Von Amy Winehouse über Dolly Parton bis Gianna Nannini und Billie Eilish – „These Girls, too“ erzählt ihre Geschichten. Das Buch ist eine Fortsetzung des 2019 erschienen „These Girls“ und wurde von der Journalistin Juliane Streich herausgegeben. Musikredakteur Robert Fischer hat nachgefragt.

Juliane Streich, Sie arbeiten unter anderem als Journalistin im Bereich Musik. Wie kam es zur Idee von These Girls“ und These Girls, too“?

Ich habe auf einer Musikseite im Netz eine Liste von den besten Punkmusikerinnen der Welt gesehen und dachte, es wäre cool, so etwas genreübergreifend zu machen. Nicht wie ein Kanon, sondern eher wie ein Mixtape. So haben wir das erste Buch „These Girls“ gemacht. Es war aber sehr schnell klar, dass das nicht reicht, dass ein Buch viel zu unvollständig ist, weil es so viele tolle Musikerinnen gibt. Eine Fortsetzung lag also nahe: „These girls, too“.

Wie schon in „These Girls“ schreiben auch in der Fortsetzung Journalist:innen und Musiker:innen, Fans und Freunde über Bands, die sie geprägt haben, über Künstlerinnen, die dem Feminismus eine neue Facette gaben, über Lieblingsplatten, Lebenswerke und Lieder, die sie mitgrölen können – vom Klassiker bis zum Außenseitertipp. Nach welchen Kriterien haben Sie die Autor:innen für die Bücher ausgesucht?

Das war sehr unterschiedlich. Es gibt verschiedene Backgrounds: Journalist:innen, Menschen von der Uni, die eher kulturwissenschaftlich an die Sache herangegangen sind, Musiker:innen, die eigene Erfahrungen in die Texte einbringen konnten und Schriftsteller:innen, die das Ganze literarisch angingen. Alle vereint, dass sie große Begeisterung und/oder großes Interesse an der Lebensgeschichte der jeweiligen Musikerin gezeigt haben.

Die Musikbranche ist nach wie vor von Männern dominiert. Worin sehen Sie die Gründe dafür?

Unsere Gesellschaft war sehr patriarchal geprägt und ist immer noch männerdominiert, was Machtpositionen angeht. Das ist in der Musikbranche nicht anders. Hier hat das konkret oft zur Folge, dass Männer ihre Kumpels fragen – ob sie auf ihrem Festival spielen wollen, ob sie mit ihnen auf Tour gehen, ob sie mit ihnen ein Album aufnehmen wollen. Das fängt schon in der Schule an. Wenn Mädchen gefragt werden, ob sie mit in den Proberaum kommen, dann, um zuzugucken und nicht um mitzuspielen. Das wird besser, das Bewusstsein ist zunehmend da, aber halt auch nur bei manchen. In diesem Sommer gibt es immer noch riesige Festivals, bei denen nicht einmal fünf Prozent der Auftretenden weiblich waren. Woran das liegt, müssen Sie die Festivals fragen. Ich habe bis jetzt noch keine überzeugende Antwort bekommen. Und das Argument, dass es nicht genug Frauen gäbe, die Musik machen, ist Quatsch – das beweisen nicht nur diese Bücher.

Die Kulturfüchsin, für die ich schreibe, sitzt in Wien. Gibt es Musikerinnen aus Österreich, die Ihnen auf Anhieb einfallen, auf die der Begriff „role model“ gut passen würden?

Von „Gustav“ hatte ich tatsächlich jahrelang ein Poster. „KlitClique“ feiere ich sehr und im Buch werden zum Beispiel „Dives“ vorgestellt, die in Camps für Mädchen, non-binäre, inter und trans Personen auch Nachwuchsarbeit machen. Dann fällt mir noch Laura Landergott ein – seit sie bei „Ja, Panik“ dabei ist, finde ich die noch cooler.

Welche Musikerinnen haben Sie persönlich in Ihrem Leben stark beeinflusst und warum?

Als junger Teenie hab ich erschreckend wenig Frauen gehört, obwohl ich „Tic Tac Toe“ jetzt im Nachhinein weitaus cooler finde als damals. Mitmachen wollte ich immer bei den „Chicks On Speed“ und „Peaches“, weil die so viel Spaß hatten und es so wirkte als wäre alles so einfach. Geliebt habe ich die „Lassie Singers“, weil sie mir aus dem Herzen sangen. Heute finde ich es super, dass es Bands wie „Blond“ gibt. Das ist für Heranwachsende, glaube ich, sehr wichtig, dass sie sehen, sie sind nicht allein mit Themen wie Menstruation, Angst auf dem Nachhauseweg oder Sich-nicht-verlieben.

Wenn Sie bezüglich der Männerdominanz im Musikbusiness für die Zukunft drei Wünsche offen hätten – welche wären das?

Mehr Platz für Frauen. Mehr Geld für Frauen. Mehr Macht für Frauen.

Welche drei Alben von Musikerinnen würden Sie als unverzichtbaren Soundtrack zu Ihrem Buch „These Girls, too“ empfehlen?

Da fällt es mir natürlich schwer, mich zu entscheiden. Aber wenn ich muss:
Bessie Smith – „The Best Of“
Carambolage – „Bon Voyage“
Amy Winehouse – „Back To Black“

Und zum ersten Teil „These Girls“?

Aretha Franklin – „I Never Loved a Man the Way I Love You“
Hole – „Pretty on the inside“
Beyonce – „Lemonade“

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person:
Juliane Streich wurde 1983 in Berlin-Friedrichshain geboren. Ihr Studium der Kulturwissenschaften absolvierte sie in Frankfurt (Oder), Dublin und Berlin. Ihre Abschlussarbeit schrieb Juliane Streich über Punks in der DDR. Dazu kam ein weiteres Studium der Journalistik. Streich arbeitete als Musikredakteurin und als freie Autorin. Derzeit lebt und arbeitet Juliane Streich als Musik- und Onlineredakteurin in Leipzig. Als freie Autorin arbeitet die Journalistin u. a. für die Süddeutsche, die taz, den Freitag, die Leipziger Volkszeitung, die Deutsche Welle, die Frankfurter Rundschau, die Freie Presse oder Online-Magazine wie motor.de oder nachtkritik. Diverse Buch-Veröffentlichungen. „These Girls“ erschien 2019 im Ventil Verlag, und nun wurde im Juni 2022 mit „These Girls, too“ der Nachfolger veröffentlicht, ebenfalls im Ventil-Verlag.
Mehr über Juliane Streich: https://julianestreich.de/about/

Geschrieben von Robert Fischer