sagen wollen, dass alles in Ordnung ist.

Stimmt es das Bob Dylan eine große Inspiration für Dich ist? Wann bist Du zum ersten Mal mit seiner Musik in Berührung gekommen?

Ich habe Bob Dylan zum ersten Mal als Jugendliche bei einem Frühlingspicknick der Pfadfinderinnen gehört. Da hörte ich zum ersten Mal den Song „Stuck inside of mobile with the memphis blues again“. Fotos, die ich von Bob Dylan gesehen hatte, konnten die Eindringlichkeit in seiner Stimme nicht wiedergeben. Diese Stimme war kein Versuch, mir zu gefallen, und das fand ich sympathisch: Das war keine Musik, die meinen Eltern mögen würden. Wahrscheinlich das Gegenteil. Ich wusste nicht, wovon die Texte handelten, aber ich war mir sicher, dass meine Eltern es auch nicht verstehen würden, und das gefiel mir.

Es sollte allerdings Jahre dauern, bis ich mich intensiver mit Bob Dylan beschäftigte, das war dann wahrscheinlich etwa zu der Zeit als Dylan das „Biograph“-Boxset veröffentlichte. Dylan war einfach immer da. Ab den 80er Jahren interessierte ich mich mehr für Dylan, begann seine Lieder auf der Gitarre zu spielen und ihn live zu sehen. Für das neue Album habe ich „Dylan in Dubuque“ verfasst, ein Song, der sich auf die Vorkommnisse bei einem legendären Dylan-Konzert in den neunziger Jahren in den USA bezieht.

Dein neues Album „Hang in there with me“ ist beim deutschen Label „Tapete Records“ erschienen. Hast Du schon einmal Konzerte in Europa gespielt beziehungsweise wirst Du mit der neuen CD auch in unseren Breiten touren?

Ich war mit meinem Partner „Wreckless Eric“ früher schon öfters auf Tour in den Niederlanden, Deutschland, Spanien, der Schweiz, Österreich und Belgien. Auch in Skandinavien sind wir ein paar Mal aufgetreten. Wir haben fünf Jahre in Frankreich gelebt und dort einige Shows gespielt. Trotzdem insgesamt gesehen ist da sicher noch Luft nach oben (schmunzelt). Ich würde mit dem neuen Album gerne ein paar Auftritte bei euch in Europa machen – falls jemand Lust hat, mich live zu sehen.

Vor ein paar Jahren hast du deine Memoiren „Girl to City“ veröffentlicht – arbeitest Du gerade an einem weiteren Buch?

Mein zweites Buch „Girl To Country“ – es ist gerade fertig geworden – geht jetzt noch zu meinem Verlag beziehungsweise zum Lektorat und ich hoffe es 2025 zu veröffentlichen. Ich würde gerne weitere Bücher herausbringen. Ich schreibe regelmäßig auf „Substack“ (Diary of Amy Rigby). Insgesamt schreibe ich schon seit über zwanzig Jahren online. Einiges davon findet sich auch auf meiner Homepage (https://www.amyrigby.com/). Für das Buch „How Women Made Music“, das am 01. Oktober 2024 veröffentlicht wurde, habe ich kürzlich ein Kapitel über die legendäre Country-Sängerin Skeeter Davis verfasst.

Ich habe gehört, Du bist ein Fan des englischen Filmregisseurs Mike Leigh. Was schätzt Du an seinen Filmen?

Filmregisseure sind die wahren Genies unserer Zeit! Ich wünschte, ich hätte Filmregisseur werden können. Was mich an Mike Leighs Filmen fasziniert ist der Mut, den wahren Alltag darzustellen. Ich meine nicht Filme wie „Topsy Turvy“ und „Mr. Turner“, die von der Vergangenheit erzählen, sondern seine Werke „Life Is Sweet“ und „Happy Go Lucky“. In diesen Filmen lachen und weinen die Menschen über die Lächerlichkeit und den Heldenmut kleiner Momente, die unser Leben ausmachen.

Das aktuelle Album „Hang in there with me“ wurde in den FormatenCD/LP/digital veröffentlicht. Sind Musik-Alben für die Menschen heute immer noch wichtig?

Ich hoffe, dass das es so ist. Alben sind für mich immer noch wichtig! Die Welt ist ein einziges großes Durcheinander. Songs zu schreiben und im Studio zu arbeiten, ist für mich eine Möglichkeit, etwas Ordnung ins Chaos zu bringen. Es gibt mir immer wieder Hoffnung. Das neue Album befasst sich mit der Unmöglichkeit des Lebens – und damit, es trotz allem mit Hingabe zu leben.

Danke für das Gespräch!

Amy Rigby wurde 1959 in einem Vorort von Pittsburgh geboren und katholisch erzogen. 1976 zog sie nach New York City. 1999 schloss sie in Nashville einen Publishingdeal ab und nahm anschließend weiter Alben auf und tourte. Eric Goulden, auch bekannt als Wreckless Eric, lernte Amy Rigby bei einem Konzert in Hull, England kenen, wo sie eines seiner Lieder aufführte. Amy Rigbys Memoiren „Girl to the city“ sind 2019 erschienen. Ihr aktuelle Album „Hang in there with me“ wurde am 30. August 2024 veröffentlicht. 
Amy Rigby: Hang in there with me
erschienen bei Tapete Records, 2024
https://www.amyrigby.com/

Titelbild: Cover Hang in there with me. Tapete Records 2024

Geschrieben von Robert Fischer