In einem weiteren Teil der Reihe „Wiener Denkmäler“ lässt die Kulturfüchsin Herrscher und Feldherren links liegen und widmet sich den Stein gewordenen Vertretern der schönen Künste – von Goethe über Haydn bis Mozart. Aber auch der eine oder andere Erfinder wurde im Laufe der Zeit auf den Sockel gehoben und blickt auch heute noch auf uns hernieder.

Dass auch Bürger denkmalwürdig erachtet wurden, hat vor allem mit dem steigenden Einfluss des liberalen Großbürgertums Ende des 19. Jahrhunderts zu tun. Nicht mehr ausschließlich Herrscher und Feldherren wurden von nun an mit einem Denkmal geehrt, sondern auch vermehrt bedeutende Bürger. Die Palette erstreckte sich von Malern über Musiker und Dichter bis hin zu Wissenschaftern und Erfindern.

Anfänge großbürgerlichen Denkmalkults

Ein frühes Zeugnis liefert das Denkmal des Erfinders der Schiffsschraube, Joseph Ressel, das auch heute noch auf dem Karlsplatz vor der technischen Hochschule steht. Geschaffen wurde es von Anton Dominik Fernkorn, der bekanntlich auch für das Erzherzog Karl Denkmal auf dem heutigen Heldenplatz verantwortlich zeichnete. Das Novum des 1863 enthüllten Denkmals besteht laut dem Denkmalexperten Gerhardt Kapner nicht nur darin, dass es sich um ein Monument für einen Wissenschafter handelt, sondern auch, dass die Initiative zur Errichtung von einem Bürgerkomitee ausgegangen war.

Ebenfalls aus einer Initiative von Bürgern hervorgegangen – einem Männergesangsverein – war das erste große Denkmal, das einem Musiker gewidmet wurde: das Franz Schubert-Denkmal, das 1972 im Stadtpark – wo es heute noch steht – enthüllt wurde. Bei dem Werk von Edmund Hellmer handelt es sich nach dem Historiker Stefan Riesenfellner weniger um ein Denkmal für den „Komponisten und sein Werk“, als vielmehr um ein „Selbstdarstellungsinteresse des liberalen Bürgertums“. Mit dem Schubert-Denkmal wird auch laut Kapner „die Verpflanzung der Kunst aus dem aristokratischen Palais in den bürgerlichen Salon (…) in den kleinen Kreis der Familienstube“ gewürdigt. Es ist das erste einer Reihe von Denkmälern im Stadtpark, die Künstlern gewidmet wurden. Es folgten unter anderen die Denkmäler zu Hans Makart (1898) – dem großen Künstler der Ringstraßenära – sowie dem Maler Emil Schindler (1895) und dem Komponisten Anton Bruckner (1899). Während es sich bei Makart und Schindler auch heute noch um „Originale“ handelt, so ist das Bruckner Denkmal hingegen nur mehr in einer nicht authentischen Rekonstruktion aus dem Jahre 1988 enthalten.

Von der Huldigung der deutschen Kulturnation zum Geniekult

Der erste Dichter, dem die Ehre zuteil wurde, in Wien in solch monumentalistischer Weise in der Öffentlichkeit gewürdigt zu werden, war Friedrich Schiller. Das Denkmal befindet sich auf heute noch auf dem Schillerplatz vor der Akademie der bildenden Künste. Es wurde 1872 enthüllt und huldigt nach Kapner und Riesenfellner der „deutschen Kulturnation“. Obwohl Österreich nach der Niederlage bei Königgrätz aus dem sich in der Zwischenzeit formierten deutschen Nationalstaat ausgeschlossen war, fühlte sich das liberale Bürgertum diesem in vielerlei Hinsicht verbunden. Und so steht das Schillerdenkmal nach Riesenfellner vor allem für die Sehnsucht nach dem „imaginären Reich des germanischen Geistes“. Flankiert wird Schiller von den Denkmal-Büsten des Schriftstellers und Vorsitzenden des Denkmal-Komitees Anastasius Grün sowie dem Dichter und ungarischen Adeligen Nicolaus Lenau und so erhält das Denkmal eine spezifisch österreichische Komponente. Was die Figur des deutschen Dichters anbelangt, so steht diese noch im jugendlichern Alter in bürgerlicher Tracht auf ihrem Sockel und blickt in die Weite. Auf dem unteren Sockel sitzen vier Figuren, die die vier Lebensalter symbolisieren. Diese blicken wiederum zu den vier Allegorien – Genie, Wissenschaft, Poesie und Vaterlandsliebe – hinauf.

Ebenfalls dem Geniekult des Bürgertums verpflichtet – wenn nicht sogar am stärksten von allen Wiener Künstlerdenkmälern – ist das Beethoven-Denkmal auf dem Beethovenplatz von Kaspar von Zumbusch. Das Musikgenie wird in sitzender Pose majestetisch auf seinem Sockel thronend dargestellt. Sein Kopf ist zu Prometheus geneigt, während auf der anderen Seite Viktoria den Siegeskranz empor hält. Nach Riesenfellner stilisierte der bürgerliche Stifterkreis in diesem Denkmal neben deutschnationalen und lokalpatriotischen Aspekten – Beethoven hatte immerhin 35 Jahre seines Lebens in Wien verbracht – auch „sein soziales Selbstbewusstsein, frei nach seinem anekdotischen Ausspruch `Fürsten gibt’s viele, Beethoven nur einen`“. Das Gussmodell der preisgekrönten Beethoven-Figur (das Denkmal von Caspar von Zumbusch wurde 1878 bei der Pariser Weltausstellung mit der Goldmedaille prämiert) befindet sich im Inneren des Konzerthauses.

Der Sockel bröselt

Gemäßigter nimmt sich hingegen schon das Goethe-Denkmal 20 Jahre später aus. Das 1900 enthüllte Monument zeigt Goethe ebenfalls majestetisch auf einem Sessel ruhend. Verzichtet jedoch auf übertriebene Ornamentik und zu reiche Darstellung an Allegorien. Anders als Schiller wird der große Dichter nicht mehr als Vertreter einer deutschen Kulturnation gefeiert, sondern gerät zum „Symbol der kosmopolitischen und übernationalen Zukunft“, so Riesenfellner. Auch die Denkmalsinschrift lautet schlicht „Goethe“.
Der Denkmalssetzung vorausgegangen war eine lange Diskussion um den richtigen Platz. Nach langem hin und her entschied man sich für die Ecke Goethegasse/Opernring in unmittelbarer Nähe zu Friedrich Schiller, wo es sich auch heute noch befindet. Laut Gerhardt Kapner zeigt die Unsicherheit hinsichtlich der Platzwahl, dass „die liberale Selbstsicherheit im Setzen von Monumenten bereits im Schwinden war“. Nach mehreren Jahrzehnten des beständigen Denkmalsetzens hatte sich eine gewisse Erschöpfung breit gemacht. Ein Umstand, der auch aus den Chroniken des Goethevereins herauszulesen ist, wo von „denkmalmüd“ und „Mode“ die Rede ist.
Tatsächlich hatte der Journalist Friedrich Kürnberger bereits Jahre davor auf die „Selbstbedenkmalungsarroganz“ des Bürgertums hingewiesen und deren Bildungsdarstellungsdrang als Reklameschwindel entlarvt.

Nichtsdestotrotz hiefte man 1887 einen weiteren berühmten Komponisten auf seinen Sockel, Joseph Haydn. Das Haydn-Denkmal steht auch heute noch unversehrt vor der Mariahilferkirche.

Die Setzung des Mozartdenkmals 1896 soll jedoch bereits von einer großen Unsicherheit geprägt gewesen sein. Das Denkmal hatte zudem einen überaus langen Entstehungsprozess. Erst als es zur Errichtung eines Wagner Denkmals kommen sollte, erinnerte man sich der Idee von 1815 zur Errichtung eines Denkmals im neobarocken Stil für Mozart. Ähnlich wie bei Goethe soll der Künstler als universeller Genius angesprochen werden, jedoch gleichzeitig auf Wien als Weltstadt der Musik verweisen. Das Denkmal wurde nach dem Zweiten Weltkrieg restauriert und steht seit 1953 im Burggarten.

Denkmäler für Österreich und sein Volk

Stark an das österreichische Nationalbewusstsein appelliert auch das Grillparzer Denkmal aus dem Jahre 1889 im Volksgarten. Mit dem Vorsitzenden des Denkmalkomitees Johann Adolph Fürst zu Schwarzenberg, hatte dieses Mal allerdings ein Angehöriger der Hocharistokratie die Leitung inne. Auch der Aufstellungsort im Volksgarten – im Hofburgbereich – signalisiert die Nähe des Denkmals zum Kaiserhof. Der Dichterstatue in der Mitte sind weitläufige Reliefszenen aus Grillparzers Werken zu Seite gestellt. Eine Szene zeigt, wie König Ottokar vor Rudolf von Habsburg kniend mit Böhmen belehnt wird. Das Dichter-Denkmal wurde in diesem Sinne bereits für ein zu schaffendes österreichisches Nationalbewusstsein instrumentalisiert.

Mit Ferdinand Raimund folgt 1898 noch ein österreichisches Dichterdenkmal in dem das spezifisch Österreichische angesprochen werden soll. Das Denkmal befindet sich heute Ecke Neustiftgasse/Museumsstraße. Ein weiteres Denkmal, das einem österreichischen Dichter gewidmet ist, ist das Ludwig Anzengruber Denkmal auf dem Schmerlingplatz. Bei Anzengruber lässt sich bereits das Zurücktreten privater bürgerliche Initiativen zugunsten der Gemeinde beobachten. Gemeinde meint in diesem Fall die in der Zwischenzeit groß gewordene, christlich soziale Bewegung unter der Leitung von Bürgermeister Lueger. Lueger selbst war bei der feierlichen Eröffnung 1905 anwesend. Das Denkmal unterscheidet sich insofern von seinen Vorgängern, da Anzengruber auf einem Felsblock stehend eingebettet in die Natur dargestellt wird. Das Denkmal hat nichts mehr mit den groß angelegten Künstlermonumenten des liberalen Großbürgertums gemein, sondern huldigt vielmehr einer neuen, mit dem Kleinbürgertum aufkommenden „Volkstümlichkeit“.

„Vollends zum sichtbaren Zeichen dieser neuen und politischen Massenkultur sollte in Folge das Strauß-Lanner Denkmal werden“, wie Stefan Riesenfellner betont. Die beiden Komponisten, stehen einander zugewandt; der eine eine Geige, der andere ein Notenblatt haltend, im Rathauspark. Dabei sind sie endgültig ihres repräsentativen Sockels enthoben.

Ebenfalls zur Zeit der Enthüllung 1905 geplant war ein Denkmal für den Walzerkönig Johan Strauß Sohn. Dessen Fertigstellung sollte sich allerdings bis 1921 hinziehen. Enthüllt wurde es im Roten Wien. Interessanterweise zählt es heute zu den beliebtesten der Stadt.

Weitere Künstler-Denkmäler:

Adalbert-Stifter-Denkmal im Türkenschanzpark, enthüllt 1919
Johannes Brahms-Denkmal im Resselpark, enthüllt 1908
Ferdinand von Saar-Denkmal im Wertheimsteinpark, enthüllt 1914
Johann Nestroy-Denkmal, heute in der Praterstraße, vor Haus Nr. 19, ursprünglich 1929, im Krieg eingeschmolzen, wieder errichtet und enthüllt 1983
Johannes Gutenberg-Denkmal am Lugeck, enthüllt 1900
Friedrich Georg Waldmüller-Denkmal im Rathauspark, enthüllt 1913
Rudolf von Alt-Denkmal am Minoritenplatz, enthüllt 1912

Link-Tipp:
Mit dem Webservice der Stadt Wien „Wien Kulturgut“ lassen sich problemlos erste Informationen über Wiens Denkmäler herausfinden. Die Homepage liefert Informationen über Standort, Errichtungsjahr sowie technische und künstlerische Daten. Zahlreiche Fotos erlauben es dem Betrachter zudem, sich bequem von zuhause ein Bild zu machen. www.wien.at/kultur/kulturgut

Quellen:
Kapner, Gerhardt: Ringstraßendenkmäler. Dokumentation mit 97 Abbildungen. Franz Steiner Verlag: Wiesbaden 1973
Riesenfellner, Stefan: Zwischen deutscher „Kulturnation“ und österreichischer „Staatsnation“. In: Steinernes Bewusstsein. Hrsg. Stefan Riesenfellner. Böhlau: Wien 1998
Settele, Matthias: Wiener Denkmäler. Perlen Reihe: Wien 1999

Geschrieben von Sandra Schäfer