Von 1. bis 11. Juni werden alle Stücke, die im vergangenen Jahr erarbeitet wurden, im Rahmen eines Festivals präsentiert. Über eine Woche geben sich dabei Kinder von vier und Jugendliche von 26 Jahren auf der Bühne die Klinke in die Hand.
Die Kulturfüchsin hat Geschäftsführer und Theaterpädagoge Gregor Ruttner im Vorfeld zum Interview getroffen. Ein Gespräch über erste Schritte, Theater auf Augenhöhe und die Wichtigkeit des Reisens.
Die BiondekBühne nahm ihren Anfang als Schulprojekt im Rahmen eines Wahlpflichtfachs. Noch heute trägt der Verein den Namen der Schule im Titel. Inwiefern wollen Sie damit auch auf die Anfänge verweisen? Theater sozusagen als Schule des Lebens?
Als das Projekt vor vielen Jahren seinen Anfang nahm, wurde relativ unreflektiert der Name der Schule übernommen. Als wir uns 2003 als Verein angemeldet haben, fanden wir den Titel rückblickend allerdings sehr passend. Herr Biondek, nach dem die Schule benannt wurde, war Gärtner. So wie er die Pflanzen zum blühen brachte, wollen wir dafür sorgen, dass die Kinder und Jugendlichen, die wir begleiten, im Leben aufblühen können. Außerdem wurde für die Errichtung der Schule die Grünanlage verwendet, die er damals angelegt hatte. Als „Gutmachung“ wurde quasi die Schule nach ihm benannt. Es geht im Leben immer auch darum Widerstände zu überwinden.
Wie kann man sich die Umsetzung dieser Vorhaben in der Praxis vorstellen? Bei den Wiener Festwochen gibt es dieses Jahr beispielsweise ein Projekt bei dem Kinder Erwachsenen die Haare schneiden. Wie gehen Sie bei der BiondekBühne damit um, dass Kindern einerseits oftmals wenig zugetraut wird und sie auf der anderen Seite mit Kursen und Talentförderungsmaßnahmen überfordert werden?
Wir sind kein Theater, das vielleicht wie bei den Festwochen, Regisseuren den Platz zur Verfügung stellt sich selbst zu verwirklichen. Wir bieten auch nicht Schauspielerinnen und Schauspielern die Möglichkeit sich durch die Arbeit mit Kindern etwas dazu zu verdienen. Bei uns sind in erster Linie Kunstpädagoginnen und -pädagogen tätig, die sich bewusst dafür entschieden haben mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Es geht uns zum einen darum, die Persönlichkeit unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu stärken und zum anderen, die Neugierde für zeitgenössische Darstellungsformen zu wecken. Wir arbeiten werkstättenartig und animieren die Kinder dazu eigene Ideen und Ansätze einzubringen. Die Palette der Sparten, die wir abdecken reicht vom Tanz über Schauspiel mit Musik bis hin zur Rhythmik. Oft fließen die unterschiedlichen Formen ineinander. Kinder sind auch Menschen, sie haben wie Erwachsene bestimmte Ideen und Vorstellungen. Es passiert immer wieder, dass die Eltern, die die Stücke sehen, überrascht sind was ihre Kinder da so umsetzten. Letztes Jahr hatten wir zum Beispiel mit einer Gruppe von Achtjährigen eine Stück zum Thema Flucht erarbeitet. Alle Teilnehmer haben sich intensiv damit auseinandergesetzt was passiert wenn man plötzlich weg muss. Alle unsere Stücke entstehen aus dieser Gruppensituation heraus. Das gemeinsame Reflektieren steht immer im Vordergrund. Dabei ist es wichtig, alle Überlegungen zuzulassen.
Welche Rolle spielen die Pädagogen bei der Stückentwicklung?
Die Gruppenleiterinnen und -leiter sind in erster Linie dazu da für die nötige Sicherheit zu sorgen. Wenn die Kinder es schaffen im geschützten Raum über das was sie bewegt zu sprechen, dann können sie es auch schaffen das in die Welt hinaus zu bringen.
Wie viele Teilnehmer haben Sie im Jahr? Und wer kommt zu ihnen? Sind das zum Beispiel Eltern, die sagen mein Kind ist so lebhaft, kann sich das bei Ihnen auf der Bühne austoben?
Zum einen ja, aber auch genau das Gegenteil ist der Fall – dass viele Eltern kommen und sagen: mein Kind ist so schüchtern, könnt ihr da etwas tun? Ab elf, zwölf Jahren kommen die Kinder meist von alleine und bringen ihre Freunde und Freundinnen mit. Bei uns gibt es Gruppen für Drei- bis 26-Jährige. Letztes Jahr hatten wir insgesamt 500 Workshopteilnehmende.
Die Stücke, die im vergangenen Jahr erarbeitet wurden sind von 1. bis 11. Juni im Rahmen eines Festivals zu sehen. Was erwartet das Publikum?
Das Festival gibt es in dieser Form seit vergangenem Jahr. Wir zeigen alle über das Jahr erarbeiteten Stücke. Die Bandbreite reicht von einer Aufführung von Vierjährigen bis hin zu einer Gruppe von 20-Jährigen, die bereits seit zehn Jahren bei uns zusammen arbeiten. Da fällt es natürlich schwer etwas herauszupicken, weil alle so unterschiedlich sind. Aber, ich habe zum Beispiel mit einer Kollegin gemeinsam einen Abend zum Thema Heimat erarbeitet. Ein Tanzstück für 7 bis 13-Jährige, das zum einen auf den Überlegungen der Kinder und Jugendlichen beruht und zum anderen eine freie Interpretation von „Ziernähte“ der Schriftstellerin Gertraud Klemm ist. Ein anderes Stück, das wir beim Festival zeigen, ist „Raum“, das mit Barbara Ebner erarbeitet wurde. Die Jugendlichen haben sich überlegt ein Stück zu machen, das zeigt was passiert, wenn eine Gruppe von Jugendlichen auf engsten Raum zusammenkommt.
Apropos Raum: Gibt es eigentlich im deutschen Sprachraum ein vergleichbares Theater?
In dieser Größenordnung nicht. Das Dschungel Wien hat drei so genannte Werkstätten, wo Kinder Stücke erarbeiten können. In Graz gibt es noch die TaO Bühne. In Tirol gibt es die YA! (young acting), die einige Gruppen haben. Die arbeiten allerdings sehr dezentral. In Europa gibt es mehrere Theater, die unserem ähnlich sind. Da existiert ein reger Austausch. Wir sind mit unseren Stücken auch sehr viel international unterwegs.
Wie finanzieren Sie das?
Wir haben vor ein paar Jahren den Code des Förderprogramms Erasmus Plus geknackt. Das heißt die EU fördert Flug und Unterbringung. Für die Eltern fallen nur mehr geringe Kosten an. Wir waren zum Beispiel 2013 mit einer Gruppe von Jugendlichen in Armenien, wo wir mit armenischen Schülerinnen und Schülern, die Deutsch lernen, ein Stück entwickelt haben. Der Kontakt ist durch eine Mitarbeiterin des Peace Corps zustande gekommen, die meinte, dass es interessant wäre, wenn die Schüler ihre Sprachkenntnisse durch gemeinsames Theaterspiel vertiefen könnten. Unsere Jugendlichen schwärmen noch heute davon. Im Sommer 2015 haben wir im Wienerwald gemeinsam mit 70 Menschen aus sieben verschiedenen Ländern ein Stück zum Thema Flucht und Asyl aufgeführt. In den Osterferien haben wir gemeinsam in Deutschland das Stück „Brexit – WTF“ erarbeitet.
Bleiben viele ihrer Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Theater oder äußern sich, eine Karriere in den darstellenden Künsten anstreben zu wollen?
Es gibt durchaus Jugendliche, die sich dafür interessieren professioneller Schauspieler oder Schauspielerin zu werden. Viele können sich auch vorstellen später als Lehrende zu arbeiten. Andere haben durch die gemeinsamen Reisen ihr Talent für internationales Management entdeckt und wollen in diese Richtung etwas machen. Das ist unterschiedlich. Wir schulen hier vor allem die Teamfähigkeit. Das ist etwas, das man in viele Berufe mitnehmen kann.
Zur Person: Gregor Ruttner, MA wurde 1991 in Baden geboren. Er studierte Theaterpädagogik sowie Freizeitpädagogik und schloss eine Regieausbildung ab. Zur BiondekBühne kam er als Schüler des BRG Biondekgasse.
Jugendtheaterfestival der BiondekBühne
1. bis 11. Juni 2017
BiondekBühne
Waltersdorferstraße 40
2500 Baden
Preise: Vollpreis: € 12 /ermäßigt: Zahle, so viel du kannst/willst/ festival.pass: € 25,- www.biondekbuehne.at
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