Obwohl von vielen immer noch nicht als eigenständige Kunstform akzeptiert, bahnt sich der Comic nicht zuletzt dank Manga und Graphic Novel Booms sowie diversen erfolgreichen Verfilmungen der letzten Jahre stetig seinen Weg ins Rampenlicht. Das gilt auch für Comickunst aus Wien. Gerade in letzter Zeit sind hierzulande nicht nur eine Vielzahl interessanter Publikationen erschienen, sondern auch auf dem Gebiet Buchhandel und Conventions hat sich einiges getan.

Mit ein Grund für die Kulturfüchsin die Recherche aufzunehmen und dabei die eine oder andere erstaunliche Entdeckung zu machen – denn Comic hat, für alle, die es immer noch nicht wissen, mehr zu bieten als Mickey Mouse & Marvel Superhelden.

Patscherte Detektive, Zombie-Jägerinnen, nackte Enten, Superheros born in Austria oder minimalistisch gehaltene Strichfiguren in Heizdecken, sie alle bevölkern die Wiener Comiclandschaft. Doch so unterschiedlich die Themen und Stile auch sein mögen, eines scheint den heimischen Zeichnern gemein: Viele arbeiten aufgrund mangelnder Veröffentlichungsmöglichkeiten bei Verlagen und Zeitungen in ihrer Freizeit auf eigene Faust und aus eigener Tasche. So auch Stefan Gutternigh. Der Grafikdesigner hat in seiner Freizeit in zweieinhalb Jahren und 3.000 Arbeitsstunden eine 170seitige „Untoten-Apokalypse“ erschaffen. Das Besondere: Zeitraum und Ort der Handlung spielen in Wien zu Zeiten der Pest. Laut Sebastian Broskwa von „Pictopia“ verkauft sich das mittels Kickstarter finanzierte Buch phänomenal. Das Bedürfnis, Geschichten, die in Österreich und seiner Hauptstadt spielen zu lesen scheint definitiv gegeben. Wer mehr über heimische Comic-Künstler wie Gutternigh erfahren will, ist bei Broskwa richtig. Der Comic-Großhändler ist nicht nur ein wahrer Fachmann was Graphic Novels anbelangt, sondern hat sich zudem auch auf österreichische Zeichner und Autoren spezialisiert. Etwa zehn Prozent in seinem Laden sind österreichischen Künstlern gewidmet.

Auf heimische Comic-Künstler setzt man auch bei „Bunbury’s Comics“. Das 2016 eröffnete Geschäft möchte unter dem Motto „Local Heros“ Künstler fördern, die noch „in den Kinderschuhen stecken“. Auf der Homepage des Geschäfts hebt die Betreiberin Anna Krupitza heimische Künstlerinnen wie Qrinnaph aka noe-smart und Verena Loisel aka Nudlmonster hervor. Ein Umstand, der eindeutig darauf verweist, dass auch Frauen heutzutage nicht mehr aus der Comicszene wegzudenken sind. Die Zeiten als man sich als Vertreterin des weiblichen Geschlechts nur in schmuddelige Comicläden traute, um seinen Freund ein passendes Geschenk zu suchen, nähern sich – zumindest in Wien – ihrem Ende.

Dass es allerdings gerade in der Produktion von Comics im Superheldenbereich noch reichlich Spielraum nach Oben gibt, zeigt das Projekt „Ash“. Unter den zwölf Personen, die auf der Homepage zum Heft als „Macher“ aufgelistet sind befinden sich mit Isabella Griesseberger und Lenny Grosskopf gerade einmal zwei Frauen. Dafür ist das Verhältnis der im Heft abgebildeten Heldinnen ausgeglichen. Neben dem Sohn des ehemaligen Captain Austria und dem so genannten Bürokraten kämpfen die Wrestlerin Lady Heumarkt und das Wasser beeinflussende Donauweibchen gegen den Schurken Basilisk. Das Heft erscheint sechs Mal pro Jahr und als Sammelband mit Bonusmaterial. Das Projekt überzeugt vor allem „durch Charme, Professionalität und Lokalkolorit in einem populären Genre“, so Broskwa.

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360-Grad-Ansicht Kabinettpassage mit Deckengemälde von Stéphane Blanquet und Comicautomaten

Von Lokalkolorit geprägt ist auch das so genannte Kriminaljournal, dessen Herausgeber Walter Fröhlich neben den Hauptverantwortlichen Harald Havas (Autor) Thomas Aigelsreiter und Andreas Paar ebenfalls bei „Ash“ mitgewirkt hat. Eine Reihe, die sich auf Kriminalgeschichten spezialisiert hat, die eines gemeinsam haben: Schauplatz beziehungsweise Tatort ist ausschließlich Wien. Fröhlich hat mittlerweile aber auch schon am Buchmarkt Fuß gefasst. Als Crowdfunding-Projekt erschienen ist beispielsweise „Blue Jeans, der Phettberg-Comic“ über Wiens bekanntesten „Elenden“, als der sich der vom Leben schwer gezeichnete ehemalige Moderator und Kolumnist Hermes Phettberg selbst bezeichnet.

Das Buch ist u.a. im Shop „Komische Künste“ erhältlich. Wer hier einkauft kann zudem durch die kleine, dem Geschäft vorgelagerte Galerie wandern und ausgewählte Cartoons internationaler und nationaler Künstler studieren. Auch österreichische Comic- und Cartoon-Größen wie Starkarikaturist Gerhard Haderer, Oliver Ottitsch und last but not least Nicolaus Mahler, dessen Mann in der Heizdecke „Flaschko für viele Kultstatus genießt und dessen Bücher bereits in mehrere Sprachen übersetzt wurden, haben hier bereits ausgestellt. Letzterer gründete zudem gemeinsam mit Heinz Wolf und Rudi Klein die KABINETTpassage, eine Initiative im Museumsquartier, das Augenmerk der Passanten verstärkt auf die so genannte neunte Kunst richten will. Die Passanten können Hefte ausgewählter Künstler mittels zwei Euro aus einem Automaten rund um die Uhr käuflich erwerben. Noch bis 8. Februar kann hier das Heft „Vikings vs Aliens“ von Thomas Kriebaum – der die Passage gemeinsam mit Simon Häussle und Sibylle Vogel leitet – aus dem Automaten geholt werden. Danach stehen die Arbeiten von Julie Guillem, Felix Weisz und Dominik Pfeffer, Studierende der Universität für Angewandte Kunst, zum Verkauf bereit.

Wer sich für das Erlernen der Comickunst interessiert, muss jedoch keineswegs die Angewandte besuchen. Seit 2009 kann man Comic in Wien auch auf der Kunstschule Wien studieren. Aber auch in diversen Kursen an den Wiener Volkshochschulen können Interessierte die Kunst des Comiczeichnens erlernen. Eine Kunst mit längerer Tradition als manch einer vermutlich glauben mag. Gilt doch das Ende des 19. Jahrhunderts als Geburtsstunde des Comics. In den 1920er Jahren erscheint auch in Wien eine Reihe von Seriencomics in diversen Blättern. Der berühmteste Comic-Strip der Anfangszeit war „Tobias Seicherl“ von Ladislav Koch. Laut Comicforscher Harald Harvas einer der ersten, „wenn nicht der erste politische Comicstrip der Welt“. Wer mehr über die Geschichte des Comics wissen will, der ist mit den Arbeiten des „Ash“-Autors Harvas bestens beraten. In seinem Buch „Kurioses Wien“ beschäftigt er sich u.a. auch mit der Tradition des Wiener Comics. In Zusammenarbeit mit der „Vienna ComicCon“ entstand zudem Mitte Juni 2016 ein Facebook-Blog über die Geschichte der Comics. Die internationale Messe bringt jeden Herbst bekannte Persönlichkeiten sowie ein umfangreiches Programm nach Wien. Jeden April und Oktober geht die „Vienna Comix“ über die Bühne. Eine Wiener Besonderheit – abseits sämtlicher vom US-Markt dominierter Kommerzialisierungen – stellt das Filmfestival „Tricky Women“ dar. Jeden März flimmern rund 170 Trickfilme von Frauen gestaltet über diverse Kinoleinwände. Das Festival ist das einzige weltweit, das ausschließlich dem Trickfilmschaffen von Frauen gewidmet ist und jedes Jahr ein Highlight im Veranstaltungskalender der Kulturfüchsin.

Pictopia Comics – Bilder für Leser
Liechtensteinstraße 64/4, 1090 Wien
Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag, 9.00 Uhr – 14.00 Uhr, 15.00 – 19.00 Uhr
Nicht nur Großhandel und Shop: Mit seiner Website liefert Sebastian Broskwa – Comic-Händler aus Passion – wichtige Links und erste Informationen zur österreichischen Comic-Szene: www.pictopia.at

Komische Künste
MuseumsQuartier / Q21
Museumsplatz 1, 1070 Wien
Öffnungszeiten: Montag – Sonntag 11:00 bis 18:00 Uhr (an jedem Tag im Jahr geöffnet, auch an allen Feiertagen! 24. Dezember bis 14 Uhr, 31. Dezember bis 17 Uhr)
Tel: +43 1 890 27 53
Internet: www.komischekuenste.com
Facebook: Komische Künste – Shop & Galerie
E-Mail:
[email protected]

Bilderbox
Wer findet, dass der Kauf eines Comics oder einer Graphic Novel Hand in Hand mit einem fachkundigen Beratungsgespräch gehen sollte, der ist auch in der schicken Bilderbox gut aufgehoben. www.facebook.com/Bilderbox

Comic Galerie
Klassischer Comic-Shop mit Wühltisch.
www.comic-galerie.at

Ash – Austrian Superheros
Die Hefte der österreichischen Superhelden bereichern seit 2016 die Comiclandschaft. Neben alteingesessenen Szenegrößen wirken auch Studenten der Comic-Klasse der Kunstschule Wien am Heft mit.
http://www.austriansuperheroes.com/

Kriminal-Journal. Schmutz-und-Schund Comic-Heftreihe
Mit diversen Reihen wie dem Kriminal-Journal, dem Kriminal-Journal Sonderheft oder dem Kriminal-Journal Tango hat sich Walter Fröhlich ganz dem Krimi verschrieben. Eine wichtige Rolle spielt die Wiener Sprache – viele der Geschichten sind im Wiener Dialekt geschrieben. www.kriminal-journal.com

Kabinettpassage
Als eine von mehreren Themenpassagen im Museumsquartier ist die von Nicolaus Mahler initierte Kabinettpassage dem Comic gewidmet. Wechselnde Ausstellungen und immer neue Hefte im Automaten sorgen für Abwechslung.
www.kabinettpassage.at

Comic zeichnen lernen
Seit 2009 kann man Comic in Wien auch studieren. Und zwar an der Kunstschule Wien.
www.kunstschule.at

Comic zeichnen gibt es regelmäßig immer wieder auch in diversen Kursen an den Wiener Volkshochschulen: www.vhs.at

Vienna ComicCon
Beliebtes Messespektakel mit über 250 Ausstellern, zahlreichen Gästen und Cosplay-Wettbewerb
http://www.viecc.com/

Wiener Comix
Event für Comics, Cosplay, Star Wars!
www.comicboerse.org

Comic on screen
Mit dem Tricky Women Festival verfügt Wien über das europaweit einzige Festival, das ausschließlich dem Trickfilmschaffen von Frauen gewidmet ist. Auf dem Programm stehen Animationsfilmjuwelen, ausgewählt von international renommierten Trickfilmkünstlerinnen.
www.trickywomen.at

Historisches
Über die Geschichte des österreichischen Comics bestens informiert ist Harald Harvas. Für die Ausstellung „Comic Welten“ in den 90er Jahren realisierte der Autor und Journalist gemeinsam mit einer Reihe österreichischer Zeichner und Texter einen Comic, der über die Geschichte des Comics aufklärt. Mit der Tradition des Wiener Comics beschäftigt er sich unter anderem in seinem Buch „kurioses Wien“. Hier erfährt man beispielsweise, dass Wien die Geburtsstadt des ersten kontinentaleuropäischen Tagesstrips ist.
www.havas.at und https://derhavasbloggt.wordpress.com/

Comic gegen Rechts
Eine Initiative österreichischer Comic-ZeichnerInnen.
http://www.comicsgegenrechts.at

Geschrieben von Sandra Schäfer