Es gibt wohl kaum einen Wiener, der nicht schon einmal in Italien gewesen wäre. „Bella Italia“ zählt nach wie vor zu den beliebtesten Urlaubsdestinationen der Österreicher. Derweil muss man gar nicht erst gen Süden ziehen um italienisches Lebensfeeling zu zelebrieren und Kunst und Kultur italienischer Künstler auf sich wirken zu lassen. Wer sich vor allem in den Sommermonaten und rund um die Weihnachtszeit in die Wiener Innenstadt begibt, kann die Musikalität der italienischen Sprache vielerorts aus touristischen Mündern erklingen hören. (Rund 300.000 Gästeankünfte verbuchte die österreichische Hauptstadt 2015. Beinahe 7.000 Menschen haben ihren Wohnsitz mittlerweile von Italien nach Wien verlegt. Zudem stellen Italiener nach Deutschen die zweitgrößte Gruppe hier Studierender dar.)
Ein Streifzug durch die Stadt wird jedoch auch schnell zu einem Spaziergang zu den Zeugnissen italienischer Bau- und Bildhauerkunst. Denn in der ehemaligen Habsburger-Residenzstadt waren im Laufe der Geschichte zahlreiche namhafte italienische Architekten und Bildhauer am Werk. Die Palette reicht vom Renaissance-Baumeister Pietro Ferrabosco (1512-1575?), der auf Geheiß des späteren Kaiser Ferdinand I. das prachtvolle Schweizertor in der Hofburg schuf, über Lorenzo Mattielli (1687-1748), dessen Plastiken quer über die ganze Stadt verstreut sind (darunter der Engelssturz auf dem Dach über dem Haupteingang der Michaelakirche und die Weltkugel tragenden Statuen auf dem heutigen Feuerwehrgebäude am Hof) bis hin zu Antonio Canova (1757-1822), der für das Grabdenkmal für Kaiserin Maria Theresias Lieblingstochter Erzherzogin Marie Christine in der Augustinerkirche verantwortlich zeichnet. Seine Marmorgruppe „Theseus besiegt den Kentauren“ befindet sich heute im Stiegenaufgang im Kunsthistorischen Museum.
Italiener bei Hof
Das Museum zählt zu den weltweit bedeutendsten Museen für Kunst und beherbergt mit Gemälden von Tizian, Veronese, Tintoretto die größte Sammlung venezianischer Malerei außerhalb Italiens. Und wer genau schaut, wird auch das eine oder andere Bild ehemaliger Habsburger-Regenten aus italienischem Hause finden. Darunter ein Bildnis Eleonoras von Mantua, der dritten Frau Kaiser Ferdinand III. Beide sorgten Zeit ihres Lebens im 17. Jahrhundert für einen starken italienischen Einfluss im Wiener Kunst- und Kulturleben. Damit standen sie in einer Reihe von Bewunderern der italienischen Kultur in der österreichischen Geschichte. Schon Kaiser Friedrich III. brachte 1443 den Humanisten Enea Silvio Piccolomini nach Österreich, wo dieser an der Wiener Universität Vorlesungen hielt. Der italienische Maler Canaletto schuf im Auftrag von Kaiserin Maria Theresia ab 1758 dreizehn detaillierte Ansichten von Wien.
Einer der bekanntesten Italiener am Kaiserhof war jedoch zweifelsohne Antonio Salieri. Der Musiker lebte seit seinem sechzehnten Lebensjahr in der Residenzstadt und brachte es hier 1788 immerhin bis zum Hofkapellmeister. Heute ist der Komponist vielen als angeblicher Giftmörder Mozarts bekannt. Zu unrecht, wie sich heute viele Historiker einig sind. Salieri unterrichtete nicht nur Musiker wie Beethoven oder Schubert, sondern hatte auch an der Gründung der Gesellschaft der Musikfreunde Wien großen Anteil.
Ein weiterer Italiener zu dieser Zeit in Wien war Lorenzo da Ponte. Der Librettist wurde 1781 von Josef II. zum Theaterdichter ernannt (u.a weil der Kaiser die italienische Opern anstelle des deutschen Singspiels fördern wollte). Ponte schrieb in Wien Libretti für Salieri und Mozart. Zudem liefern seine Memoiren Aufschluss über das musikalische Leben der Stadt. Heute halten das „da Ponte Research Center“ in der Goethegasse und das Mozarthaus die Erinnerung an den 1838 in Amerika verstorbenen Künstler wach.
In Wien verstorben ist Antonio Vivaldi. Eine Gedenktafel an der TU (Technische Universität) erinnert an den 1741 auf dem Gelände (damals befand sich hier ein Friedhof ) begrabenen Komponisten. Seit 2001 hält zudem ein Vivaldi-Denkmal aus Carrara-Marmor hinter der Votivkirche die Erinnerung an den Musiker lebendig.
Auf den Aufenthalt Verdis in Wien verweist hingegen eine Büste in der Staatsoper, an der er sowohl als Komponist als auch als Dirigent Triumphe feierte. Die Geschicke des berühmten Opernhauses wurden immer wieder von Italienern gelenkt. Noch heute zählen italienische Opern wie u.a. Verdis „Aida“ oder Puccinis „Tosca“ oder „Le Nozze di Figaro“ mit da Pontes Libretto zum Repertoire.
Kirchen-Kunst, Kino und Kulturinstitute
Freilich wartet in der „Weltstadt der Musik“ – wie die Kulturpolitiker Wien gerne vermarkten – nicht nur die Staatsoper mit Musik italienischer Komponisten und Musiker auf. Auch die Volksoper, der Musikverein und das Wiener Konzerthaus haben immer wieder Konzerte von italienischen Komponisten im Programm – auch zeitgenössische.
Für Liebhaber italienischer Chormusik ist ein Ausflug zum „Coro Antonio Salieri“ in die Minoritenkirche zu empfehlen. Die Minoritenkirche ist seit 1784 Eigentum der Italienischen Kongregation und hat es sich zur Aufgabe gemacht für „religiöse Erziehung in italienischer Sprache“ zu sorgen. An Wochenenden und Feiertagen werden hier italienische Messen gelesen und zur Adventzeit verzückt eine original italienische Krippe die Besucher. Eine Besonderheit ist die Nachbildung des berühmten Werkes „Das letzten Abendmahl“ von Leonardo da Vinci, das im Auftrag Napoleons von Giacomo Raffaelli angefertigt wurde.
Für Kunstinteressierte empfehlenswert ist auch ein Besuch der Jesuitenkirche. Von 1703 bis 1707 tobte sich der Maler und Architekt Andrea Pozzo hier ganz dem Stil der illusionistischen Raumbemalung des Barocks entsprechend aus.
Italienische Kino-Illusionen erwarten die Zuschauer hingegen regelmäßig jedes Jahr im Frühjahr beim italienischen Filmfestival im Votivkino. Gezeigt werden vor allem aktuelle Arbeiten. Immer wieder stehen aber auch ältere Filme, die in den Kontext passen auf dem Programm.
Wer auch ohne Untertitel verstehen will, was gesprochen wird, kann bei Kursen in zahlreichen Volkshochschulen und Sprachschulen sowie – vielleicht am besten – im Sprachenzentrum der Uni Wien, im italienischen Kulturinstitut und in der „Società Dante Alighieri“ üben. Letztere sorgen mit regelmäßigen Veranstaltungen dafür, dass das Interesse an der italienischen Kultur wach gehalten wird. Die Palette reicht von Vorträgen über Ausstellungen bis hin zu Konzerten und Filmabenden. Cineasten, die sich danach oder davor noch einen Happen italienisches Essen genehmigen wollen, werden in der Stadt mit Sicherheit fündig. Seit den 70er Jahren ist zudem die Dichte italienischer Restaurants stetig gestiegen. Vom längst gastronomisch verankerten Platzhirsch, vom „Nobelitaliener“ bis zur Trattoria und Osteria – mit oftmals regionaler authentischer Wirtshausküche „a la Mamma„ – lässt sich alles finden. Nicht zuletzt zur Nachspeise ein Original italienisches Eis – auch wenn österreichische Bio-Eishersteller in den letzten Jahren verstärkt in das Eisgeschäft vorgedrungen sind – klassische Eiskreationen von Zanoni machen noch immer glücklich.
Wer beim Glück allerdings lieber auf Aberglauben als auf den Magen setzt, warum nicht dem kleinen Rauchfangkehrer Museum in der Klangbaumgasse 4 einen Besuch abstatten. Immerhin war das Gewerbe des Rauchfangkehrers in Wien vom 16. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fast ausnahmslos in der glückbringenden Hand von Italienern.
Kunsthistorisches Museum: https://www.khm.at
Da Ponte Research Center: http://daponte.at.hosting.i-kiu.at/
Mozarthaus: www.mozarthausvienna.at/
Minoritenkirche: http://www.minoritenkirche-wien.info/
Augustinerkirche: http://augustinerkirche.augustiner.at/augustinerkirche/rundgang-durch-die-kirche/Jesuitenkirche: http://www.jesuitenwien1.at/
Società Dante Alighieri: www.dante.at
Italienisches Kulturinstitut: http://www.iicvienna.esteri.it/iic_vienna/it/
Rauchfangkehrermuseum: http://www.rauchfangkehrermuseum.at/
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