Sie wirken wie Wesen aus einer anderen Dimension. Hart und weich – mit ihrer Größe den Raum einnehmend und doch irgendwie wie auf der Durchreise.

Als „unentschlossen in ihrem Aggregatzustand“, beschreibt Christine Janicek die schwarzen Skulpturen, die noch bis September im neu eröffneten Kunstraum Nestroyhof zu sehen sind. Die Kuratorin der am Mittwoch eröffneten Ausstellung hat für die erste Präsentation zwei Künstler ausgewählt, die für ihre Arbeit aus dem Unbewussten schöpfen: Julie Hayward und Thomas Reinhold. Beide beschreiben den Prozess ihrer künstlerischen Tätigkeit als eine Art Schwebezustand – ein Zustand des Nicht-Denkens.

Dabei entstehen bei dem Maler Reinhold Landschaften, die wirken als könnten sie den seltsamen Gebilden Haywards ein Zuhause liefern. Die Räumlichkeit seiner Bilder erzielt der diplomierte Textilkünstler durch die Zeit des Arbeitsprozesses, die in den unterschiedlichen Schichten zum Ausdruck kommt. „Transport und Kommunikation“ nennt sich eine Werkgruppe des 1953 geborenen Künstlers. Eine Kommunikation, die in mehrere Richtungen stattfindet: von der Kommunikation der – in manchen Bildern beinahe ausnahmslos in Schwarz gehaltenen – Farben über die Interaktion mit den Besuchern bis hin zur bestehenden Beziehung mit dem Raum. Letzterer kommt gerade im Hinblick auf die Eröffnung der neuen Räumlichkeiten eine besondere Bedeutung zu.

Vom Supermarkt zurück zur Kunst

Untergebracht ist der neue Kunstraum im historischen Gemäuer des 1898 von Oskar Marmorek erbauten Nestroyhofs. Die Geschichte des Gebäudes dürfte Historikern und Grätzel-Forschern vor allem aufgrund der Arisierungsmaßnahmen der Nationalsozialisten bekannt sein. Von 1898 bis 1938 befand sich zudem ein für Wiens kulturelles Leben wichtiges Theater im Haus, das 2009 als „Hamakom“ wieder eröffnet werden konnte. Ähnlich dem benachbarten Hamakom teilte der heutige Kunstraum das Schicksal, nach einem Zwischenspiel als Kino und Café, jahrelang als Lager einer Lebensmittelkette „missbraucht“ worden zu sein. Laut Kunstraum-Investor Georg Folian wünschten sich die aktuellen Besitzer des Gebäudes eine Nutzung abseits von Gastro- und Shoppingbetrieb. Das Konzept des Kunstraums, der von der „Serendipity KG“ verwaltet wird, sieht vor neben eigenen kuratierten Ausstellungen den Raum Künstlern und nicht in Wien befindlichen Galerien als Präsentationsfläche zur Verfügung zu stellen. Wichtig sei lediglich so Janicek, dass es „zur Idee und zum Geist des Raums“ passe.

Noch bis Ende des Jahres soll der Kunstraum Nestroyhof mit zwei weiteren hauseigenen Projekten bespielt werden. Im September werden die bildende Künstlerin Nita Tandon und der Schriftsteller Daniel Wisser laut Janicek live „Bilder von Bildern von Bildern in unserem Bewusstsein festsetzten“. Nach einer Personale der Malerin Eva Hradil im November folgt Anfang 2017 ein ungewöhnliches Projekt mit Max Böhme, Ronald Kodritsch und Franziska Maderthaner, die unter dem Titel „das beste Bild der Welt“ eine Gemeinschaftsarbeit bestehend aus Malerei, Video und einem Katalog gestalten wollen. In Planung befindet sich des Weiteren eine Ausstellung mit Plattencover, um nach Janicek doch noch etwas Musik in die für Konzerte ungeeigneten Räume zu bringen. Über die Möglichkeit den Raum für Filmvorführungen zu nutzen, wird derzeit ebenfalls nachgedacht. Klingt spannend, findet die Kulturfüchsin und wünscht auf jeden Fall schon mal – so von „Neuling zu Neuling“ – viel Erfolg.

RealFiktional
Julie Hayward & Thomas Reinhold
16. Juni bis 15. September 2016
Kunstraum Nestroyhof
Nestroyplatz 1
1020 Wien
www.kunstraum-nestroyhof.at

@Fotos: Juan Maiquez; Franz Schachinger; Julie Hayward

Geschrieben von Sandra Schäfer