Es ist kein Geheimnis: Einst als Kritik am Establishment auf der Straße entstanden, haben Graffiti und Street Art mittlerweile längst den Sprung auf den Kunstmarkt geschafft. Auch wenn Street Art von diversen Galerien und Sammlern immer noch kritisch gesehen wird, so ist die Zahl der Ausstellungshäuser und Kunstmessen, die Werke von Street Art Künstlern präsentieren doch deutlich gestiegen.
Immer mehr Sammler haben in den letzten Jahren diese Kunstrichtung für sich entdeckt. Und wer könnte es ihnen verübeln. Da ein cooler Schriftzug über der Tür, dort ein witziges Tierchen an der Wand oder ein Skelett mit Schwimmflügeln in der Ecke. Straßenkunst in der Wohnung zu haben, ist einfach schön. Vermutlich. Denn leider ist nicht alles, was gefällt, auch erschwinglich. Zumindest bei den Arbeiten des mittlerweile zu Street Art Ikone avancierten Künstlerduos Faile muss die Kulturfüchsin kneifen. Stolze 40.000 Euro hieße es für die menschengroße Arbeit„Viktor & Awe“ hinzublättern. Das begehrte Stück ist eines von rund 40 Kunstwerken, die noch bis Mitte September im Rahmen der Verkaufssaustellung „Cash, Cans & Candy!“ zu bestaunen sind.
Von der Straße in die Galerie und zurück auf die Straße
Kuratiert wurde die Präsentation von Katrin-Sophie Dworczak, Direktorin der Galerie Hilger NEXT, deren Räumlichkeiten bereits zum dritten Mal international bekannten Künstlern wie Shepard Fairey (Gründer des Obey Labels), lokalen „Heros“ oder noch zu entdeckenden Jungtalenten eine Präsentations- und Verkaufsfläche bieten. Jedoch, keine Street-Art-Präsentation ohne den öffentlichen urbanen Raum. Denn auch wenn viele mittlerweile für den White Cube arbeiten, als politisches oder soziales Statement hat Street Art noch lange nicht ausgedient. Neben dem Wunsch vieler Künstler mit ihren Arbeiten auch auf soziale und gesellschaftliche Missstände hinzuweisen, kann die Kunst auf diversen Hausmauern vor allem auch dazu beitragen die Stadt zu verschönern und damit nicht zuletzt zu einer Aufwertung gewisser Viertel führen.
In diesem Sinn wurden und werden auch heuer wieder eine Reihe von Wandgemälden (so genannte Murals) von internationalen Street Art Künstlerinnen und Künstlern gestaltet. Interessant dürfte dieses Jahr vor allem die Schriftinstallation der amerikanischen Künstlerin Jessy Nite beim Theresianum werden. Nite, die an der „Miami Ad School“ Typografie unterrichtet, hat bereits eine Vielzahl von Arbeiten auf der Straße und für den Ausstellungsraum realisiert. In der Galerie zu sehen ist u.a ein geisterhaft wirkender Schriftzug, der je nach Lichteinfall sein Aussehen verändert. In unmittelbarer Nachbarschaft gehängt sind die Arbeiten von Pose, der mit einer eigenen Ästhetik zwischen Illustration, Typographie und Comic aufwartet. Nicht der einzige Künstler, der Bezüge zur Comickultur herstellt. Die österreichische Künstlerin Deborah Sengl mischt in ihrer Serie „Superfreaks“ beispielsweise historische Persönlichkeiten mit Superhelden.
Von der Pop zur Street Art
Offensichtlich aus der Popkultur schöpfen auch D*Face mit seinem „aPOPkalyptischen“ Stil oder Pure Evil, der sich aufmachte die Pop Art mit Sprühdose und Marker neu zu erfinden. Laut Katrin-Sophie Dworczak wenig verwunderlich, folgte laut der Kuratorin die Street der Pop Art nach.
Beiden dient die Popkultur als Projektionsfläche und Inspirationsquelle und beiden wurde am Anfang viel Kritik entgegengebracht. Nicht umsonst also lieferte die Pop Art Dworczak Inspiration für die diesjährige Ausgabe von „Cash, Cans & Candy!“ (konkret nach dem Besuch einer Ausstellung im „Museum of Modern Art“ in Philadelphia). Unter dem Untertitel „Look again. From Pop Art to Street Art“ fordert die Ausstellung zum nochmaligen Hinsehen auf. Was man dabei entdecken kann? Im Falle von Sebastian Schlagers „Real Love“ drei Frauenbilder in einem. Nicht das einzige Bild, das mit Darstellungen des weiblichen Geschlechts aufwartet. Angesichts der bei der Präsentation wie so oft herrschenden Schieflage von Frauen hinter anstelle von auf der Leinwand, eine weitere Gemeinsamkeit mit der Pop Art, deren Vertreterinnen erst in den letzten Jahren durch engagierte Ausstellungsprojekte vermehrt Aufmerksamkeit zuteil wurde. Diesbezüglich erfrischend, die roboterhaften Kreaturen des italienischen Künstlers Pixel Pancho. Wesen wie aus einer anderen Zeit, ihre Schöpfer längst überlebt und mit reichlich Patina versehen. Ungewöhnlich und innovativ, auch die Ketten der österreichischen Designerin birdly, die aus Farbschichten von Graffitiwänden Schmuck herstellt. Mit durchschnittlich 35 Euro pro Stück schließlich doch noch ein Stück Street Art zum Mitnachhausenehmen.
Cash, cans & candy!
Noch bis 10. September 2016
Hilger NEXT
Absberggasse 27
1100 Wien
Alles zu den kommenden Veranstaltungen unter:
www.facebook.com/CashCansCandyNext
@Fotos: Kulturfüchsin, Winfried Sochor
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