„We need to disagree“ heißt heuer das Motto, mit dem das beliebte Festival für Kurzfilm seine 15. Saison bestreitet. Vom gleichnamigen Fokus – mit Filmen zur Sündenbockpolitik und einem Blick zurück ins 68er-Jahr – über die fünf Wettbewerbskategorien (heuer wird es erstmals auch einen Wettbewerb mit VR-Filmen geben) wartet das Festival einmal mehr mit brandaktuellen Themen auf:  Überwachung, moderne Kriegsführung (Mila Zhluktenko und Sylvain Cruiziats „Find Fix Finish“) sowie Kindesmissbrauch („Casa son Duno“ von Vanessa Rüegger) – von 29. Mai bis 4. Juni versorgen uns die „Vienna Shorts“ mit reichlich Stoff zum Nachdenken über den Zustand unserer Welt. Eine Welt, in der, obwohl in gleicher Zahl vertreten, Frauen immer noch weniger Rechte besitzen als Männer und weniger Anerkennung bekommen.

Mit 60 Prozent weiblichen Filmschaffenden in der Wettbewerbsschiene „Fiction & Documentary“ setzt „man“ bei VIS ein starkes Zeichen für Frauen im Filmbusiness. Eine Prozentzahl, die leider nicht die noch immer ungleiche Vergabe von Förderungen in der Filmbranche spiegelt. Dafür sind die Themen beziehungsweise die Lebensbedingungen von Frauen rund um den Globus, die auf die Leinwand projiziert werden vielfältig. Die Palette erstreckt sich vom „Thriller“ zu den Gefahren einer Busfahrt für Frauen im Iran („Negah“ von Farnoosh Samadi) über die Auswirkungen eines sexuellen Übergriffs (Adinah Dancygers „Cheer up Baby“) bis hin zum Portrait der 93-jährigen Studentin und Pastorenwitwe Rosemarie Aschenbach („Ars Moriendi oder die Kunst des Lebens“ von Kristina Schranz). Nur eine kleine Auswahl von insgesamt 109 Filmen, die für die Wettbewerbe ausgewählt wurden.

Neues aus Österreich

Zu sehen sind sowohl Arbeiten junger Newcomerinnen wie Leni Gruber – die mit „Schneemann“ bereits den „Crossing Europe Award – Local Artist“ einheimsen konnte – als auch renommierte Größen des Business wie Siegfried A. Fruhauf, der heuer mit dem Musikvideo „Where Do We Go“ vertreten ist. Beide Filme laufen im Österreich-Wettbewerb. Ebenfalls im Programm befinden sich Karl Wratschkos „Index“ (ein Zweiminüter über das Korruptionsniveau im öffentlichen Sektor im Staatenvergleich) und „Supernaked“ von Fabio Lang. Letzteres eine Animation über die BUWOG-Affäre, basierend auf der Recherche eines Teams der Zeitschrift „Falter“.

Mit weiteren Animationen aus dem In- und Ausland wartet auch dieses Jahr der internationale Wettbewerb „Animation Avantgarde“ für Animations- und Experimentalfilm auf. Generell wird heuer einiges an experimentellem Filmschaffen über die Leinwand flimmern. Neben dem österreichischen Vertreter des so genannten Expanded Cinema der 70er Jahre, Ernst Schmidt jr., dem gemeinsam mit sixpackfilm ein Schwerpunkt gesetzt wurde, gastiert mit Martha Colburn eine der angesehensten amerikanischen Experimentalfilmerinnen in Wien. Ebenfalls aus Amerika angereist ist Mark Toscano.

Best of …

Toscano fungiert als Leiter des Archivs der „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“ als Spezialist für die Restaurierung des unabhängigen und Avantgarde-Filmschaffen. In Wien wird er für drei Programme verantwortlich zeichnen. Seit 2015 zählt „Vienna Shorts“ als einziges österreichisches Festival zu den Academy Qualifying Festivals. Das bedeutet, dass das Wiener Festival über das Privileg verfügt, ausgewählte Filme auf die Longlist für die jährliche Oscar-Verleihung zu setzen. Wer sich einen Überblick über mögliche Kandidaten verschaffen will, kann dies bei „Best of VIS: The Award Winning Films“ am 4. Juni tun. Gezeigt werden jene Beiträge, die entweder von den Jurys ausgezeichnet oder vom Publikum favorisiert wurden.

Bereits preisgekrönt sind auch jene 34 Filme, die von der französischen „Académie des Césars“ ausgewählt und auf Reisen geschickt wurden. Im Rahmen von VIS sind sie bei freiem Eintritt als Marathon-Screening zu sehen.

Und last but not least bieten auch heuer wieder die Trés chic-Night, die bei vielen bereits Kultstatus genießt, die Porno-Schiene „PopPorn“ und das Horrorprogramm „Nightmares“ pünktlich zur Geisterstunde Gänsehautfeeling und Unterhaltung der besonders lustvollen Art.

Special PopPorn: © MATHIAS (Clara Stern)

VIS – Vienna Shorts
29. Mai bis 4. Juni 2018

An diversen Orten der Stadt
Unter anderem im:
Metro Kinokulturhaus (Johannesgasse 4, 1010 Wien)
Österreichisches Filmmuseum (Augustinerstraße1, 1010 Wien)
frei_raum Q21 exhibition space (MQ – Museumsplatz 1, 1070 Wien)
Muk.lounge der Musik und Kunst Privatuniversität Wien (Johannesgasse 4a, 1010 Wien)
Eintritt: 8, 50 Euro / ermäßigt 7 Euro
Erstmals gibt es einen 4:3-Pass, bei dem jedes vierte Ticket gratis ist
www.viennashorts.com

Geschrieben von Sandra Schäfer