Nur weil seine Dauer in der Regel die 30-Minuten-Grenze nicht überschreitet, vermag er doch nicht weniger zu bewegen, faszinieren oder verstören als seine längeren Kollegen – der Kurzfilm.
Und doch wurde in der Vergangenheit immer wieder beklagt, dass es um seine Popularität in Österreich eher schlecht bestellt sei. Ein Zustand, der sich auch dank der Arbeit des VIS – Vienna Independent Shorts – in den letzten Jahren massiv geändert hat.
Daniel Ebner, seit 2009 künstlerischer Leiter des Festivals, spricht heute gar von einer Blütezeit des Kurzfilms, dessen Zenit noch nicht erreicht sein soll.
Dass man auch mit kurzen Filmen Schlagzeilen machen kann, bewiesen Ebner und sein Team erst unlängst, als es als einziges österreichisches Festival in das Academy Qualifying für die Oscars aufgenommen wurde. Das Festival besitzt damit das Privileg einen ausgewählten Film auf die Longlist für die jährliche Oscar-Verleihung zu setzen. Laut Geschäftsführer Benjamin Gruber ein Qualitätssiegel, das eindrücklich zeigt, welchen hervorragenden Ruf VIS inzwischen genießt.
Ein Umstand, über den die Fans, die dem Festivals die Stange halten und die – für Kurzfilmfestivals eher selten – immer wieder für ausverkaufte Vorstellungen sorgen, bereits seit Jahren bestens unterrichtet sind. Für sie heißt es auch dieses Jahr wieder – Academy qualifiziert oder nicht – eifrig ins Kino zu pilgern. Keine leicht zu bewältigende Aufgabe, denn mit insgesamt 346 Filmen in vier Wettbewerbsschienen und sieben speziellen Programmen sowie zahlreichen Extras fällt die Auswahl erneut vielfältig aus. Auch wenn es in Wahrheit oft nicht mehr als einen Film braucht für einen eindrucksvollen Kinoabend.
Wettbewerbe & international Gäste
Dass auch ein 12-Minüter beispielsweise zu erschüttern weiß, das beweist heuer Floor van Meulen mit “9 Days – From My Window in Aleppo”, in dem der Filmemacher mit der Kamera aus der Wohnung des Fotografen Issa Touma auf eine Straße in Syrien blickt und den Kriegsbeginn einfängt.
An einem Foto des auf Lanzarote lebenden Pressefotografen Juan Medina orientierte sich hingegen der italienische Filmemacher Ronny Trocker in “Estate”. Das mit dem Lead Award als Foto des Jahres 2007 ausgezeichnete Bild zeigt einen Mann, der mit letzter Kraft am Strand kriecht, während die Menschen um ihn herum halb sensationslüstern halb teilnahmslos die Kamera zücken.
Beide Filme laufen in der Sparte „Fiction & Documentary“, einer von vier Wettbewerben, die auch heuer wieder das Herzstück des Festivals bilden. Darunter die Sektionen „Screensessions“ (nationaler Musikvideopreis) und der Österreich-Wettbewerb – hier ist vor allem Tim Ellrichs traurig komisches Kammerspiel im Bade “Die Badewanne” hervorzuheben – sowie die in Kooperation mit der ASIFA (Association Internationale du Film d’Animation) gestaltete Schiene „Animation Avantgarde“.
In letzterem ist heuer u.a. der schöne surrealistische Film “Love” von Reka Bucsi zu bestaunen. Die Animation rund um mysteriöse kosmische Ereignisse auf einem fernen Planeten, der das Leben der Tiere verändert wird auch Teil des Eröffnungsprogramms am 25. Mai im Gartenbaukino sein.
Ebenfalls bei der Eröffnung über die Leinwand flimmern wird ein Couch Gag für die Fernsehserie “The Simpsons”, die der amerikanische Animationskünstler Bill Plympton 2012 schuf. Plympton ist zudem – neben der belgischen Künstlerin Anouk de Clercq, deren vielfach preisgekröntes Werk im Metro Kino zu erleben ist – Stargast des Festivals und bei einer Masterclass live zu erleben sein. Im Kinosaal zu sehen sind hingegen eine Auswahl seiner Kurzfilme sowie “I married a strange person” – einer von insgesamt sieben Langfilmen des Grande Meussieurs des Animationsfilms.
Dauerbrenner & neuer Zündstoff
Eine Institution der anderen Art erwartet die BesucherInnen bei den so genannten Midnight Movies: „Trés chic“ – die seit Anbeginn Fans mit Trash versorgen – die „verruchte“ Porno-Schiene „PopPorn“ und das vergangene Jahr gemeinsam mit dem Filmfestival “/slash” ins Leben gerufene Horrorprogramm „Nightmares“, das pünktlich zur Geisterstunde für Gänsehautfeeling im Kinosaal sorgen wird.
Mittlerweile ebenfalls bereits ein Klassiker im Programm ist die „Night of the Light“, die in Kooperation mit Wien Energie stattfindet. Unter dem Motto „Power to the People“ wurden Filmemacher im Vorfeld dazu aufgerufen dreiminütige Arbeiten zum Thema einzureichen. Neu ist hingegen eine Kooperation mit dem Wiener Tourismusverband, in deren Rahmen drei FilmemacherInnen eingeladen wurden Arbeiten zum Thema: „Im Rhythmus von Wien“ zu gestalten. Die Ergebnisse werden im September präsentiert.
Nicht so lange gedulden müssen sich alle, die am Fokus „Fear Is Not An Option“ interessiert sind. Gemeinsam mit den Kurzfilmfestivals „Go Short“ in den Niederlanden und dem kanadischen Festival „du nouveau cinéma“ wurden in mehreren Programmen Filme ausgewählt, die sich mit humanitären Krisen und die darauf erschreckenden Reaktionen beschäftigen. Ein schönes Motto für ein Festival, das seinen Anfang vor 13 Jahren als studentische Initiative genommen hat. Damals hätte vermutlich noch keiner gewagt davon zu träumen, dass man sich einmal als Oscar Festival etabliert. Nehmen wir dies also zum Anreiz zu hoffen, dass der dieser Tage herrschenden Angst etwas entgegengesetzt werden kann.
VIS – Vienna Independent Shorts
25. bis 31. Mai 2016
Gartenbaukino
Parkring 12
1010 Wien
www.viennashorts.com
@Fotos: VIS
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