Lange sind die Schatten, die die Protagonisten in Carol Reeds Filmklassiker „Der dritte Mann“ auf die Leinwand werfen. Lange ist auch der Atem des 1949 im zerbombten Wien der Nachkriegszeit gedrehten Spionage-Thrillers. Noch heute pilgern Cineasten aus aller Welt in die wiederauferstandene Metropole, um im Kanalsystem auf den Spuren Harry Limes zu wandeln.

Schnitt: Rund sieben Jahrzehnte, nachdem Orson Welles durch das Wiener Kanalsystem gejagt wurde, seilt sich Hollywood-Star Tom Cruise unter den Augen von Tausenden Schaulustigen vom Dach der Wiener Oper. Die amerikanische Produktion „Mission Impossible – The Rogue Nation“ ist eine der größten, die in der österreichischen Hauptstadt in den letzten Jahrzehnten realisiert wurde. Obwohl dem Action-Blockbuster definitiv nicht jener Kultstatus zuteil werden wird, dem „Der dritte Mann“ zu Eigen ist, stürmte er doch weltweit sämtliche Kinocharts und sorgte dafür, dass Teile der Wiener Innenstadt ins Blickfeld eines breiten Publikums gerieten.

Nicht das erste Mal, dass die Stadt in ihrer Farbenpracht von diversen Kinoleinwänden erstrahlte: Doch auch wenn Filme wie Richard Linklaters „Before Sunrise“ oder James Mangold „Knight and Day“ Wien und Salzburg große Auftritte ermöglichten, so hinkt das Land insgesamt hinsichtlich der Attraktivität für Dreharbeiten von Filmfirmen aus dem Ausland internationalen Top-Locations nach wie vor hinterher. Erscheinen Städte oder Regionen in Filmen wirkt sich das positiv auf den Tourismus aus. Geeignete Locations, gute Drehbedingungen und ein kompetentes Team vor Ort sprechen sich auch unter Produzenten herum und sorgen dafür, dass diese durch die von ihnen beauftragten Dienstleister Geld im Land lassen. Film ist ein bedeutender Wirtschaftssektor. Damit er gedeiht, braucht es jedoch Unterstützung.

Eine Unterstützung, die internationale Filmfirmen und Produzenten in Österreich in erster Linie in der nationalen Film Commission „Location Austria“ (ein Unternehmen der FISA – Filmstandort Austria) sowie in den regionalen Film Commissions finden. Die Commissions helfen unter anderem beim Auffinden einer geeigneten Location, sorgen für die nötigen Drehgenehmigungen und für den Erhalt der im Land zur Verfügung stehenden Fördergelder. Gerade letzteres ein Punkt, bei dem hierzulande noch Nachholbedarf herrscht. So sind in Österreichs Nachbarländern die Höhe der verlangten Mindest-Herstellungskosten der Produktion und die im Land angeforderten Drehtage geringer um finanzielle Unterstützung beantragen zu können, betont Georg Möstl vom Wissenschaftsministerium. Und auch Marijana Stoisits von der Vienna Film Commission spricht davon, dass die österreichische Filmwirtschaft derzeit nicht in der Lage sei, ihr Potenzial auszuschöpfen. Auf 7,5 Millionen Euro (1,5 davon für internationale Produktionen) Fördergelder in Österreich, die von der FISA zur Verfügung gestellt werden, kommen 41 Millionen in Ungarn. Im Gegenzug dazu wurden bei unserem östlichen Nachbarn 2016 170 Millionen von internationalen Filmproduktionen im Land ausgegeben. Ungarn verfüge zudem über ein Tax Rebate System, ein Steuervergünstigunssystem. „Eine wirtschaftliche Förderung auf Basis eines Cash Rebate Systems (eine Möglichkeit einen Teil des investierten Geldes wieder zurück zu bekommen, Anm. d. Red.) würde sich für die österreichische Volkswirtschaft positiv auswirken und Österreich als internationalen Filmstandort stärken“, betont Stoisits. Kritisch äußerte sich Stoisits gegenüber der Zeitung „die Presse“ unlängst auch zu den vorgenommen Streichung der Fördergelder der Wiener Wirtschaftskammer für die Vienna Film Commission. Man sei gezwungen Leistungen zu verringern, so Stoisits.

Die Leiterin der Service- und Beratungsstelle für Filmschaffende in Wien hat auch dieses Jahr gemeinsam mit anderen regionalen Commission am Marché du Film (eine der wichtigsten Plattformen zum Austausch von Produzenten, Locationscouts, Regisseuren u. v. m.) Österreich in Cannes vertreten sowie eine Vielzahl heimischer und internationaler Produktionen in Wien betreut.

Produktionen zu Gast 2017

So konnten dieses Jahr unter anderem mit „Red Sparrow“ (Regie: Francis Lawrence mit Jennifer Lawrence, Jeremy Irons und Charlotte Rampling) und Susanna Vogels „The Spy Who Dumped Me“ (mit Mila Kunis) zwei amerikanische Produktionen nach Wien geholt werden. Ebenfalls auf dem Drehplan steht diesen Herbst die deutsch-dänische-österreichische Koproduktion „A Fortunate Man“ des Oscar-Preisträgers Bille August. Nicht in die Hauptstadt haben es heuer hingegen indische Filmteams geschafft. Dafür gastierte mit „Tiger Zinda Hai“ die bislang größte nach Österreich geholte Bollywood-Produktion in Tirol. Laut Direktor der „Cine Tirol“, Johannes Köck, neben dem wirtschaftlichen Faktor (über 80 Tiroler Filmschaffende waren während des Drehs bei der Produktion beschäftigt) ein Zugpferd für indische Touristen.

Bereits 2015 erfuhr Tirol breite Aufmerksamkeit als Szenen des James Bond Films „Spectre“ an diversen Locations gedreht wurden. Ein enormer Werbewert, gepaart mit durch produktionsbedingte Ausgaben vor Ort Einnahmen von über 8,9 Millionen Euro.

Wie wichtig derartige Filmhits sind, weiß man auch in Vorarlberg, das 2008 Schauplatz von James Bond „A Quantum Solace“ war. Mitte der achtziger Jahre raste Timothy Dalton als 007 auch durch Wien. Altbürgermeister Helmut Zilk setzte sich dermaßen für Wien als Drehort ein, dass ihm der Spruch nachgesagt wird, er würde für den Bond-Film sogar die U-Bahn sprengen. Dass die Stadt trotz nötiger Reformen als Drehort punkten kann, konnte man nicht zuletzt an der kürzlich erfolgten Nominierung für den vom „European Film Commission Network (EUFCN)“ ausgeschriebenen „European Film Location Award“ sehen. Die Vienna Film Commission hatte sich für Wien mit den Dreharbeiten zu den Filmen „Women in Gold“ und „Mission Impossible“ für den Preis beworben. Die Vergabe erfolgt nach Abstimmung der Favoriten durch die europäische Bevölkerung – gewählt konnte mittels Mausklick werden – am 7. November. Die Konkurrenz für Wien ist allerdings groß. So ging Dubrovnik beispielsweise mit dem Publikums-Liebling „Game of Thrones“ ins Rennen.

https://locationaustria.at
www.viennafilmcommission.at
www.cine.tirol
www.austrianfilmcommissionsfunds.at

http://www.eufcn.net/
http://www.cineuropa.org

Geschrieben von Sandra Schäfer