Die Sängerin und Moderatorin Birgit Denk war auch in Zeiten der Corona-Pandemie nicht untätig und hat mit Ihrer Band ein neues Album aufgenommen. Für die Kulturfüchsin plauderte sie mit Robert Fischer über die Hintergründe der neuen Songs und dem Entstehungsprozess der CD mitten im Lockdown.

Auf dem neuen Album „Erdbeeren und Musik“ gibt es im Gegensatz zu früheren Denk-Alben mehr Texte, die du selbst verfasst hast. Wie kam es dazu?

Von meinen Musiker-Kollegen kam öfters der Einwand, dass sie das Gefühl haben, bei den Live-Konzerten von Denk geht es für das Publikum öfters nur darum, was ich zwischen den Liedern erzähle, und nicht unbedingt um die Musik. Deswegen hat die Band vorgeschlagen, ich soll das, was ich normalerweise in den Pausen zwischen den Liedern erzähle, in Songtexte umwandeln. So kam es dazu, dass ich bei diesem Album mehr Persönliches in die Texte hineingepackt habe.

Das Album ist während der Corona-Pandemie entstanden. Inwieweit hattest du durch die Lockdowns mehr Zeit dein bisheriges Leben zu reflektieren? Du hast letztes Jahr unter anderem auch deinen 50. Geburtstag gefeiert. Wie habt ihr zusammengearbeitet?

Es würde das Album wahrscheinlich nicht geben, wenn diese Corona-Sache nicht passiert wäre. Es war uns als Band in der Pandemie beziehungsweise während der Lockdowns oft sehr fad. Wir sind als Band bereits 21 Jahre gemeinsam musizierend zusammen, und auf einmal war es so, dass wir in unseren Wohnungen getrennt voneinander festgesessen sind und uns lange nicht gesehen haben. Deshalb kam es zu dem Entschluss, dass wir von Montag bis Freitag komponieren, uns das erarbeitete Material gegenseitig per Mail schicken und uns jeden Sonntag getestet in unserem Proberaum im WUK treffen, um die neuen Lieder aufzunehmen. Wir haben dann im März und April 2021 im Studio das neue Album fertiggestellt. Durch die Pandemie beziehungsweise die Zeit zu Hause im Lockdown hat das mit dem Album ganz gut gepasst. Neue Inspirationen waren in dieser Zeit ohnehin Mangelware, so habe ich alte Fotoalben durchgeblättert und mich quasi in meine eigene Vergangenheit zurückversetzt und überlegt, welche Geschichten beziehungsweise Erfahrungen sind jene, die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin? Über diese Themen habe ich Texte geschrieben. Ich glaube, jeder Mensch hat drei bis vier Erlebnisse in seinem Leben gehabt, an die er sich noch wirklich gut erinnern kann und die ihn oder sie geprägt haben.

Kannst du ein Besipiel eines prägenden Ereignisses nennen, das in das Albums eingeflossen ist?

Eine Geschichte, die mich beispielsweise stark geprägt hat ist in der Single „Erdbeeren & Musik“, nach dem sich auch das Album betitelt, zu hören. Ich war damals 16 Jahre alt, und meine Eltern haben mir erlaubt zum Jazz-Fest in Wiesen im Burgenland zu fahren. Aber es gab eine Bedingung: ich durfte nicht allein hin, sondern sollte durch einen Freund der Familie begleitet werden, der auf mich ein bisschen aufpasst. Wir sind gemeinsam zum Festival gefahren, aber ich hatte nur das Ziel, meinen Begleiter so schnell wie möglich zu „verlieren“. Ich hatte die fixe Vorstellung auf dem Festivalgelände einen von mir sehr angebeteten Mann zu treffen, von dem ich wusste, dass er die Festivals in Wiesen auch immer besucht. Diesen Mann habe ich wirklich relativ schnell gefunden und wir sind uns nach kurzer Zeit in den Armen gelegen (schmunzelt). In Folge haben wir dann gemeinsam einen kompletten Tag und eine Nacht auf dem Gelände in Wiesen verbracht. Mein „Aufpasser“ ist circa um halb drei in der Früh allein nach Hause gefahren, da er mich nicht mehr gefunden hat, nicht zu vergessen, es war auch die Zeit, wo es noch keine Handys gab. Darum bin ich mit meinem neuen Begleiter zu Fuß nach Wiener Neustadt gegangen. Das war zwar ein weiter Weg, aber in meiner Euphorie ist mir das damals nicht so aufgefallen (schmunzelt). Wir sind dort am Vormittag des nächsten Tags angekommen. In meiner Erinnerung war das eine unglaublich schöne Erfahrung inklusive wunderbarer Stimmung bei den Konzerten, vielen tanzenden Menschen und reichlich Alkohol. Damals habe ich dieses Erlebnis als schönsten Tag in meinem Leben empfunden. In der Rückschau war das für mich eine Initialzündung, dieses Gefühl, sich frei und unabhängig von den Eltern zu fühlen. Ich glaube, so geht es auch vielen anderen Menschen mit 16 Jahren. Zum ersten Mal merkt man, dass man selbstständig ist und Dinge alleine schaffen kann. Man verliebt sich zum ersten Mal, lernt neue Leute kennen, hört neue Musik etc.

Du hast dich dann, so erfährt man, lauscht man dem Album weiter, bald noch einmal verliebt. Im Song „Alfio Settembre“ geht es bis nach Italien. „Kannst ma die Wöd zeigen“ heißt eine der Zeilen darin. „Er woa fremd und des woa schön, ah wenn i ka wort versteh“ eine andere. Ist Fremdheit und Reisen etwas, dass doch noch heute fasziniert?

Fremdheit ist tatsächlich ein Gefühl, dass ich liebe und schätze und dem ich mit einer totalen Neugierde begegne. Mich hat Fremdartiges schon immer angezogen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Dieses Gefühl, man kann die ganze Welt entdecken und man kann auf Leute zugehen. Ich war 19 und wusste, dass ich bald von zuhause ausziehen beziehungsweise im Oktober mein Studium beginnen würde. Vier Wochen bin ich in Italien geblieben – nach dieser kurzen Begegnung mit jenem Mann aus Sizilien in Wien, dem ich spontan gefolgt bin. Ich war damals überzeugt, dass dieser Italiener, Alfio Settembre, meine große Liebe ist! Es hat sich zwar dann nach kurzer Zeit herausgestellt, dass das mit der Liebe ein Missverständnis war, aber trotzdem war es eine sehr aufregende Erfahrung. In Sizilien konnte niemand Englisch, und ich konnte nicht Italienisch. Aber die andere Kultur, das andere Essen, andere Gerüche etc. das hat mich alles fasziniert. Als ich Alexander Horstmann, Bandleader von Denk und gleichzeitig mein Lebenspartner, diese Geschichte erzählt habe, meinte er, schon der Name „Alfio Settembre“ klingt musikalisch, da müssen wir unbedingt ein Lied darüber machen!

Ich kann mir vorstellen, dass es – auch gerade, wenn man als Band schon so lange zusammen ist wie ihr – nicht immer einfach ist, sich immer wieder zusammenzuraufen beziehungsweise auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.

Prinzipiell gibt es bei jedem neuen Album Diskussionen, einfach deswegen, weil wir eine Band sind und uns die Sachen demokratisch ausmachen wollen. Beim Arrangieren beziehungsweise bei den Aufnahmen im Studio gibt jeder etwas von sich her. Jeder möchte voll dahinterstehen, bei dem was passiert. Diesmal war der Prozess aber noch stärker konfliktbeladen, weil es eben die Dimension meiner eigenen Geschichten gab. Sprich wenn ich früher einen Text zu einem bestimmten Thema geschrieben habe, war da immer eine gewisse Distanz zwischen mir und dem Lied. In dem Moment, wo ich in einem Text etwas ganz persönlich von mir erzähle, ist jede Kritik ein persönlicher Angriff. Die Songtexte auf dem neuen Album sind wirklich 1:1 erlebte Geschichten. Wenn das jemand kritisiert, habe ich ein Problem damit. Eines der neuen Lieder heißt zum Beispiel „Buglkraxn“ und manche in der Band fanden diesen Ausdruck nicht schön. Vielleicht gibt es tatsächlich Menschen, auch in unserem Publikum, die mit dem Begriff nicht viel anfangen können, aber ich wollte ihn mir nicht nehmen lassen.

Gab es auch hinsichtlich der musikalischen Ausrichtung des Albums Diskussionen?

Ja, das hat sich dadurch ergeben, dass wir seit einiger Zeit in der Band nur noch zu fünft sind, weil unser zweiter Gitarrist vor einiger Zeit ausgestiegen ist. Darum haben wir uns beim neuen Album mehr Input von unserem Keyboarder Harald Wiesinger gewünscht. Mein Gitarrist Ludwig Ebner hat nur eine Gitarre und zwei Hände, deswegen haben wir auf die Keyboards gesetzt, weil man da mehrere Sounds gleichzeitig spielen kann. Dadurch haben sich auch musikalisch intensive Diskussionen ergeben, um trotz der einen Gitarre weniger im Bandgefüge, einen guten Sound zu finden. Das war ein intensiver Transformationsprozess.

„Erdbeeren und Musik“ ist als CD erschienen – in einer Zeit, in der immer mehr Leute streamen. Gibt es etwas Besonderes, dass du dir für das neue Album wünscht?

Vielleicht ist „Erdbeeren & Musik“ wirklich ein Abschluss für die Ära der CDs? Ich kenne viele Leute, die keinen CD-Player mehr besitzen. Viele Leute konsumieren heute Musik über Streaming, und oft nur einzelne Titel. Wir haben tatsächlich noch nie so intensiv an einem Album gearbeitet wie an diesem. Es ist auf jeden Fall ein Album, das einen roten Faden hat, das man gut durchhören kann. Wir haben uns nicht nur die Reihenfolge der Lieder gut überlegt, auch jeder Track hat etwas Besonderes. Es ist nicht zuletzt eine Reminiszenz an unsere musikalischen Vorbilder, sowohl an die 80er-Jahre als auch an ABBA. Ich würde mir wünschen, dass es viele Leute hören und sich eine Meinung dazu bilden. Klar wäre es auch schön, wenn sich „Erdbeeren & Musik“ einigermaßen gut verkauft, aber das ist nicht die Hauptsache. Und ich freue mich wahnsinnig, das neue Album auf unserer Tour ab März live vorzustellen!

Es gibt auf dem Album auch noch „Des Liad“. Was gibt es dazu zu erzählen?

„Des Liad“ ist genau in der Phase entstanden, in der die Kollegen aus der Band gesagt haben: Jetzt schreib´ endlich mal etwas über dich und schreib´ ein Lied für die Hitparade! Ich habe gesagt, alles gleichzeitig geht nicht. Entweder ich schreibe nur für mich alleine oder ich schreibe, ohne dass ich weiß wie man das macht, ein Lied das vom Text her in die Formatradios passt. Das Ergebnis war ein Lied nur für mich alleine. Und es ist doch eigentlich genauso: man schreibt in erster Linie immer für sich selbst und hofft, dass da draußen irgendjemand etwas damit anfangen kann. Und genau das will ich eigentlich auch: Ich möchte nicht nach irgendeiner Formel einen Hit am Reißbrett entwerfen, sondern ein Lied schreiben, das für mich persönlich passt. Wenn wir ein Album darauf hin produzieren müssten, dass es ein großer Hit wird, dann dürfte ich gar nicht darauf singen. Ich widerspreche schon allein sämtlichen Erfolgsformeln, weil eine Frau, die Dialekt singt, sowas gibt´s einfach nicht.

Danke für das Interview!

Zur Person
Birgit Denk wurde 1971 in Hainburg an der Donau geboren. Sie ist eine österreichische Sängerin, Texterin und Moderatorin. Gemeinsam mit der Gruppe DENK hat sie seit der Gründung 2000 über zehn Alben veröffentlicht. Zur aktuellen Besetzung gehören neben Birgit Denk noch Alexander Horstmann (Bandleader, Bass, Gesang), Ludwig Ebner (Gitarre), Philipp „Disco“ Mayer (Schlagzeug) und Mag. Harald Wiesinger (Keyboards). Daneben treten DENK in größerer Besetzung auch mit dem Programm „Ich wünsch mir zum Geburtstag einen Vorderzahn“ auf, dass sich den legendären Kabarettliedern der 50er Jahre, verfasst von Cissy Kraner, Hugo Wiener, Gerhard Bronner, Helmut Qualtinger, Georg Kreisler oder Hermann Leopoldi, widmet. Das aktuelle Album „Erdbeeren & Musik“ wurde im Oktober 2021 veröffentlicht. Seit 2014 moderiert Birgit Denk die Sendung „DENK... mit Kultur" auf ORF III. 
Termine: www.bdenk.at

Geschrieben von Robert Fischer