Es hat mittlerweile fast schon etwas Kultiges, wenn das „Bernhard Ensemble“ einmal im Jahr zum Theater-Film-Mash-Up bittet. Seit 2011 verschränken Ernst Kurt Weigel und sein Team nun schon äußerst erfolgreich internationale Filmhits mit Klassikern der österreichischen Bühne. Durften in der Vergangenheit bereits Werke von Schnitzler mit David Lynch oder Nestroy mit Quentin Tarantino eine spannende Liaison eingehen, so ist es dieses Jahr Martin Scorseses „Taxi Driver“, der auf Helmut Qualtingers Herrn Karl trifft.

Beides Werke, die mittlerweile Kultstatus genießen. Doch ergibt Kult plus Kult gleich Kult? Und ist diese Frage überhaupt von Belang? „Scheiß egal – hauptsach leiwand is“: um in einem zum Stück passenderen Wortlaut zu verfallen. Obszöne Ausdrucksweisen, ein Schmäh oft unter der Gürtellinie und Kostüme, die teilweise derart geschmacklos sind, dass sie nicht einmal mehr als hässlich durchgehen – „Taxi.Speiber“ ist vor allem eines: nichts für Leute, die pikiert schauen, sobald sich einer „unziemlich“ benimmt oder zehn Cent Stückchen in irgendwelche Fluchdosen werfen. Aber um bürgerliches Scheingetue geht es hier zur Abwechslung im (Off) Theater nicht.

Für sein aktuelles Stück hat Weigel dem Volk einmal mehr aufs Maul geschaut. Und man kann in Wien seine „Pappn“ schon mal ziemlich hässlich aufreißen. Ausländerfeindlichkeit, Sexismus und Einsamkeit, die sich in Grantlertum und gewalttätigem Verhalten entlädt – das Leben gebiert nicht nur abscheuliche Ausdrucksweisen, sondern auch dunkle Gestalten. „In der Nacht kommt dieses G’sindel aussegreult“ wie es im Stück so schön heißt. Trevis, unser einsamer Held mit Schlafstörungen, er fährt sie alle: Vom Altnazi über betrunkene Partytiger bis hin zum Zuhälter und zur Prostituierten – sie alle kotzen sich passend zum Titel bei ihm aus. Doch der Frustrationspegel steigt. Wie schon sein Vorbild Robert De Niro verfällt der einsame Kutscher durch die Nacht in eine Art Rächer-Mentalität. Das Objekt seines Weltverbesserungs-Dünkels, die minderjährige Prostituierte Iris (zauberhaft in ihrer kindlichen Unschuld verkörpert von Isabella Jeschke). Nachdem er es mit seiner Angebeteten – der engelsgleichen Tänzerin (Leonie Wahl) – vergeigt hat, hat Trevis nur mehr eine Mission: das Mädchen von den Zugriffen männlicher Besitzansprüche zu befreien.

Spätestens ab hier nimmt das Stück richtig Fahrt auf. Handelt es sich bei den ersten 60 Minuten eher um vor den Augen der Zuschauer dahinplätschernde kurze Momentaufnahmen. Weigel steigt aufs Gas und die Dinge eskalieren. Da geht selbst der sich regelmäßig vor dem Bühnengefährt (die Karosserie eines alten Citroën DS) einfindenden Taxifahrer-Familie jeglicher Spruch auf den Lippen verloren. Den sprichwörtlichen Clown vom Anfang, den hat am Ende niemand mehr „g’frühstückt?“ Vielleicht nicht gerade Kult, aber doch gelungen.

Taxi.Speiber
Vorstellungen noch am 15., 17., 20., 21., 24., 27., 28. und 31. Oktober sowie am 3., 4., 7., 8., 10. und 11. November 2017
Off Theater (WHITE.BOX)
Kirchengasse 41
1070 Wien
www.off-theater.at

© Walter Mussil

Geschrieben von Sandra Schäfer